Große Pläne bei Ashton-Tate für DEC- und Apple-Versionen, aber:

Dbase IV hat noch ernsthafte Mängel

11.11.1988

LONDON/TORRANCE (CW) - Ein Jahr nach der ersten Ankündigung liefert Ashton-Tate die Version IV ihres relationalen Datenbanksystems Dbase aus. Nach einem Test bescheinigt die Zeitschrift PC Business World dem neuen Release jedoch erhebliche Mängel.

Unter anderem sei es nicht völlig kompatibel mit den Versionen III und III Plus, weil der automatische "Compiler" nicht funktioniert. Wenn Ashton Tate diesen Fehler nicht in den Griff bekommt, müssen nach Meinung der Experten Tausende von bestehenden Dbase-Anwendungen umgeschrieben werden.

Der Compiler hat die Aufgabe, ältere Dbase-Versionen an das Release IV anzupassen. Nach Ansicht von Experten arbeitet er nicht richtig, weil Codefehler nicht (wie bei der Interpreter-Version Dbase III Plus) ignoriert werden, sondern zu Programmabstürzen führen. Die Fachleute sind weiterhin der Meinung, daß die Testphase der Software zu kurz angelegt wurde. Ein Branchenkenner: "Die Beta-Tests dauerten nur zwei bis drei Wochen. Bei einem Programm dieser Größe hätte ich eine Dauer von mehreren Monaten erwartet". Auch Händler und Softwarehäuser, die eine Beta-Version von Dbase IV getestet haben, berichten nach Angaben der PC Business World über viele Mängel.

Ein Sprecher des US-Unternehmens Softsel Ltd. sagte, man könne sicher davon ausgehen, daß Dbase-Applikationen der IIIer-Versionen zumindestens in Teilen umgeschrieben werden müßten. Eine Ashton-Tate-Sprecherin räumte ein, Dbase IV sei zwar um viele Funktionen erweitert worden, es fehle jedoch ein funktionierender Compiler. Vor Mitte des kommenden Jahres könne man damit auch nicht rechnen. Das wichtigste Merkmal der neuen Version sei jedoch die Datenbankabfragesprache SQL, die IBMs Pendant voll implementiere.

Im Zuge der Auslieferung von Dbase IV veröffentlichte Ashton Tate ein Papier, das über die Zukunftspläne des Unternehmens Auskunft gibt. Danach soll die bisherige Benutzeroberfläche durch ein Interface mit der Bezeichnung Control Center ersetzt werden, das den Anwender durch übersichtlichere Menüs zu den unterschiedlichen Funktionen führen soll. Weiterhin will Ashton Tate neue Datenzugriffsmöglichkeiten entwickeln, die sich an IBMs SQL-System und Borlands Paradox orientieren.

Um sich über den PC-Markt hinaus im Markt zu etablieren, wird das Programm in Zukunft auch auf DECs VAX-Minicomputern und Unix-Workstations laufen. In Sachen OS/2 will Ashton-Tate bis Ende 1989 eine Programmversion auf den Markt bringen, die dieses Betriebssystem und einen bis auf 16 MB erweiterten Hauptspeicher unterstützt. Wenn der Presentation Manager lieferbar ist, soll außerdem eine darauf ausgerichtete Dbase-Version lieferbar sein.