Schwacher Midrange-Markt fordert seinen Tribut:

DEC friert amerikanische Gehälter ein

02.06.1989

MAYNARD (IDG/ujf) - Die Flaute auf dem Markt für Minicomputer zwingt jetzt auch Digital Equipment zu Sparmaßnahmen. Das Unternehmen, das seine Belegschaft noch ausgeweitet hatte, als andere Hersteller schon mit Entlassungen Schlagzeilen machten, streicht seinen 73500 US-Beschäftigten bis auf weiteres mögliche Gehaltszulagen.

Offiziell tritt der Lohnstopp zum Beginn des neuen Geschäftsjahres, also zum dritten Kalenderquartal, in Kraft. Da in der Industrie Gehaltserhöhungen vor diesem Datum ohnedies nur in Ausnahmefällen anstehen, gilt der "Freeze" praktisch ab sofort. Die Maßnahme soll nach Ablauf des ersten Geschäftsquartals noch einmal überprüft werden. Wie hoch die Einsparungen sein können, verrät DEC nicht; im Hauptquartier in Maynard/Massachusetts beruft man sich darauf, dies sei Betriebsgeheimnis. Nach Einschätzung außenstehender Fachleute soll der Betrag aber 40 Millionen Dollar pro Quartal nicht übersteigen.

Daß das Digital-Management sich zu diesem für viele Mitarbeiter unerfreulichen Schritt entschlossen hat, hängt mit der traditionellen Politik des Hauses zusammen, niemanden aus wirtschaftlichen Gründen zu entlassen, wie das die meisten Mitbewerber praktizieren. Das Einfrieren der Gehälter leistet zwar nur einen kleinen Beitrag zur Erholung der Gewinne, gilt aber an der Börse als Zeichen guten Willens, die Kosten in den Griff zu bekommen.

Die Zufriedenheit der Aktionäre ist für Digital außerordentlich wichtig, denn der Konzern schüttet keine Dividende aus. Die einzige Möglichkeit für einen Anleger, sich an DEC-Aktien zu bereichern, sind Kursgewinne. Doch auf diese wartet Wall Street bisher vergeblich. Seit dem Oktober-Crash von 1987 hat sich der Kurs nicht mehr dauerhaft erholt; er pendelt seit geraumer Zeit knapp unter der 100-Dollar-Marke. Sollte er weiter absacken - der Kurs ist in der Regel abhängig vom Ertrag -, könnte dies den Appetit von "Corporate Raiders" anregen, also von finanzstarken Spekulanten, die ein lukratives Übernahmeobjekt suchen.

Der Lohnstopp bestätigt außerdem den Eindruck amerikanischer Analysten, daß die Zeiten üppigen Personalausbaus bei der Minicomputer-Firma vorbei sind. Von 1986 bis 1988 hatte das Unternehmen nach Berechnungen des "Wall Street Journal" fast 27000 neue Mitarbeiter eingestellt, in den ersten drei Monaten 1989 nur noch 1000. Wie die Nachrichtenagentur VWD meldet, plant DEC derzeit keine Entlassungen. Nach Informationen des "Journal" halten Analysten diese aber für unumgänglich - offenbar ausgehend von der Überlegung, daß bei Ausnutzung der normalen Personalfluktuation vor allem höher qualifizierte Angestellte abwandern würden.