Die Fachverwaltung braucht die Hilfe des DV-Fachmanns

30.06.1978

Den dritten Teil der "Möglichkeiten und Grenzen für arbeitsplatznahen DV-Einsatz in der Verwaltung" leitet Prof. Dr. Klaus Lenk (Lehrstuhl für Verwaltungswirtschaft an der Universität Oldenburg) mit der kritischen Bemerkung ein: "Der Modernisierungsdruck für den öffentlichen Bereich führt zu unreflektierter Übernahme von Standards der Privatwirtschaft."

Wenn im folgenden einige Faktoren der Durchsetzung angesprochen werden, so spielt freilich unreflektiertes Modernisierungsstreben, der Selbstläufereffekt neuer Techniken, eine wichtige Rolle. Durch öffentliche Anwürfe, durch Kritik an Nichtausnutzung von Leistungsreserven wird der Modernisierungsdruck gerade für den öffentlichen Bereich erzeugt und führt zu vielfach unreflektierter Übernahme von Standards der Privatwirtschaft. Absatzfördernd kann dieser Modernisierungsdruck möglicherweise sein; ob er einen sinnvollen arbeitsplatznahen

DV-Einsatz hervorbringt, richtet sich nach zusätzlichen Faktoren.

Unter ihnen spielen Wirtschaftlichkeitserwägungen eine beherrschende Rolle. Legitim sind diese, soweit sie die Höhe der gegenwärtig in DV-Anlagen und ihrem Umfeld festgelegten Investitionen betreffen. Dazu ist aber zu bemerken, daß zentral eingesetzte Großrechner durch die Entwicklung und Erprobung arbeitsplatznaher DV nicht über Nacht entwertet werden; schon gar nicht gilt dies für Anwender-Software.

Zu den Wirtschaftlichkeitsanalysen sind jedoch einige kritische Bemerkungen angebracht. Sie können erheblichen Rationalitätsgewinn bringen für Entscheidungsprozesse, die allerdings in erster Linie politischer Natur sind und bleiben.

Die üblichen Verfahren der Wirtschaftlichkeitsanalyse sind vielfach verkürzt und schaffen falsche Sicherheit. Der zugrundeliegende Wirtschaftlichkeitsbegriff ist auf die manifesten Primärziele des Verwaltungshandelns beschränkt. Kein Wunder denn die Nebenziele sind vielfach vage, kontrovers und schon gar nicht quantifizierbar. Den Anforderungen institutionalisierter Hüter von Nebenzielen wird zudem übermäßiges Gewicht beigelegt; um nicht immer nur die Rechnungshöfe ins Kreuzfeuer der Kritik zu nehmen, seien hier auch einmal die Datenschutzbeauftragten erwähnt.

Mit dem verkürzten Wirtschaftlichkeitsbegriff zusammen hängt die traditionelle Sachkostensparsamkeit der Verwaltung. Organisatorische Gestaltung und Technikeinsatz können nur dann voll in den Dienst moderner Verwaltungspolitik gestellt werden, wenn eine großzügigere Ausstattung jedes einzelnen Arbeitsplatzes mit Sachmitteln allgemein akzeptiert wird. Immerhin würde diese Ausstattung die jährlichen Personalkosten eines solchen Arbeitsplatzes in der Regel erheblich unterschreiten.

Ohne im einzelnen auf die problematischen Techniken des Ressourcenmanagements in der Verwaltung einzugehen, wird doch unmittelbar einsichtig, daß dieses Problem nur politisch gelöst werden kann, im Zusammenhang mit einem wachsenden Bewußtsein der möglichen Qualitätsverbesserungen. Ausgaben für Großrechenzentren sind inzwischen - mit welchen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auch immer - politisch akzeptiert; Ausgaben für arbeitsplatznahe Geräte müssen es werden.

Qualitätsverbesserung als Rationalisierungsziel

Leichter überwindbar ist hingegen eine andere Schranke. Neue Möglichkeiten, anerkannte Ziele der Verwaltungspolitik zu realisieren, sind oftmals der Verwaltungsführung nicht bekannt.

DV-Fachleute in der öffentlichen Verwaltung und vor allem die Rechenzentren finden hier ein wichtiges Betätigungsfeld. Anstatt über möglichen Kompetenzverlust besorgt zu sein, sollten sie die Fachverwaltung umfassend informieren und deren Qualifikation zum aufgabengerechten Einsatz der Technik entwickeln.

Bewußte Gestaltung der Verwaltungsarbeit unter Ausnutzung der neuen Möglichkeiten, die die arbeitsplatznahe DV bietet, wird - wie gezeigt - von den gegenwärtigen Strukturbedingungen unseres Verwaltungssystems keineswegs nur gefördert. Entsprechende Bemühungen sollten jedoch unternommen werden. Die weitere Vernachlässigung der Interessen von Mitarbeitern wie von Bürgern kann durchaus zu einem wachsenden Konfliktpotential führen. Bürger wie Mitarbeiter sind zunehmend weniger bereit, die Art und Weise, wie Verwaltungen produzieren, und die Gestalt, welche das Verwaltungsprodukt erhält, als selbstverständlich hinzunehmen. Auch die Angst vor drohendem

Wegfall von Arbeitsplätzen sollte nicht daran hindern, Qualitätsverbesserung durch verstärkten Einsatz von Informationstechnologie anzustreben. Verfänglich wäre es, auf Verzögerung des weithin ungeplanten technischen Fortschritts zu hoffen. Gerade die Besinnung auf die Möglichkeiten der Qualitätsverbesserung durch Modernisierung durch Modernisierung kann - bei entsprechender politischer Unterstützung - verhindern, daß durch rein kostenorientierte Modernisierung Arbeitsplätze in größerer Zahl entfallen. Die Prognose ist freilich unsicher. Auch bei konsequenter Verwirklichung des Prinzips der Qualitätsverbesserung durch Modernisierung läßt sich allenfalls von einem geringeren Verlust an Arbeitsplätzen sprechen. Die Lösung des arbeitsmarktpolitischen Problems liegt jedoch mit Sicherheit nicht im Verzicht auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Verwaltungsmitarbeiter und der Lebensbedingungen aller, die mit diesen Verwaltungen in Berührung kommen.