Technologieholding-Geschäftsführer Falk Strascheg im CW-Gespräch

Deutschen Gründern fehlt immer noch die Marketing-Orientierung

22.10.1999

CW: Wie ist denn die vielzitierte deutsche Gründerszene im IT-Sektor zu beurteilen? Warum ist eine Initiative wie der "Gründerwettbewerb 2000" noch so dringend notwendig, wo doch augenscheinlich auch hierzulande in Sachen Internet- und Multimedia-Startups die Post abgeht?

Strascheg: Ohne Zweifel haben sich die Bereitschaft zu Unternehmensgründungen und auch das dazu notwendige Klima sowie die Rahmenbedingungen in Deutschland verbessert. Doch der Nachholbedarf, der Rückstand in Sachen Entrepreneur-Kultur ist im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern, insbesondere zu den USA, immer noch enorm.

CW: Spüren Sie die Aufbruchstimmung auch in Ihrer Arbeit?

Strascheg: Eindeutig ja - auch eine gewisse Professionalisierung bei der Umsetzung. Noch vor wenigen Jahren waren maximal zehn Prozent der Ideen und Projekte, die an uns herangetragen wurden, in Form eines mehr oder weniger aussagefähigen Businessplans konzipiert. Heute ist dies bei rund 60 Prozent aller Vorschläge der Fall. Trotzdem gibt es gerade in diesem Punkt noch eine Menge zu verbessern.

CW: Was sind die größten Fehler, die Unternehmer in spe heute immer noch machen?

Strascheg: Man kann es zunächst ganz plakativ formulieren: Indem sie die Chancen, die mit der jeweiligen Produktidee oder dem Firmenkonzept verbunden sind, nicht wahrnehmen. Sei es, weil man sich nicht rechtzeitig um eine tragfähige Finanzierung kümmert; sei es, weil man entsprechende Märkte - national wie international - überhaupt nicht oder zu spät auslotet. Fehlende Marketing-Orientierung nennt man das in unserer Branche. Das nach wie vor größte Manko ist aber, daß deutsche Firmengründer nach wie vor eine vergleichsweise geringe Bereitschaft mitbringen, fremdes Kapital und damit Gesellschafter sowie externes Management-Know-how in das eigene Unternehmen zu holen. Viele der US-amerikanischen Gründer haben, das muß man immer wieder betonen, schneller begriffen, daß ein guter Entwickler nicht unbedingt auch ein guter Geschäftsführer ist - im Interesse ihrer eigenen Firma.

CW: Welche Hilfestellung, welche Art von Dienstleistung bieten denn Venture-Capital-Gesellschaften wie die Technologieholding?

Strascheg: Wir bewerten die jeweilige Geschäftsidee auf der Basis unserer, wie ich glaube, doch sehr ausgeprägten Marktkenntnis. Wenn wir uns dann für ein Investment und damit eine Beteiligung entscheiden, bedeutet das, daß wir hinter dem Projekt, hinter dem Unternehmen stehen. Für den betreffenden Gründer heißt dies, daß die Start- beziehungsweise erste Wachstumsfinanzierung zunächst gesichert ist. Alles weitere hängt von der jeweiligen Konstellation ab. Ist ein überzeugendes Management-Team, vorhanden, müssen wir nicht eingreifen. Ansonsten helfen wir. Das kann die Suche und Gewinnung von Top-Führungskräften, die Formulierung einer Internationalisierungsstrategie oder die begleitende Vorbereitung des Börsengangs sein. In keinem Fall mischen wir uns aber - um einem immer wieder anzutreffenden Mißverständnis vorzubeugen - in das tägliche operative Geschäft ein. Dies allein schon aufgrund der Tatsache, daß wir in der Regel Minderheitsgesellschafter sind.