Dedizierte Bandbreite statt Shared Access Superhubs: Erste Kosten- und Nutzenanalyse laesst Fragen offen CW-Bericht Juergen Hill

11.03.1994

MUeNCHEN - Propagierten die Hersteller im letzten Jahr "Remote Hubs" als Renner der Saison, so scheint 1994 ganz unter dem Zeichen der "Superhubs" oder "Nextgeneration Hubs" zu stehen. Die drei Grossen der Hub-Branche, Cabletron, Chipcom und Synoptics, stellten jetzt ihre Vision des Hub-basierten Networkings vor. Doch waehrend Anwender und Hersteller noch ueber Vor- und Nachteile der Superhubs diskutieren, entsteht in den Forschungslaboren der Produzenten bereits die naechste Internetworking-Generation: "Switches" sollen ab 1995 Hubs und Router abloesen.

Lag das Augenmerk der Hersteller im letzten Jahr auf der Vernetzung von Zweigstellen und der Anbindung mobiler Anwender via Remote Hub, so ist 1994 das Jahr der Superhubs. Bei den Grossen der Hub-Branche sind ATM und Virtual Networking (VN) die Stichworte der Stunde. Neben einer hoeheren Bandbreite dank ATM versprechen die Produzenten den Anwendern durch das VN erhebliche Kosteneinsparungen: Mit der Schaffung logischer Arbeitsgruppen, die unabhaengig vom realen Netzaufbau sind, soll zumindest nach den Werbeversprechen der Hersteller beim Umzug eines Mitarbeiters das Umpatchen der Anschluesse entfallen.

Trotz aller Versprechen, die die Leistungsfaehigkeit der neuen Hubs betreffen, bleiben Endanwender skeptisch. So bezweifelt beispielsweise Reinhard Eschbach, zustaendig fuer Informations- Management und Systemstrategie bei der Kaufhauskette Kaufring, ob sich die Investition in das VN wirklich lohnt, denn, so gibt der Praktiker zu bedenken, "Sie muessen Personal einsparen, damit sich die Anschaffung eines Superhubs wirklich rechnet".

Internetworking-Dienstleister Michael Schmidt aus Idstein bei Frankfurt raet Anwendern hingegen bei Neuanschaffungen, das Netz so zu planen, dass eine logische Zuordnung der Ports realisierbar ist. Nach seiner Erfahrung zahlen sich die Investitionen in VN- taugliche Hubs sehr schnell aus, wenn beispielsweise wie bei einem Autohersteller pro Arbeitstag etwa 15 Umzuege anfallen und so die Konzentratoren taeglich umkonfiguriert werden muessen.

Deshalb empfiehlt Schmidt, wenn das Budget vorhanden ist, bereits heute Hubs zu kaufen, die Multisegment-faehig sind, da sonst gewaltige Folgekosten drohen.

Denn die Erfahrung zeige, dass gerade bei der Neuinstallation von PC-Netzen das Datenaufkommen eher zu niedrig eingeschaetzt werde. Nach einem bisschen E-Mail- und Textversand in der Anfangsphase nehme die Datenmenge im Netz durch Applikationen wie Datenbanken oder Computeranimation schnell zu. Eine weitere Segmentierung ist dann laut Schmidt unverzichtbar, um fuer jeden PC eine ausreichende Bandbreite zu gewaehrleisten. Waren frueher 200 bis 300 Rechner pro Netzsegment ueblich, so sind heute 20 bis 30 PCs die Regel. Eine Zahl, die, so die Prognose des Networking-Spezialisten, "kuenftig weiter sinken wird".

Auch Cabletron-Produkt-Manager Torsten Scheuermann sieht einen eindeutigen Trend weg vom Shared Access hin zu dedizierten Bandbreiten: "Die Netzwerkphilosophie geht eindeutig zurueck zur Connection-based-Kommunikation". Hinzu kommt, wie es bei Cabletron heisst, die Forderung der Kunden nach einer hoeheren verfuegbaren Bandbreite an zentralen Stellen des Netzes.

Allerdings bezweifeln Netzexperten wie Schmidt, dass fuer diese Geschwindigkeiten immer, wie von den Herstellern propagiert, ein ATM-Backplane notwendig ist. So glaubt Margit Pecher, Marketing- Managerin bei 3Com, dass der Umstieg auf ATM von der Anwenderseite her nicht dringend notwendig ist, da "Techniken wie FDDI die heutigen Anforderungen durchaus abdecken". Kaufring-Mann Eschbach haelt die oft entworfen Bandbreitenszenarien fuer ein Wunschdenken der Hersteller, da nach seiner Erfahrung die Anwender noch keine entsprechende Software wie Multimedia fahren. "Der Netzwerkmarkt entwickelt sich momentan schneller, als die Grossunternehmen folgen koennen", bringt der Praktiker die Meinung vieler Anwender ueber Sinn oder Unsinn der Superhubs auf den Punkt.

Eine Einschaetzung, die ein Blick in die Forschungslabors nur bestaetigt. Waehrend die Hub-Produzenten 1994 noch als Jahr der Superhubs propagieren, soll schon 1995 das Jahr der Switches werden. Hersteller wie Cabletron arbeiten bereits daran, mit ihren Hubs - dann als Switches vermarktet - in die Domaene der Router- Hersteller Cisco oder Wellfleet einzudringen. Nach Einschaetzung von Cabletron-Manager Scheuermann verlagert sich das Routing weg vom Backbone und ist, so seine Prognose, in zwoelf bis 18 Monaten eine Technologie, die massiv von den Konzentratoren unterstuetzt wird.

Eine Entwicklung, der die Router-Hersteller allerdings nicht tatenlos zuschauen. Cisco hat beispielweise bereits die Entwicklung eines Switches angekuendigt, der die Funktionen eines Routers und eines Hubs bietet. Bleibt abzuwarten, wer das ueberzeugendere Konzept hat, die Hub-Hersteller, die in die Domaene der Router vorstossen, oder die Router-Produzenten, die die Hub- Funktionen integrieren.