Trend bei Terminals

Dezentrale Intelligenz

11.12.1974

MÜNCHEN - Psychologen und Physiologen wissen nicht genau, was "Intelligenz" eigentlich ist. Sie müssen sich mit mehr oder weniger vagen Definitionen zufriedengeben. Etwa mit der, sie wäre "die Fähigkeit, innere Beziehungen den äußeren anzupassen" (Herbert Spencer, 1903), oder "das Vermögen, abstrakt zu denken und Probleme zu lösen" (Arthur Jensen, 1969).

Die Hersteller von "intelligenten" Datenendeinrichtungen können besser definieren. Ein Terminal, das dieses schmeichelhafte Attribut tragen darf, muß drei Voraussetzungen entsprechen:

- Erstens muß es ein freiprogrammierbares Allzweckgerät sein;

- zweitens muß es bedienungsorientiert sein; das heißt beim heutigen Stand der Technik, daß es eine Tastatur haben muß;

- und drittens muß es über Direktleitungen oder zumindest über transportable Magnetschichtspeicher mit einem großen Rechner in Verbindung stehen und diesem Arbeit abnehmen.

Der Trend, die Datenerfassung mit immer mehr Intelligenz auszustatten, ist unverkennbar. Zwar lebt die Lochkarte auch heute immer noch, doch bahnen sich Wege an, das relativ umständliche Lochen und Prüfen zu umgehen. Eine Reihe von Untersuchungen sprechen der Datenerfassung als Engpaß in der Datenverarbeitung bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten zu. Wenn, wie geschätzt, der Gesamtaufwand der Datenverarbeitung in der BRD im Jahr 1973 bei 14 Milliarden Mark lag, so zeigen sich hier wohl die stärksten Rationalisierungsmöglichkeiten.

In einer Studie der International Data Corporation (IDC) wird dargelegt, wie man die Marktlage und -entwicklung in den USA einschätzt. Den deutschen Herstellern oder Anwendern bleibt es überlassen, daraus eigene Schlüsse für die BRD zu ziehen.

Die IDC-Experten sagen für die nächsten Jahre zwar eine absolute Zunahme der Installationen voraus, aber gleichzeitig auch ein starkes Absinken der Zuwachsraten.

Schon für 1976 ist also der Höhepunkt des Austauschgeschäfts zu erwarten. Während der nächsten fünf Jahre - so wurde weiter ausgeführt - werden die Benutzer von heute die Anzahl der von ihnen benutzten Datenendeinrichtungen verdoppeln, die neuen Benutzer aber würden dann dreimal soviel Neugeschäft ausmachen.

Und das sind die Marktanteile im Dezember 1973 in den USA, wie sie die IDC-Studie angibt:

Weit in Führung also Burroughs, seit Jahren mit "Terminal Computern (TC)" auf dem Markt, früh gestartet im Bankengeschäft und heute Nutznießer des Terminal-Booms auf diesem Gebiet. Four Phase liegt auf dem zweiten Platz (die einfachen Datenerfassungssysteme wurden nicht berücksichtigt). Diese Firma biete, wie Burroughs, einen ausgereiften Cobol-Compiler an. Der dritte ist Sycor, dem es als ersten gelungen sei, sich mit intelligenten Erfassungssystemen einen Namen zu machen.

Ein kurzer Überblick gilt in der IDC-Studie den Anwendungen: In der Regel würde man "intelligente" Terminals zunächst nur deswegen installieren, um dem Hauptcomputer "saubere" Daten übermitteln zu können. Aber man würde dann schnell herausfinden, daß man damit auch komplexere Aufgaben lösen kann: Zum Beispiel schreiben Luftverkehrsgesellschaften damit Tickets aus, Banken berechnen Zinsstaffeln, und Fertigungsunternehmungen schreiben Rechnungen und Versanddokumente. In Krankenhäusern gibt man persönliche Daten und Symptome von Patienten ein und druckt Diagnosen aus, und in Architekturbüros speichern diese Terminals Daten für einen Plotter. Den Anwendungsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.

IBM ist allerdings für die IDC-Marktforscher eine "dunkle Wolke am Horizont". Die Strategie des Giganten ziele darauf hin, die Verarbeitungskapazitäten weiterhin vorwiegend zentral bereitzuhalten. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß IBM das programmierbare Terminal 3735, das Eingabesystem 3740 und das Kommunikationssystem 3790 anbiete.

Den anderen Herstellern wird empfohlen, schnell mitzuziehen, wenn IBM neue Anwendungsgebiete erschließt, die Verkaufs- und Kundendienstnetze besser zu organisieren und Standardpakete für kleine Benutzer zu entwickeln. Sie mögen der IBM auf dem Gebiet der ausgereiften "interaktiven" Terminalsysteme aus dem Weg gehen. Marktchancen hatten schließlich - zusammenfassend gesagt - entweder gänzlich neue Hardware-Generationen oder neuartige Anwendungen.