Die Auslieferung beginnt erst im Herbst AS/400 nutzt den Power-PC und objektorientiertes Betriebssystem

25.06.1995

ROCHESTER/MUENCHEN (kk) - Sentimentale IBM: Die Vorstellung der neuen AS/400 mit Power-PC-Innenleben wurde auf den 21. Juni gelegt, den Tag, an dem vor sieben Jahren die alte "Silverlake" AS/400 erstmals der Oeffentlichkeit praesentiert wurde.

Mittlerweile hat sich die Midrange-Maschine weltweit ueber 300000mal verkauft. Allein in den vergangenen zehn bis elf Monaten sei das Geschaeft um rund 25 Prozent gestiegen, berichtet Bill Zeitler, Vice-President Marketing der AS/400-Division in Rochester, Minnesota. "Business has been wonderful" seit vor einem Jahr die "Advanced Series" im schwarzen Gehaeuse ausgeliefert wurde.

Diese Rechner arbeiteten allerdings noch mit dem 48-Bit-CISC- Prozessor, der nun gegen die RISC-Chips aus der Power-PC-Klasse mit 64 Bit ausgetauscht wurde. Das Betriebssystem musste dementsprechend an die neue Hardware-Architektur angepasst werden.

IBM unterscheidet die Advanced Systems von den Advanced Servern. Bei den Advanced Systems auf Power-PC-Basis bietet IBM vier Typen an: Die Modelle "400", "500", "510" und "530". Die neuen Rechner sollen rund doppelt so leistungsfaehig sein wie die Vorgaenger. Bei den Servern beschraenkt sich Big Blue auf die drei Modelle "40S", "50S" und "53S". In den High-end-Geraeten 530 und 53S reicht die Kapazitaet der DASD-Speicher bis zu 520 GB, 16 LANs oder 7000 lokale Workstations koennen angeschlossen werden, 200 DFUE-Leitungen stehen zur Verfuegung.

Bis die Rechner beim Kunden stehen, koennen noch einige Regentage vergehen - die Auslieferung beginnt erst am 29. September. Zu diesem Zeitpunkt sind dann auch nur die drei kleinen Maschinen der Advanced Systems verfuegbar. Auf das Topmodell 530 und die AS/400- Server wird man noch bis zur Jahreswende oder bis zum ersten Quartal 1996 warten muessen.

Im Zuge der Bereinigung der Prozessor-Vielfalt will IBM zukuenftig mit drei CPU-Klassen auskommen. Fuer die AS/400 entwikkelten die Ingenieure mit dem "A10" und "A30" zwei Prozessoren auf Power-PC- Basis. Der A10 ist ein superskalarer Uniprozessor, der drei Instruktionen pro Zyklus ausfuehren kann und es bei einer Taktfrequenz von 77 Megahertz auf eine Spitzenleistung von 231 MIPS bringt.

Das Betriebssystem wurde neu programmiert

In den beiden Topgeraeten 530 und 53S arbeitet die A30-CPU, eine Sieben-Chip-Implementierung, die pro Zyklus vier Instruktionen ausfuehrt. Der Prozessor ist mit 154 Megahertz getaktet und erreicht 616 MIPS. Unterstuetzt werden 1-, 2- und 4-Wege-SMP- Konfigurationen (tightly coupled). In beiden Prozessor-Designs steckt nach Herstellerangaben das Potential fuer eine hoehere Taktfrequenz, das in Nachfolgegenerationen genutzt werden soll.

Frank Soltis, IBMs Architekt der urspruenglichen /38-Systeme und auch verantwortlich fuer das Design der RISC-AS/400, konnte keine nennenswerten Schwierigkeiten beim Umstieg ausmachen: "Die alte Hardware basierte auf einem 48-Bit-Adressraum und einer 16-Bit- Software-Erweiterung, de facto hatten wir schon die Moeglichkeit, 64 Bit zu adressieren."

Damit die Leistung der CPU voll ausgenutzt werden kann, musste IBM auch das Betriebssystem anpassen. Ein Mammutprojekt zur objektorientierten Programmierung lief in den Rochester-Labors, wo Millionen Zeilen von Microcode neu programmiert werden mussten - mit den fuer die meisten AS/400-Entwickler neuen Sprachen C++ und Smalltalk. Das Ergebnis liegt nun mit dem neuen Betriebssystem "OS/400, Version 3, Release 6" vor. Insider wie Timothy Prickett, der im englichen Branchendienst "Computergram" einen Artikel ueber IBMs Schwierigkeiten bei der Programmierung veroeffentlichte, macht denn auch die Komplexitaet der Software verantwortlich fuer die verzoegerte Auslieferung von 64-Bit-AS/400-Hard- und Software.

Einfach sollen es die Anwender der neuen Hardware haben: Wird in ein bestehendes System die CPU gegen das RISC-Prozessorboard ausgetauscht und das neue Betriebssystem installiert, wird sich die Maschine nach IBM-Angaben beim ersten Systemstart automatisch von CISC auf RISC und von 48 auf 64 Bit umstellen. Auch die alten Applikationen koennen angeblich ohne Rekompilieren die volle Bitbreite nutzen. "Betroffen sind 25 000 Anwendungen, die sich in der Regel ohne Probleme oder Rekompilation uebertragen lassen", erklaerte Glenn van Benschoten, verantwortlicher AS/400-System- Manager in Rochester.

Einen Pferdefuss hat die RISC-AS/400 allerdings doch: Sie benoetigt mehr Hauptspeicher, und auch die Festplattenkapazitaet steigt automatisch um bis zu 30 Prozent. IBM liefert deshalb die neuen Rechner gleich mit groesseren Speichern aus.