Karlsruhe auch für Digital Equipment attraktiv:

DEC eröffnet campusnahes Forschungszentrum

18.12.1987

KARLSRUHE (CW) - Digital Equipment hat dicht neben der Universität Karlsruhe ein "erstes campusnahes Forschungszentrum" in Europa eröffnet. Ziel ist die Zusammenarbeit in der Forschung zwischen Hochschule und Industrie. Schwerpunkt der Arbeit: vernetzte Workstations und verteilte Programme.

Rechnet man eine ähnliche Forschungsstätte bei CERN in Genf hinzu, so ist Karlsruhe die zweite Einrichtung in Europa, die, wie der deutsche DEC-Geschäftsführer Willi Kister betont, eine Art Brückenfunktion zwischen unternehmensinternen und externen Forschungsaktivitäten bilden soll. Das Campus-based Engineering Centre" (CEC) fällt in den Verantwortungsbereich der europäischen Forschungsaktivitäten von Digital Equipment, wird aber verwaltungsmäßig von der deutschen GmbH unterstützt. Etwa 5 Millionen Mark gelangen heute jährlich aus dem europäischen DEC-Forschungsförderungsprogramm an bundesdeutsche Hochschulen und Großforschungseinrichtungen, weitere 3 Millionen Mark in die Auftragsforschung. Rund 80 Prozent dieser Gelder werden künftig über das Forschungszentrum Karlsruhe fließen.

Nach Kister sollen in den nächsten Jahren bis zu 3000 Entwickler und Forscher in Europa für DEC gewonnen werden. Das CEC in Karlsruhe sei ein weiterer Schritt für das Unternehmen, mehr Forschungskapazität nach Deutschland zu bringen und damit mehr lokale Wertschöpfung zu erzielen.

Warum Karlsruhe als Standort für das erste CEC? Der baden-württembergische Umweltminister Erwin Vetter, der als Vertreter der Landesregierung das Engagement von DEC humorvoll mit "DEC wird CEC in KA" begrüßte, verwies auf den Informatikunterbau der Karlsruher Universität, der seinesgleichen suche. In jüngster Zeit ist zwar hin und wieder der Eindruck entstanden, daß in Baden-Württemberg die Karlsruher Informatik gegenüber den mit dem strahlenden Stern der Cray-2 ausgestatteten Stuttgartern etwas verblassen würde - zu Unrecht. Die Fakultät für Informatik in Karlsruhe 1972 als erste Fakultät dieses Fachbereichs in Deutschland gegründet - ist heute eine der größten ihrer Art in der Bundesrepublik und Europa. 2400 Informatikstudenten im Wintersemester 87/88 und 23 vom Land genehmigte Professorenstellen untermauern diesen Anspruch.

Für Karlsruhe sprachen auch das Umfeld in der Informatik-Forschung, das mit der Universität, der Fachhochschule, dem Forschungszentrum Informatik, der Technologiefabrik, dem Fraunhofer-IITB, der Forschungsstelle Karlsruhe der GMD sowie dem Informatik-Institut des Kernforschungszentrums eine ungewöhnlich hohe Forschungsdichte auf dem Informatikgebiet aufweist.

Hinzu kommt das Engagement in der Ausbildung von Studenten aller Fachrichtungen in Informatik, das wesentlich von Karlsruhe ausging und zum 1985 angelaufenen CIP-Programm der Bundesregierung führte. Um CIP hatte sich insbesondere Informatik-Professor Gerhard Krüger

bemüht. Er hat auch jetzt wieder seine Aufgeschlossenheit bewiesen und mit Max Mühlhäuser einen seiner Gruppenleiter für ein Jahr freigestellt, um als kommissarischer Leiter des CEC dessen Aufbau voranzutreiben. Anfang nächsten Jahres wird Mühlhäuser an die Universität zurückkehren; sein Nachfolger wird vermutlich wieder ein junger Wissenschaftler der Universität sein.

Die künftigen Schwerpunkte des CEC umriß Mühlhäuser selbst. Ein deutliches Gewicht liege auf dem Bereich "Vernetzte Arbeitsstationen". Das CEC will sich beispielsweise mit neuen Methoden zur Entwicklung von verteilten Programmen für solche Stationen, mit ihrem Einsatz in Lehre und Forschung sowie mit der Optimierung von Rechnernetzen befassen. Mühlhäuser setzt auf die derzeit noch höhere Leistungsfähigkeit von Workstations gegenüber PCs. Doch sind augenblicklich rund 1500 PCs und Workstations verschiedener Hersteller in Karlsruhe installiert - ein Volumen, das sich nicht einfach austauschen läßt. Mit dieser Realität muß das CEC bei seinen Aktivitäten rechnen.