Der Software-Markt ein Markt mit Zukunft

07.02.1975

Dieter Jekat, Leiter des Bereiches Informations Services bei Infratest Wirtschaftsforschung GmbH, München

Der Software-Boom blieb aus. Das für Software-Häuser wie für Computer-Anwender interessante Geschäft mit Software-Produkten entwickelte sich langsamer als erwartet: Computer-Anwender sollten fertige Lösungen für ihre betrieblichen Probleme zu einem Preis erhalten, der nur einen Bruchteil der bei einer Eigenentwicklung anfallenden Kosten beträgt. Und die Software-Hersteller sollten trotz hoher Entwicklungskosten - aufgrund der verhältnismäßig geringen Produktionskosten (Herstellung einer Programmkopie) - mit eintraglichen Gewinnspannen arbeiten können. Bisher allerdings erzielen die meisten Software-Anbieter nicht einmal 10 Prozent ihres Gesamtumsatzes durch Software, das Geschäft wird nach wie vor mit der Beratung gemacht.

Die falsche Einschätzung der Marktlage hatte schon 1969 in den USA einigen Firmen Verluste in Millionenhöhe eingebracht.

Obwohl die Gründe für den geringen Anteil der Software am Gesamtumsatz von Firma zu Firma variieren, kann unzureichende Marketingplanung - insbesondere Unterschätzung der Marketingkosten und Überschätzung der Nachfrage - als bestimmender Einflußfaktor genannt werden. Den in der Beschaffung externer Software unerfahrenen Computer-Anwendern standen im Software-Verkauf unerfahrene Anbieter gegenüber. Die Distributionskanale mußten erst geschaffen werden, die Computer-Nutzer sich an eine neue Situation gewöhnen, nämlich für Leistungen zu zahlen, die der Computer-Hersteller bisher "kostenlos" zur Verfügung stellte.

Die Software-Hersteller mußten lernen, "Produkte" zu fertigen anstatt wie bisher Manpower zu vermieten. Finanzielle Unterstützung wurde den in der Regel chronisch unterkapitalisierten Software-Herstellern in begrenztem Umfang durch Förderungsmittel des 2. DV Förderungsprogrammes zuteil. Erste Wirkungen dieser Förderungsmaßnahmen - im wesentlichen 1971 /72 eingeleitet - werden langsam sichtbar. Nicht für jede Aufgabenstellung, Branche, Unternehmensorganisation, Hardware-Ausstattung etc. exisert ein Software-Produkt aber immerhin werden etwa 750 Programme im ISIS Software Report des Münchener Markforschungsinstitutes Infratest angeboten.

Besonderes Interesse findet derzeit System-Software (31 Prozent des Gesamtangebots), die in der Regel schnell und ohne großen organisatorichen Aufwand implementiert werden kann. Dis System-Software hat besondere Vorteils: Meßbare Kosteneinsparungen lassen sich kurzfristig realisieren. Gerade in der jetzigen Wirtschaftssituation ein Plus. So wundert es auch nicht daß einige Programme eine beachtliche Zahl von Installationen vorweisen können, so zum Beispisl CA-Sort (57), Detab/GT (59), The Librarian (103). Fast 200 Installationenerreichen advor 643, der SPL- Compiler, Grasp, Dump/Restore/Plus. Die Entscheidung über den Kauf von System-software wird im westenlichen in den EDV-Abteilungen gefällt. Eine Diskussion mit den Fachabteilungen ist hier, anders als bei der Anwendungs-Software, in der Regel nicht erforderlich. Und die Programmierer betrachten die externe System-Software nicht als Konkurrenz. Darüber hinaus ist auch der Preis für System-Software verhältnismäßig gering. Kosten doch 80 Prozent der angebotenen Programme unter 35 000 Mark.

Nicht weniger attraktiv vom Preis her ist das Angebot an Anwendungs-Software (56 Prozent des Gesamtangebotes), auch wenn man die erforderlichen Anpassungskosten berücksichtigt. Nur 15 Prozent der offerierten Programms kosten mehr als 50 000 Mark. Installationszahlen wie bei der System-Software sind für Anwendungs-Pakete noch Zukunftsmusik. Zehn Installationen können beits als Erfolg betrachtet werden. Doch mit qualitativ steigendem Produktangebot und wachsendem Vertrauen zwischen Computer-Anwendern und Software-Herstellern zeichnet sich hier - wenn auch nur langsam - ein Wandel ab.

Verglichen mit Unternehmungen in Frankreich oder Großbritannien, die teilweise mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigen, haben die Software-Firmen in der Bundesrepublik aber eine noch bescheidene Größenordnung. Nur drei Unternehmen beschäftigen mehr als 200 Mitarbeiter. Und die Kapitalbasis der meisen Unternehmen ist zu gering, um größere Projekte vorfinanzieren zu können. Eine beachtliche Konkurrenz werden die Software-Anbieter dann zu spüren bekommen, wenn alle Hardware-Hersteller, die über eingespielte Vertriebsorganisationen verfügen, ein konsequente Unbundling-Politik verfolgen.

Der Software-Markt - ein Markt mit Zukunft? Nur dann, wenn die Computer-Anwender die Alternative des Software-Kaufs akzeptieren und die Software-Hersteller Produkte liefern, die den Anforderungen der Computer-Anwender gerecht werden. Bis aber durch den Verkauf eines Software-Produktes Millionen-Umsätze erzielt wedern - wie bei 52 Produkten in den USA, die "Mitglieder" des One-Million-Dollar-Clubs sind, wird noch einige Zeit vergehen.