Der strategische Fokus fehlt

11.09.2001

Daran hat sich bisher nicht viel geändert. Zwar beschäftigen sich Unternehmen bereits mit dem Thema „Mobile Netze“, wie Meta-Group-Analyst Owen Menck berichtet: „Blinder Aktionismus ist jedoch nicht gefragt.“ Momentan sei die Unterstützung der Geräte in den Firmen nur eine taktische Maßnahme. Der strategische Fokus hingegen fehle noch, „weil niemand weiß, in welche Richtung sich der Markt entwickelt“. Die große Frage ist, ob sich das Betriebssystem Palm OS oder die Windows-Variante Pocket PC durchsetzen kann: „Zurzeit ist alles in der Schwebe“, so Menck.

Daher geht der Analyst davon aus, dass sich Anwender nicht auf bestimmte Produkte kaprizieren werden. Bis 2005 müssten sie sowieso damit rechnen, in einer mobilen Architektur mehrere Hersteller und Betriebssysteme zu unterstützen. Palm kann in der Auseinandersetzung mit einer großen Nutzerbasis und vielen freien Entwicklern aufwarten, die Windows-Fraktion hinter dem Bannerträger Compaq führt starke Wachstumsraten sowie die Nähe zur Microsoft-Welt ins Feld.

Doch fährt Palm einen Schlingerkurs, der das Vertrauen in die Company schwächt. Nach einem fulminanten Start in die Retail-Welt entschloss sich die Firma im letzten Jahr, doch mehr Gewicht auf ihr Enterprise-Geschäft zu legen und dort die vermeintlich fetten Margen abzuschöpfen. Als Folge davon kamen Geräte auf den Markt, die preislich durchaus mit Compaqs Chromkistchen „Ipaq“ mithalten konnten. Statt sich jedoch als Anbieter von Highend-Geräten zu profilieren, bringt Palm nun als nächstes den Einsteiger-PDA „m125“ in den Handel, der sich wiederum in das unterste Ende der Handheld-Hierarchie einordnet.

Die Folgen dieser diffusen Strategie lassen sich leicht bemessen. So brach der Marktanteil von Palm in Europa nach neuesten Dataquest-Zahlen von 59,5 Prozent im zweiten Quartal des Vorjahres auf 32,3 Prozent im zweiten Quartal 2001 ein. Compaq hingegen steigerte die eigene Reichweite binnen eines Jahres von 4,5 auf 30,2 Prozent. Den Texanern komme zugute, dass sie sich voll auf das technische Highend-Segment und Manager als Zielgruppe konzentriert hätten, so Dataquest-Analyst Reuner.

Palm dürfte nach Einschätzung von Beobachtern auch Probleme bekommen, verlorenen Boden gutzumachen. Erschwert wird die Aufgabe durch die Tatsache, dass Compaq bei potenziellen Unternehmenskunden noch andere Argumente ins Feld führen kann: Der Wettbewerb drehe sich laut Reuner nicht mehr nur um den reinen Verkauf von Geräten, sondern darum, durchgängige Lösungen anbieten zu können: „Man kann aggressiv in den Markt gehen und die PDAs billiger verkaufen“, argumentiert der Dataquest-Analyst, „wenn das Geld über den Lösungsansatz eingespielt wird.“

Die entscheidende Frage, ob ein großer Teil der beruflichen PC-Nutzer überhaupt einen PDA für die tägliche Arbeit braucht, wird dabei von allen Anbietern geflissentlich übergangen. Selbst der eingeschworene Handheld-Fan Simpson – erst hatte er einen Ipaq, nun einen Palm – tut sich schwer, einem digitalen Adressbuch unternehmensstrategischen Charakter abzugewinnen: „PDAs sind interessant, wenn sie anstelle eines Laptops eingesetzt werden und nicht nur simpler Begleiter des PCs sind.“ In letzterem Fall gebe es kaum einen überzeugenden Grund für Firmen, sie zu kaufen. Und: „Anwender müssen ernsthafte Applikationen damit nutzen können und nicht nur Spielkram.“ Bis diese geschäftskritischen Tools auf breiter Front für PDAs zur Verfügung stehen, kann es aber noch dauern.