Datenhandel in Baden-Württemberg

Den Computer verteufelt - das Wahlrecht gemeint

25.03.1977

STUTTGART/FRANKFURT (ee) - "Datenskandal in Baden-Württemberg - 50000 Wähleradressen gehandelt", schlagzeilte Montag vor einer Woche empört die Stuttgarter Zeitung, nachdem ihr Lokalredakteur Werner; Brock im eigenen Blatt fündig geworden war und hinterer einer Chiffre-Anzeige einen großangelegten Datenhandel ans Licht gezogen hatte. Als Möbelkaufmann getarnt, hätte Brock für 50000 Mark die EDV-ausgedruckten Daten kaufen können.

Das große Unbehagen, von Politikern in Parlaments- und Sonntagsreden angesichts zunehmender "Vercomputerisierung" beschworen, hat sich konkretisiert, schrieb die Zeitung, "in einem Umfang, der unter die Gürtellinie geht", blaffte Dr. Helmut Münche, Datenspezialist der Stuttgarter SPD-Landtagsfraktion.

Der Skandal schrumpft indes auf seine natürliche Größe: Denn bei dem Material (Herkunft: ein noch unentdecktes RZ) handelt es sich um Wählerlisten aus den Städten Lindau, Lahr, Rüdesheim. Und Wählerlisten Iiegen nun einmal öffentlich aus. Von ihnen dürfen Abschriften angefertigt werden.

Hessens Datenschutzbeauftragter Prof. Dr. Spiros Simitis reduzierte denn auch die Aufregung über den Verstoß gegen den Datenschutz: "Da müßte in diesem Fall zuerst über das Wahlrecht nachgedacht werden und wozu; politische Parteien solche demoskopischen Angaben überhaupt brauchen."

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