Nur die Kombination aus Preis und Service reizt zum Carrier-Wechsel

Der Mittelstand hält der Telekom noch immer größtenteils die Treue

26.06.1998

Für 97 Prozent aller mittelständischen Unternehmen in Deutschland ist die Telekommunikation heute ein wichtiges oder gar sehr wichtiges Arbeitsinstrument. Trotzdem haben bislang nur 20 Prozent der Mittelständler den Schritt gewagt, der Telekom den Rücken zu kehren, um über einen der neuen TK-Anbieter zu telefonieren. Zu diesem eher ernüchternden Ergebnis für die neuen Netzbetreiber kommt eine Studie des Marktforschungsinstituts Emnid. Die Auguren befragten hierzu im Mai und Juni dieses Jahres im Auftrag von Otelo Unternehmen mit 20 bis 200 Mitarbeitern.

Eine schallende Ohrfeige erteilten die Befragten den neuen Netzbetreibern für ihre Bemühungen, Transparenz in den Tarifdschungel zu bringen. Während die Konkurrenten der Telekom im letzten Jahr mit dem Anspruch antraten, endlich für Kostentransparenz zu sorgen, nannte jeder zweite Teilnehmer der Studie unübersichtliche Tarife als einen Grund, nicht zu einer anderen Telefongesellschaft zu wechseln. Noch häufiger wurde mit 55 Prozent der tagtägliche Tarifpoker der Anbieter als Argument gegen den Wechsel bezeichnet.

Allerdings hat auch die Telekom wenig Grund, sich als lachender Dritter zu fühlen: Lediglich 16 Prozent der Mittelständler sind mit den Leistungen des ehemaligen Staatsmonopolisten zufrieden. Fast 60 Prozent gaben an, in nächster Zeit die Telefongesellschaft wechseln zu wollen.

Ein Potential, das Wolfgang Lücker, General Manager Geschäftskunden bei Otelo, aktiv angehen will: "Viele Unternehmen wissen nichts über die Preselection, diese werden wir direkt ansprechen." Bei den informierten Unternehmen, die ihre Telefongesellschaft gewechselt haben, rechnen laut Emnid 42 Prozent der Befragten mit Einsparungen in der Größenordnung von 20 bis 40 Prozent.

Einer der Mittelständler, der sich für einen anderen Carrier entschieden hat, ist die Fürther Datentechnik Trattner GmbH. Das Unternehmen der deutschen Babcock AG unterhält vier Niederlassungen im Bundesgebiet. Aufgrund der hohen Telefonkosten, bedingt durch Gespräche mit Kunden sowie Netzherstellern in Israel und den USA, suchte das Unternehmen intensiv nach einer günstigeren Alternative zur Telekom. "Zudem", so Reiner Wibbe, Vertriebsleiter bei Trattner, "wußte bei der Telekom oft die rechte Hand nicht, was die linke tat."

Entsprechend wollte das Unternehmen eine Alternative, die kostengünstiger war und mehr Service versprach sowie ein komplettes Dienstleistungsangebot umfaßte. Überlegungen, mit Least Cost Routing die Kosten zu reduzieren, wurden schnell verworfen, da den Fürthern der Betreuungsaufwand zu hoch war. Letztlich entschied man sich für das Preselection-Angebot eines TK-Anbieters. Mit dem neuen Carrier spart das Unternehmen laut Vertriebsleiter Wibbe im Schnitt über 21 Prozent seiner TK-Kosten im Vergleich zu früher. Anderen Anwendern, die ebenfalls einen Wechsel planen, rät Wibbe, auf kurze Vertragszeiten zu achten, um auf sinkende Marktpreise reagieren zu können.

Abb: Ein undurchsichtiges Preisgefüge hält viele Anwender von einem Wechsel ab. Quelle: Emnid/Otelo