Für die richtige Auswahl muß die Art des Anschlusses definiert werden:

Der Mikro ist das ideale Gerät für DDP

27.09.1985

Die meisten Probleme, die Anwendern bei der Großrechnerkopplung das Leben sauer machten scheinen heute gelöst zu sein. Henryk Bena* wägt die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Terminal oder Mikrocomputer gegeneinander ab.

Personal Computer ist das Zauberwort, das viele fasziniert. Quasi unbegrenzte Möglichkeiten, verschiedene Einsatzgebiete, Netzwerke und Anschluß an Mainframes sind die Argumente für die Beschaffung eines PC. Vor allem das "Anschluß"-Argument: Der PC soll einen Teil der Aufgaben des Host übernehmen, Teile der Großrechneraufgaben sollen also dezentralisiert werden.

Mit einem gewöhnlichen Terminal ist dies nicht möglich. Aber ein PC ist das ideale Gerät für eine dezentralisierte Datenverarbeitung, wenn er nur die Möglichkeit hat, den Datenaustausch zu realisieren. Die Tendenz geht sogar dahin, nicht nur einzelne Mikros, sondern Mikronetzwerke an Großrechner anzuschließen. In diesem Fall wird der Riese nur als Massenspeicher dienen, wo Benutzer aus aller Welt Zugriff auf die Daten haben werden.

Deswegen ist die Rechnerkopplung ein vieldiskutiertes Thema beim Einsatz von Arbeitsplatzrechnern wobei es in der Diskussion nicht nur um eine Kopplung PC-Mainframe geht, sondern meistens auch um PC-Netzwerke. Für PC-Host-Kopplungen bieten sowohl die Rechnerproduzenten selbst als auch die Peripheriehersteller eine Fülle von Produkten. Die große Auswahl der Produkte (Adapterkarten und externe Konverter) erschwert jedoch die Entscheidung für einen Anschluß.

Die Zusatzkomponenten wandeln den PC in eine Datensichtstation eines Großrechners (IBM, Siemens etc.) um, so daß der Host den PC als eigenes Terminal ansieht. Der PC kann an den Host angeschlossen werden, und mit Hilfe dieses Anschlusses werden einige Probleme der Büroorganisation gelöst. Jedoch können neue technische Probleme entstehen. Aus diesem Grunde ist eine vorherige Analyse der Aufgabenstellung für den PC dringend erforderlich.

Für einfache Textverarbeitung benötigt man keinen Anschluß an einen Mainframe. Sollen jedoch Daten vom Host übernommen und auf dem PC weiter lokal verarbeitet werden, wird der Anschluß an den Host benötigt. Damit ist jedoch noch nicht geklärt, wie die Daten von der Hostanwendung für die lokale Verarbeitung auf dem PC gewonnen werden können. Also muß die verwendete Lösung die Möglichkeit bieten, die gewünschten Daten in irgendwelcher Form auf der PC-Seite zu speichern.

Es existieren schon Lösungen, die beides bieten: den Anschluß und die Möglichkeit, definierte Daten in einer bestimmten Form abzuspeichern.

Für die richtige Auswahl des Produktes muß die Art des Anschlusses definiert werden. Soll dies eine Terminal-Emulation, also eine Dialogverbindung, oder eine Verbindung für Stapelübertragung sein?

Dialogverbindung:

In der IBM-Welt tritt der Anwender mit dem Host in einen direkten Dialog ein. Diese Form der Verbindung ist in der IBM-Welt unter dem Nummernschlüssel 3270 bekannt. 3270 ist die IBM-Gerätefamilie für die Dialogverarbeitung, die schon seit vielen Jahren für die Programmierung am Großrechner verwendet wird. Für den 3270-Anschluß des PC existieren mehrere Adapterkarten und externe Boxen, die ein 3270-Terminal emulieren können und zusätzlich Filetransfer bieten. Als Beispiel sollen die Irma-, PCOX-, Forte-, IBM-Adapterkarten und die Irma-Line genannt werden.

Irma ist das bekannteste Produkt für den Anschluß von IBM Personal Computern an Großrechner vom Typ IBM 43xx, 303x und 308x, die unter dem Betriebssystem VM/CMS oder MVS/TSO arbeiten. Die inzwischen berühmte Adapterkarte verwandelt den PC innerhalb von wenigen Minuten in ein Terminal der 3270-Familie. Per Tastendruck kann man in den PC-Modus zurückschalten. Ohne die Verbindung mit dem Host zu unterbrechen, kann eine lokale Anwendung gestartet werden. Dies ist jedoch noch kein Multitasking.

Ist die Irma-Karte nun das richtige Produkt für diese Anwendung und ist die existierende Umgebung für solchen Anschluß geeignet?

Man unterscheidet zwischen dem Anschluß an eine 3274- oder 3276-Steuereinheit und dem Anschluß an den Front-End-Prozessor (Vorrechner, beispielsweise 3704 oder 3705). Der Anschluß an die Steuereinheit geschieht über Koaxialkabel. Die Terminal-Emulation ist protokollunabhängig, da dieses Übertragungsprotokoll, sei es BSC oder SNA/ SDLC, von der Steuereinheit behandelt wird. Die Steuereinheit übernimmt alle wesentlichen Funktionen der Kommunikation. Hier ist nur zu beachten, daß der richtige Terminaltyp im Hostbereich definiert wird.

Die zweite Art des Anschlusses erfordert eine Emulation sowohl der Steuereinheit als auch des Terminals. Der Anschluß kann über Modem oder direkt an den Front-End-Prozessor erfolgen. Diese Art des Anschlusses ist protokollabhängig und belegt einen Leitungspuffer im Front-End-Prozessor. IBM bietet für die erwähnten Lösungen einen eigenen Rechner, den 3270-PC. Dieser Rechner hat einen Koaxialanschluß direkt eingebaut. Obwohl der 3270-PC seit dem Sommer 1984 in Deutschland verfügbar ist, ist er in der Fachwelt relativ unbekannt. Diese Maschine ist ohne Übertreibung allen mit Adapterkarten ausgestatteten normalen IBM-PCs oder IBM-XTs um Klassen überlegen. Der Leistungsvergleich in dieser Hinsicht bringt den 3270-PC an die erste Stelle.

Der 3270-PC wird beispielsweise wie ein normaler PC mit Irma-Karte betrieben, wobei beide Anwendungen gleichzeitig aktiv sind: die DOS-Anwendung und die Host-Session. Also ist er eine echte Multitasking-Maschine. Man kann zum Beispiel ein Datenbanksystem beziehungsweise ein Kalkulationsprogramm aufrufen, die Berechnungen starten, in den Hostmodus wechseln und dort sofort weiterarbeiten, während die PC-Session weiter aktiv ist.

Insgesamt sind gleichzeitig maximal sieben Sessions erlaubt: vier Hostsessions, zwei Notizblatt-Sessions und eine PC-Session.

Außerdem bietet das Steuerprogramm des 3270-PC das Feature "Application Program Interface" (API).

Automatischer Austausch im Hintergrund möglich

API enthält eine Untermenge von Unterprogrammen, die man aufrufen kann, um eine Verbindung zwischen einer Hostsession und der PC-Session aufzubauen. Über diese Routinen lassen sich Anwendungen schreiben, die einen automatischen Datenaustausch zwischen einer DOS-Anwendung und einer Hostanwendung im Hintergrund zulassen. Dadurch eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten für den Einsatz des Computers.

Alle Vorteile des 3270-PC gegenüber dem normalen PC mit einer Adapterkarte wurden aber noch nicht genannt. Der 3270-PC kann auf zwei Arten in ein SNA-Netz integriert werden: im sogenannten CUT-Modus oder im DFT-Modus. CUT (Control Unit Terminal) ist ein normaler Datenstationsmodus für die 3270-Terminals. In dem Modus übernimmt die Steuereinheit alle wesentlichen Funktionen wie Behandlung des Übertragungsprotokolls, Analyse des Datenstroms und andere.

Im DFT-Modus (Distributed Function Terminal) sind die Funktionen der Steuereinheit durch die Datenstation behandelt. Die Steuereinheit übernimmt nur noch die Hostkommunikation. Durch Delegierung der zeitaufwendigen Funktionen an das Terminal ist die Steuereinheit entlastet. Die Vorteile der Delegierung sind erst beim Filetransfer zwischen Host und dem PC voll sichtbar. Im DFT-Modus werden die Daten von der Steuereinheit nur noch unkontrolliert dem Host weitergegeben, im CUT-Modus hingegen kann es sein, daß die Steuereinheit durch Kontrollfunktionen überlastet wird und die Antwortzeiten nicht mehr akzeptabel werden. Im schlimmsten Falle kann sich sogar die Steuereinheit verabschieden, wenn etwa mehrere Terminals Filetransfer durchführen.

Um in diesem Modus arbeiten zu können und die genannten Vorteile auszuschöpfen, wird ein bestimmtes Modell der Steuereinheit (zum Beispiel 3274 Modelle 41X, 51C oder 61 C) und der Microcode mit Softwaresupport D Release 61 und höher benötigt.

Alle bekannten Adapterkarten, die für den Koaxialanschluß angeboten werden, arbeiten im CUT-Modus. In diesem Fall existiert also für die Steuereinheit die Gefahr der Überlastung. Inzwischen gibt es eine Adapterkarte von CXI, die gleichzeitig mehrere Host-Sessions erlaubt.

Stapelverarbeitung:

Nicht immer ist eine Terminal-Emulation erforderlich. Es gibt Anwendungen, für die kein Dialogmodus erforderlich ist, die aber Daten vom Host benötigen. Für diese Benutzergruppe ist ein anderer Betrieb besser geeignet - Remote Job Entry (RJE 3780 oder 3770 Prozedur). Sie ist die einfachste Form des Teleprocessings. Daten werden auf dem PC erfaßt oder von PC-Programmen erstellt und auf dem Massenspeicher (Diskette oder Festplatte) gesammelt.

Zu einem geeigneten Zeitpunkt wird die Verbindung mit dem Großrechner aufgenommen, und die gesammelten Daten werden in einem Zug übertragen. Nach der Übertragung des letzten Satzes wird die Verbindung entweder beendet oder eine andere Datei in der entgegengesetzten Richtung übertragen. Findet eine Übertragung in der anderen Richtung statt, dann können diese Daten auf dem PC abgespeichert und später weiterverarbeitet werden.

Auch hier bietet der Markt eine große Palette von Lösungen, die diesen Anschluß ermöglichen (zum Beispiel die AST-Adapterkarten oder externe Protokollkonverter). Die Verbindung der beiden Rechner erfolgt über Modems und eine Telefonleitung, es kann auch eine In-House-Leitung sein, auf Basis eines Übertragungsprotokolls , (BSC-3780 oder SNA/SDLC-3770). Der PC ist in diesem Fall eine RJE-Station, und der Anwender macht das gleiche wie früher ein Operator, der am Computer im Rechenzentrum einen Job zur Verarbeitung gestartet hat.

Filetransfer:

Beim Übertragen von Dateien von der Diskette oder Festplatte des PC zum Host und zurück steht meist im Dialogmodus eine Software an der PC-Seite zur Verfügung. Um den Transfer realisieren zu können, muß ein entsprechender Partner an der Hostseite existieren, der dieselbe "Sprache spricht". Die bekannten Adapterkarten verwenden meistens den Editor unter dem Betriebssystem VM/CMS oder MVS/TSO, so daß keine zusätzliche Software am Großrechner installiert werden muß.

Dies ist jedoch eine starke Begrenzung, da die meisten Anwender ihre Daten aus eigenen Hostanwendungen gern übertragen möchten (IMS, CICS). Das andere Problem ist die Übertragungsgeschwindigkeit. Eine Übertragung von rund 150 Zeichen pro Sekunde ist für ein großes Datenvolumen natürlich zu langsam. Werden File-Transfer-Programme auf dem Großrechner implementiert, kann die Übertragung unter günstigen Voraussetzungen zwanzigmal und mehr schneller sein. Dies ist der Fall beim 3270-PC, wo File-Transfer-Programme an beiden Seiten existieren (PC und Host) und dabei an derselben Steuereinheit hängende Datenstationen in keiner spürbaren Weise vom Antwortverhalten her negativ beeinflußt sind (DPT-Modus).

Wenn es um die Übertragungsgeschwindigkeit geht, werden ähnliche File-Transfer-Programme heute auch für manche Adapterkarten angeboten (zum Beispiel für die Irma-Karte). Diese Lösungen verwenden allerdings nach wie vor den CUT-Modus.

Für die Irma-Karte existiert ein File-Transfer-Programm, das den Datenaustausch zwischen PC und beispielsweise CICS realisieren kann, wobei die transferierten Daten (oder Dateien) sofort in integrierten Paketen wie Lotus 1-2-3 verarbeitet werden.

Die andere Art des Filetransfers ist der RJE-Betrieb. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist in dem Fall von der verwendeten Leitung abhängig. In der Regel beträgt sie 9600 Baud also rund 960 Zeichen pro Sekunde. Hier spielt noch ein anderer Aspekt eine sehr wichtige Rolle, und zwar die Priorität des RJE-Betriebs. Allgemein ist es so geregelt, daß RJE eine wesentlich geringere Priorität als der Dialog hat. Deswegen ist die tatsächliche Übertragungsgeschwindigkeit im RJE-Betrieb noch kleiner.

Sinnvoller PC-Host-Link:

Es werden schon die Anschlußmöglichkeiten beschrieben und die Umgebung des Anschlusses definiert, bleibt nur noch die Frage zu beantworten, ob für unsere Anwendung oder Aufgabenstellung eine Hostkopplung wirklich brauchbar ist. Die meisten Probleme, die noch vor einiger Zeit bei einer Großrechnerkopplung spürbar waren, scheinen heute schon gelöst zu sein. Die neue Generation der Irma-Familie oder der 3270-PC bieten Möglichkeiten, von denen man früher nur träumen konnte.

PC-Transaktionen direkt mit Host-Daten verarbeiten

Braucht man eine Datenbankanwendung auf dem PC, zum Beispiel mit DataFlex erstellt, und will man damit Hostdaten weiterverarbeiten, so ist es vielleicht sinnvoll, einen 3270-PC einzusetzen. Dataflex ist ein Programmierwerkzeug, womit individuelle Probleme gelöst werden können. In Verbindung mit API ist die Möglichkeit gegeben, ein System aufzubauen, das es gestattet, alle PC-Transaktionen direkt mit Hostdaten ohne Zwischenspeicherung zu verarbeiten.

Sollen die Hostdaten in einem Kalkulationsmodell nur ausgewertet werden, empfiehlt sich ein Anschluß mit Hilfe einer Adapterkarte wie Irma. In beiden Fällen ist die Steuereinheit 3274 oder 3276 Voraussetzung des Anschlusses.

Ist die Steuereinheit nicht vorhanden und soll nur ein Einzelanschluß realisiert werden, wird normalerweise eine Adapterkarte verwendet, die gleichzeitig die Steuereinheit emulieren kann. Diese Lösung ist allerdings protokollabhängig.

Sollen große Datenvolumina übertragen werden und ist eine Terminal-Emulation nicht erforderlich, wird es sinnvoll sein, eine RJE-Emulation einzusetzen. Die Daten können in diesem Fall zu einer bestimmten Zeit (etwa nachts) übertragen werden.