Karriereberatung auf der "SYSTEMS"

Dem Zufall auf der Messe ein Schnippchen schlagen

18.10.1991

Auch dieses Jahr haben viele der rund 1800 ausstellenden Unternehmen auf der Systems neben Verkaufsleitern und Entwicklungsingenieuren auch Vertreter ihrer Personalabteilungen auf die Messe geschickt, um aktiv vor Ort neue Mitarbeiter zu gewinnen. Darüber hinaus bietet auch das "Karrierezentrum" der COMPUTERWOCHE die Möglichkeit sich mit Personalchefs über die eigene berufliche Zukunft zu unterhalten.

Schriftliche Bewerbungsunterlagen machen viel Mühe und bringen trotzdem oft nicht den gewünschten Erfolg. Der Bewerber auf der einen Seite sieht sich meistens außerstande, in schriftlicher Form ein umfassendes Bild seiner Persönlichkeit und Qualifikation zu skizzieren.

Der Personalchef auf der anderen Seite hat nach jeder Stellenanzeige die undankbare Aufgabe, aus den Stapeln von eingegangenen Unterlagen den oder die geeigneten Bewerber herauszupicken.

Nicht selten spielt hier der Zufall eine größere Rolle als die berufliche Eignung und die Karrierevorstellungen des Arbeitnehmers. Im Zeitalter steigender Ansprüche und Qualifikationen wird darum für beide Seiten der persönliche Eindruck immer wichtiger.

Fachmessen bilden von jeher die Kommunikationszentren einer Branche. So mancher der über 150 000 Besucher der letzten Computerfachmesse SYSTEMS nahm neben Dutzenden von Katalogen und Broschüren auch ein interessantes Karriereangebot oder sogar einen lukrativen Arbeitsvertrag mit nach Hause.

An eigenen Gesprächsständen informieren die Aussteller den interessierten Besucher zunächst unverbindlich über Leistungen und Karrieremöglichkeiten in ihrer Firma. Auch die unabhängigen Personalberater mit denen viele Unternehmen zusammenarbeiten, haben hier ihren Platz.

Kommt es zu konkreten Einstellungsverhandlungen, spielen neben der fachlichen Qualifikation vor allem soziale und menschliche Qualitäten eine Rolle. Im Beratungsgespräch stellt sich heraus, ob sich die Persönlichkeit und die Erwartungen eines Bewerbers mit der jeweiligen Unternehmensphilosophie im Einklang bringen lassen. Diese moderne Form des Personalmarketing erfreut sich auf allen Fachmessen wachsender Beliebtheit.

Durchschnittlich 450 solcher Gespräche führte jeder Personalbeauftragte auf der letzten CeBIT in Hannover, und konnte am Ende der Messe immerhin zwischen sieben und 20 Neueinstellungen verbuchen. Auf der diesjährigen Systems will man mit einer Fülle neuer Angebote und Veranstaltungen diese Einstellugsbilanz noch weiter verbessern.

Angebote in der Computer-Jobbörse

Um die Hemmschwelle des persönlichen Kontaktes zu senken, wurde eine Computer-Jobbörse eingerichtet. Neugierige Besucher können an mehreren Informationsständen in einer Datenbank Hunderte von Stellenangeboten abrufen und sich so einen Überblick verschaffen. Unternehmen, die nicht direkt als Aussteller auf der Systems vertreten sind, haben sich im sogenannten "Karrierezentrum" eingerichtet.

Dort werben auf über 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche unter anderem Banken, Versicherungen, Automobilhersteller, Städte und Kommunen für DV-orientierte Arbeitsplätze. Auch der Bereich Aus- und Fortbildung hat sich hier mit Repräsentanten verschiedener Universitäten und Schulungseinrichtungen niedergelassen.

Und wer sich schließlich ein umfassendes Bild über die ganze DV-Branche machen will dem bieten die Veranstalter des "Karrierezentrums" eine Reihe von Vorträgen und Diskussionsrunden an: "Informationsverarbeitung im Jahre 2001" und "Karriere in der Datenverarbeitung" sind nur zwei von insgesamt zwölf Schwerpunktthemen des "Studioprogramms" auf der Systems.

Arbeitsplatzangebote, die nicht unbedingt auf dem "freien Markt" gehandelt werden, finden veränderungswillige Messebesucher bei unabhängigen Personalberatungen. Diese Agenturen vertreten zum einen Unternehmen, die ihre neuen Positionen nicht an die "große Glocke" hängen wollen, und somit der Konkurrenz Rückschlüsse auf neue Produktionsziele zu erschweren.

Zum anderen bieten sie Arbeitnehmern, die sich noch in einem festen Anstellungsverhältnis befinden, eine diskrete Möglichkeit der Arbeitsmarktorientierung. Für Gitta Svoboda, Geschäftsführerin der Münchner Treuhand und Wirtschaftsberatungen (TWI), haben Personalberater eine doppelte Funktion: "Wir entlasten durch unsere Anwesenheit die Personalabteilungen unserer Kunden, und geben gleichzeitig potentiellen Bewerbern die Möglichkeit zu einem offenen Gespräch."

Visitenkarte reicht zunächst aus

Das Angebot ist also mehr als reichhaltig, und es bleibt zum Schluß nur noch die Frage, was denn der Bewerber tun kann, um seinerseits dem Zufall ein wenig nachzuhelfen. Gitta Svoboda gibt allen interessierten Messebesuchern den Ratschlag, zunächst die Messepräsentation und Marktposition mehrerer konkurrierender Firmen zu vergleichen. Komplette Bewerbungsunterlagen sind ihrer Erfahrung nach beim ersten Beratungsgespräch nicht nötig, eine Visitenkarte ist völlig ausreichend.

Und wer sich eingehender über ungeschriebene Verhaltensregeln bei Bewerbungsgesprächen informieren will, der sollte auf keinen Fall die Veranstaltung "Hürde-Bewerbungsgepräch" am Dienstag um 14 Uhr im "Karrierezentrum" versäumen. Dort demonstrieren Personalleiter im Rahmen eines simulierten Bewerbungsgesprächs, worauf es beim persönlichen Kontakt ankommt.

Zu viel Zeit sollte man sich bei der Karriereplanung im DV-Bereich jedenfalls nicht mehr lassen, denn die neuesten Beschäftigungszahlen weisen erstmals seit Jahren wieder einen Nachfragerückgang bei Fach- und Führungskräften aus. +