Verheerendes Messaging

Der Anfang vom Ende für Zoom?

Kommentar  14.08.2023
Von 
Rob Enderle ist Geschäftsführer der Enderle Group und arbeitet dort als Principal Analyst. Zuvor war er als Senior Research Fellow bei Forrester Research und der Giga Information Group tätig. Bei IBM hatte er zudem lange Jahre verschiedene Positionen inne - unter anderem im Auditing, in der Wettbewerbsanalyse, im Marketing, der Buchhaltung und im Security-Bereich.
Wenn ein Unternehmen, das Remote-Work-Software entwickelt, seine Mitarbeiter zurück ins Büro zwingt, sendet das Botschaften. Allerdings völlig falsche.
Zooms Work-from-Home-Gebahren beziehungsweise -Messaging als Schaubild.
Zooms Work-from-Home-Gebahren beziehungsweise -Messaging als Schaubild.
Foto: eamesBot - shutterstock.com

Zoom ist eine der erfolgreichsten und populärsten Videokonferenzplattformen auf dem Markt. Allerdings hat das Unternehmen kürzlich eine Entscheidung getroffen, die sich nicht nur mit Blick auf die eigenen, künftigen Umsätze als äußerst schädlich erweisen könnte.

Wie ursprünglich zuerst vom Business Insider berichtet, hat Zoom angekündigt, seine Mitarbeiter in den USA tageweise ins Office zu beordern. Damit hat das Unternehmen quasi öffentlich eingestanden, dass Remote Work (nicht nur für seine Führungsebene) nicht funktioniert. Was in etwa so ist, als würde eine Autobauer seine Mitarbeiter dazu auffordern, sich künftig bitte ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen.

Die Maßnahme sendet nicht nur die Botschaft an die Kunden, dass Zoom seine Software selbst für nicht geeignet hält, um Arbeit remote erledigt zu bekommen - sondern wirft auch ganz allgemein die Frage auf, wie es um die Zukunft von Videokonferenzlösungen bestellt ist. Auf lange Sicht könnte Zooms Entscheidung für ein Büro-Mandat dem Unternehmen schaden.

Zoom als Remote-Work-Totengräber?

Zu dieser Überzeugung gelange ich, weil ich ganz Ähnliches schon einmal selbst erlebt habe: Damals habe ich in der Telekommunikationsabteilung von IBM an der Preisgestaltung für Produkte mitgearbeitet. Dabei musste ich feststellen, dass IBM intern auf die eigenen Produkte verzichtete, weil sie zu teuer waren. Wenn man den Preis für sein eigenes Produkt nicht rechtfertigen kann, wie soll man das dann den Kunden gegenüber? Als das unter den Kunden bekannt wurde, waren Umsatzeinbußen die logische Konsequenz.

Mit Blick auf Zoom verhält es sich ganz ähnlich, denn der Bürozwang für die Mitarbeiter in den USA wirft vor allem eine Frage auf: Warum sollten Kunden das Remote-Work-Tool eines Unternehmens kaufen, das selbst nicht wirklich an das Work-from-Home-Konzept glaubt? Die physische Anwesenheitspflicht schafft ein strategisches Problem, denn es lässt das Produkt, das das Unternehmen verkaufen will, als unzureichend erscheinen. Und die Konkurrenz dürfte frohlocken: Sie muss eigentlich nur weiterhin auf Remote Work setzen, um den Eindruck von Command-and-Control-Problemen bei Zoom noch zu verstärken und damit auch die eigenen Produkte als bessere Alternativen zu präsentieren.

In meinen Augen ist der Move von Zoom schlicht töricht: Das Unternehmen sägt damit nicht nur an der eigenen (Kunden-)Basis sondern gleich an seinem Geschäftsmodell. Als eines - wenn nicht das - Unternehmen, das mit am meisten vom durch die Pandemie ausgelösten Fernarbeits-Boom profitiert hat, wäre eher zu erwarten gewesen, dass Zoom alles dafür tut, seine (potenziellen) Kunden davon zu überzeugen, dass es keine gute Idee ist, zum alten Office-Status-Quo zurückzukehren - noch dazu auf diese Art und Weise.

Statt als Remote-Work-Aushängeschild hat sich Zoom mit seinem Mandat als offensichtlicher Gegner positioniert und damit möglicherweise sogar eine Abwärtsspirale für den Gesamtmarkt eingeleitet. Die Konsequenz aus Kundensicht kann nur sein, Abstand von Zoom und seinen Lösungen zu nehmen.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.