Die Erschließung neuer Fanggründe

11.01.1991

Wieder einmal, so scheint es, hat sich die British Telecom - nach dem Kauf des Tymnet-Netzes von McDonnell Douglas - auf einen erfolgreichen Fischzug begeben. Auf der Jagd nach potentiellen internationalen Geschäftspartnern könnte dem britischen Carrier mit Big Blue ein ganz dicker Fisch ins Netz (werk) gehen.

Offiziell gibt British Telecom zwar an, daß IBM im Falle des Geschäfts "nur" Kunde sei und Dienste auf das unternehmenseigene Netz aufsetzen werde, in Wirklichkeit spekulieren die Londoner aber auf das weltweite Netz der Armonker, um in den Hoheitsgewässern von IBM nach Verbrauchern zu fischen.

Nun sind die Verantwortlichen des blauen Riesen erstens nicht dumm und zweitens schon gar keine Wohltäter. Gratis wer den sie den Briten das Revier wohl kaum überlassen. Natürlich weiß die Vorstandsetage von Big Blue, daß im Geschäft mit der Telekommunikation durch die zunehmende internationale Verflechtung ein ungeheures Markt- und Gewinnpotential steckt, vor allem dann, wenn die Leitungen neben der Daten- auch für die Sprachkommunikation vermerktet werden. Was liegt für IBM demzufolge näher, als sich mit einem potenten Partner zusammenzuschließen.

Folge: In ein Joint-venture mit British Telecom würden die Armonker ihr eigenes riesiges Netzwerk und die Erfahrung mit zahlreichen PTTs einbringen. Auf der anderen Seite könnten die Briten ihre Netzdienste, ihr Know-how als Carrier - insbesondere im Telefon-Busineß - sowie das Tymnet-Netz beisteuern und damit für IBM je einen kompetenten Partner abgeben.

Wenn eine solche Kooperation zustande käme, hätte British Telecom diese Entwicklung auch der Regie des Zufalls zu verdanken. Sicherlich hat die Company den anderen europäischen PTTs durch die frühe Teilprivatisierung des englischen TK-Marktes einiges an Wettbewerbserfahrung voraus und sich deshalb rechtzeitig auf das internationale Geschäft konzentriert. Beweis dafür ist der Kauf von Tymnet, womit auf einen Schlag der nordamerikanische und europäische Markt erschlossen wurde. Gelingt jetzt der Coup mit IBM, bauen die Londoner nicht nur ihren Vorsprung aus, sie sichern sich mit Hilfe von Big Blue neben anderen Anbietern wie AT&T oder General Electrics die Beteiligung an einer marktbeherrschenden Position.

pg