Nixdorf-Vorstand Klaus Luft über das neue Plattensystem:

"Die 8870 ist der große Durchbruch"

11.12.1974

PADERBORN - Das lange Warten hat sich gelohnt. Als Nachfolgesystem für das Magnetkontensystem 820 bietet Nixdorf jetzt für ganze 4000 Mark das neue Plattensystem 8870 an. Neben Datenerfassung und Verarbeitung kann ein speziell für die 8870 entwickeltes Auskunftsystem jederzeit parallel alle gespeicherten Daten am Arbeitsplatz über maximal vier Bildschirme verfügbar machen.

Die Hardware der 8870 besteht aus einer Zentraleinheit in modernster LSI-Technologie. Insgesamt werden 96 K Byte Kernspeicher aufgeteilt in 32 K Byte für Kanalprogramme und weitere system-spezifische Arbeitsbereiche und 24 K Byte für das Betriebssystem. Die restlichen 40 K stehen dem Anwender uneingeschränkt als Hauptspeicher zur Verfügung, ohne daß der Benutzer sich um die im System-Speicher-Bereich arbeitenden Programme kümmern muß.

Die Zykluszeit des Speichers ist 1,1 Ásec, die Übertragungsraten bei Direkt-Speicherzugriff 500 000 Bytes pro Sekunde. Langsame Ein-Ausgabe-Operationen (Bildschirmarbeitsplätze) werden durch den Multiplexkanal (MPX) realisiert (Übertragungsrate 10 000 Bytes pro Sekunde). An die Zentraleinheit können zwei 6-Mio.-Bytes-Wechselplatten angeschlossen werden, auf deren Datenbestände bis zu vier Bildschirm-Arbeitsplätze zugreifen können, bei einer mittleren Zugriffszeit von 42,5 Ásec und einer Übertragungsgeschwindigkeit von 312 000 Bytes pro Sekunde, ferner Drucker mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Markierungsleser, Magnetbandkassetten-Einheiten, Lochkartengeräte und Datenfernverarbeitungsanschlüsse.

Die angebotenen vier Bildschirmstationen arbeiten im Lokalanschluß bis zu einer Entfernung von zirka 30 Metern. Jeder Platz kann zusätzlich zu der eigentlichen Verarbeitung noch Konsolfunktionen übernehmen. Der Bildschirm speichert 960 Zeichen in 20 Zeilen Ó 40 Zeichen, - die Tastatur hat einen alphanumerischen und einen numerischen Teil. Für Anwendungen mit Datenfernübertragung hat das System 8870 eine V 24-Schnittstelle mit Point-to-Point-Anschluß, wobei Übertragungsraten von 1200 bis 96 000 baud möglich sind.

Die Magnetbandkassetten-Einheiten arbeiten mit einer Speicherkapazität von 280 000 Bytes pro Kassette und blocken jeweils 100 Zeichen.

Viel Mühe haben sich die Paderborner mit der Entwicklung von Software-Paketen gemacht. Bemerkenswert sind die Funktionen des Plattenbetriebssystems OS-D: Neben den üblichen Standards kann eine Forground/Background-Verarbeitung und Multitasking durchgeführt werden. Das 11 K-Tast-Steuerprogramm erlaubt die Verarbeitung mehrerer Programme (Anwender-Software) gleichzeitig. Ein Diagnose-System für die Hardware zeichnet automatisch die aufgetretenen Fehler im System auf einer speziellen Datei auf.

Für die Anwender-Programmierung stehen ANS-Cobol und RPG II zur Verfügung. Zudem bietet Nixdorf eine Reihe anwender-orientierter System-Software an:

Das Datenerfassungs- und Abfrage-System Degas für vereinfachte Standardlösungen kostet 3800 Mark, Sorbas ist ein System für individuelle Auswertungen von Plattendateien zum Preis von 5000 Mark; Nidas, ein Datenbanksystem, das auf eine Stücklistenstruktur zurückgreift, kostet ebenfalls 5000 Mark. Für Inves, ein kaufmännisches Abrechnungssystem, verlangt Nixdorf 30 000 Mark.

Eine Minimalkonfiguration, bestehend aus der Zentraleinheit, zwei Platteneinheiten, einem Nadeldrucker und einem Bildschirm, kostet bei Abschluß eines Fünfjahresvertrags 4046 Mark, der Kaufpreis beträgt 158 163 Mark, eingeschlossen ist die Basis-Software RPG II und ein Cobol-Compiler.

Nixdorf sieht die neue 8870 als einen "System-Computer", der Hard- und Software sowie Dienstleistungen einschließt. Die 8870 ist die erste Anlage einer neuen Serie, die nach unten wie nach oben durch weitere Systeme ergänzt werden soll. Absatzgebiet für das neue System sollen vor allem Klein- und Mittelbetriebe sein.

Den Gesamtbedarf an Systemen dieser Preisklasse schätzt Heinz Nixdorf für die nächsten vier bis fünf Jahre auf jährlich 2000 Systeme.