IT-Berater und -Beratung/Kommentar

Der Geist ist aus der Flasche

22.06.2001
Riem Sarsam Redakteurin CW

Was sollte eigentlich das Spektakel der vergangengen zwei bis drei Jahre? War der Hype um die Web-Agenturen (sie nennen sich inzwischen ja Internet-Dienstleister) doch nur ein Strohfeuer? Immerhin wurden Firmen à la Razorfish, March First oder Kabel New Media in den Medien und an den Börsen gefeiert, als hätten sie die Wirtschaft neu erfunden - bis der Absturz kam. Der Hohn vieler Kritiker ist den Shootingstars von gestern jedenfalls sicher. Jetzt rollen die Großen der Branche das Feld, respektive den Markt, von hinten auf, heißt es in vordergründigen Analysen.

Aufstieg und vermeintlicher Untergang der New-Economy-Beraterszene beschreiben zunächst aber nur die rein ökonomische Facette der Ereignisse. Jetzt darüber zu triumphieren, dass sich die etablierten Consulting-Häuser als stabiler erwiesen hätten, hieße zu übersehen, dass die jungen Draufgänger den Aufbruch in die Internet-Ära spürbar beschleunigt, wenn nicht gar entscheidend angestoßen haben.

Denn ohne den Druck, den die Newcomer eine Zeit lang auf sie ausüben konnten, hätten sich die McKinseys dieser Welt nicht so schnell bewegt, wie sie es jetzt tun. Auf einmal ist das E-Business auch in der etablierten Beraterszene angekommen. Mit nahezu jugendlichem Elan vollziehen die sonst so trägen Oldies nun die Kehrtwende. Durch Schulungen wie Akquisitionen versuchen sie jetzt eilig, ihre Kompetenzlöcher zu stopfen.

Auch hinter den Kulissen wirbelte der frische Wind der New Economy einigen Staub auf. Der schmerzliche Verlust wertvoller Mitarbeiter und Projekte führte auch innerhalb der klassischen Beratungshäuser zu einem lauten Nachdenken über die eigenen Strukturen. Auf einmal wurden Themen wie Vergütung über Beteiligungen oder flache Hierarchien diskutiert. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass jetzt angeblich viele, die sich von einer Startup-Company haben locken lassen, inzwischen reumütig zurückkehren. Der Geist des Wandels ist aus der Flasche.