Digital-Fachhändler macht eigene Rechnung auf:

DEC Rainbow schlägt IBM PC mit 12 zu 3 Punkten

03.08.1984

Wie objektiv sind Produktvergleiche? Besteht nicht die Gefahr, daß aufgrund veralteten Zahlenmaterials ein schietes Bild entsteht? CW-Leser Holger Müller, Geschäftsführer der MEMA-Mikroelektronik Marketing GmbH, wettert gegen Marktübersichten, die Aktualität vermissen lassen. Für den autorisierten DEC-Händler lieferte die CW EXTRA in der COMPUTERWOCHE Nr. 29 vom 13. Juli 1984 den Stein des Anstoßes. Der Arbeitsplatzcomputer Rainbow 100 von Digital Equipment sei sowohl in dem Beltrag "Sieg nach Punkten" als auch in der Marktübersicht "16-Bit-Profis" gegenüber dem IBM PC/XT zu schlecht weggekommen. Müller macht seine eigene Rechnung auf (siehe Tabelle). Ergebnis: Der DEC-Rainbow schlägt den IBM PC mit 12 zu 3 Punkten. Hier der Leserbrief Müllers.

Hatte ich gehofft, in der CW EXTRA endlich einmal etwas über die Anschließbarkeit von Mikrocomputern an die Groß-EDV zu erfahren, so wurde ich enttäuscht und mußte eine Lobeshymne auf den IBM PC hören, welche auf Informationen basierte, die nicht nur offensichtlich veraltet, sondern auch teilweise einfach falsch waren.

Tastatur und Bildschirm auf dem Tisch

In der Bewertung des DEC-Rainbow 100 wird zum Beispiel ein Preis genannt, der nicht mehr stimmt. Ferner wird das Betriebssystem CP/M 80/86 beinahe abwertend als "Hybrid-Betriebssystem" bezeichnet, obwohl diese Mischung der 16-Bit- und 8-Bit-Betriebssysteme den Benutzer davor bewahrt, zum Disyockey zu werden. Weiterhin wird erwähnt, daß die Hauptspeicherkapazität nur 64 KB beträgt. Dies ist falsch, was um so bedauerlicher ist, da wenige Seiten weiter in der Tabelle die richtige Speichergröße ausgewiesen wird. Schließlich wird die Aufstellungsfläche als zu groß bezeichnet, was genauso unverständlich ist, da der Rainbow 100 mit seinem Standfuß lediglich 0,11 Quadratmeter benötigt und zudem unter jeden normalen Tisch gestellt werden kann. Hiermit hat er mit Sicherheit die kleinste Stellfläche in seiner Klasse, weil nur noch Tastatur und ein äußerst kleines, aber vollwertiges 12-Zoll-Bildschirmgehäuse auf dem Tisch steht.

Das Loblied auf den IBM PC wird spätestens im Kapitel über diesen PC immer unverständlicher. Denn plötzlich wird sehr viel Negatives genannt:

- Diskettenkapazität zu klein;

- PC-DOS 2.0 nicht ladbar;

- nur fünf Erweiterungspositionen;

- zu lange Nachleuchtdauer des Bildschirms;

- schlechte Farbauflösung;

- empfindlich gegen inkorrekte Synchronsignale.

Positiv wurde nur erwähnt:

- Im ROM eingebautes Basic;

- Service und Wartung;

- definierbare Bildpositionen;

- direkter Video-Puffer-Zugriff;

- große Softwaresammlung.

Auch wage ich die Servicefreundlichkeit des IBM PC leicht anzuzweifeln, da in seinem Gehäuse die reinsten Telefonfreileitungen verlegt sind und zum zweiten eine Karte nur mit viel Aufwand ausgetauscht werden kann.

Ich habe mir erlaubt, Ihre Tabelle zu korrigieren und meinen eigenen Test zu machen.

"Telefonfreileitungen" im Gehäuse verlegt

Erstaunlich ist, daß der Test jetzt ganz anders ausgeht, wobei alle Punkte nachprüfbar sind.

Ich lege Wert auf die Feststellung, daß ich jetzt nicht die IBM schlecht machen will. Ich habe selbst lange genug mit Systemen von IBM gearbeitet und unterschätze den Wert und die Bedeutung dieser Firma für die EDV nicht. Nur objektiv und realistisch sollte man sein.

Anmerkung der Redaktion: Daß ADV/Orga den IBM PC/XT vorn hat, können wir nicht beeinflussen. Der Bericht "Sieg nach Punkten" gibt lediglich die inteIessantesten Fakten aus einer ADV/Orga-Studie wiedez, die im April 1984 veröffentlicht wurde. Was die Aktualität von Marktübersichten anlangt, so sind wir uns bewußt den letzten Stand nicht immer wiedergeben zu können. Die Erhebung braucht Zeit. Drucktermine sind einzuhalten - und dann haben wir es nun mal mit einer schnellebigen Branche zu tun.