Datenübertragung: Luxuriös mit programmierbarem Knotenrechner

15.09.1978

MÜNCHEN (ee) - Eine aktuelle Überschau von Postvorschriften, Hersteller-Literatur und wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Datenfernverarbeitung hat der AWV* mit seiner gleichnamigen neuen Fachinformation vorgelegt. Auszugsweise hier die Passagen, die sich aus Postsicht mit Datenübertragungseinrichtungen beschäftigen, dazu Grundsätzliches über den Aufhau von Netzen.

Für die Datenfernverarbeitung sind drei Subsysteme erforderlich: (Schaubild) 1. Subsystem 1: Zentrales EDV-System

2. Subsystem 2: Übertragungssystem(Leitungs-Hardware)

3. Subsystem 3: Terminalsystem, Datenendeinrichtung.

Eine Funktionsüberlagerung von mehreren Organisationsmodellen und Hardware-Konfigurationen ist möglich, da die moderne Hardware vielfach verwendbar ist.

Datenendeinrichtung:

Links im Schaubild sind symbolisch die Datenstation (Terminal) mit der

Steuerung der Datenübertragung terminalseitig eingezeichnet (DUSTA), die normalerweise in einem Gerät enthalten sind.

Übertragungssystem:

Der mittlere Schaubildteil zeigt die Schnittstelle (etwa V 24), den Signalumsetzer, Datenübertragungseinrichtung (DÜE Modem bei Fernsprechleitungen) und die Übertragungsleitung selber sowie das Modem und die Schnittstelle empfängerseitig.

Zentrales EDV-System:

Die Datenübertragungssteuerung (DÜST), hier als Datenübertragungseinheit (DUET) mit entsprechenden Puffern konfiguriert, ist ein selbständiger Kleinrechner, beispielsweise eine IBM 3704 oder eine Siemens 4666 oder 404. Die DUET wird mit einem Standard-Anschlußkabel mit der Zentraleinheit gekoppelt oder an einen Datenkanal angeschlossen.

Die Zentraleinheit verwaltet die Benutzerdaten und die Anwendungsprogramme für das TP-System. Das Betriebssystem muß ein DFÜ-Programmteil besitzen.

Für TP-Systeme sind drei Besonderheiten von Bedeutung, die eine Verständigung und klare Systemplanung erschweren:

þNormausdrücke werden in der Praxis zumeist nicht eingehalten, da jeder Hersteller aus Wettbewerbsgründen eigene Begriffe geprägt hat (etwa Terminal statt Datenstation).

þHardware und Software können sich in den drei Subsystemen überschneiden und individuell kombiniert und konfiguriert werden.

TP-Systeme müssen unterschieden werden in :

- TP-Systeme im Haus (Dialogsysteme) ohne Fernübertragung (local)

- TP-Systeme außer Haus mit Fernübertragung (remote).

þEs gibt eine Vielfalt von Schnittstellen, was bei Mixed-Hardware-Konfigurationen Probleme aufwirft.

Konzentratoren

Terminalsysteme und Datennetze können (siehe Schaubild) nach unterschiedlichen Mustern aufgebaut werden als:

- Ringnetz

- Kettennetz

- Sternnetz

- Maschennetz.

Entsprechende Netzwerksysteme werden zur Zeit entwickelt. In der Praxis sind die Systeme zumeist historisch gewachsen oder aus Wirtschaftlichkeitsgründen von besonderer Ausprägung wie:

- sternförmig erweitertes Ringnetz

- sternförmig erweitertes Sternnetz

- kombiniertes erweitertes Stern-Maschennetz.

Außerdem können unterschiedliche Prozeduren und Übertragungsgeschwindigkeiten terminalseitig eine Anpassung erfordern. Für diese. Aufgaben der Leitungskonzentration werden sogenannte Konzentratoren eingesetzt, die als Leitungsknoten, Terminalmultiplexer, elektromechanische und elektronische Konzentratoren bis hin zu intelligenten Netzknoten und Prozeßrechnern entwickelt sein können. Für Netzwerkrechner zum Beispiel die Siemens 404/2, ist außerdem standardisierte Datenübertragungssoftware (DAP) vorhanden.

Modems/GDN, Leitungen

Bei Verwendung des Fernsprechnetzes für die Datenübertragung sind kunden- und rechenzentrumsseitig je ein Modem erforderlich, um die Gleichstromsignale in Wechselstromsignale umzuwandeln. Modems gibt es in unterschiedlicher Ausstattung, wie zum Beispiel Siemens Transdata 8333, 8334, 8336, 8337, oder Racal Milgo. Sie müssen bei der Bundespost gemietet werden, in Ausnahmefällen sind Kundenmodems zugelassen. Modems können auch als Fernsprechzusatz auftreten, so daß ein Umschalten auf Sprechverbindung möglich wird.

Für den Mittelschnellen an Telegraphenleitungen ist ein Fernschaltgerät erforderlich, EDV-seitig ein Datenanschlußsatz (D-An).

Für den mittelschnellen Übertragungsverkehr im Nahbereich bis zu 30 Kilometer ist ein GDN erforderlich das ist ein Gleichstrom-Datenübertragungsgerät für niedrige Sendespannung. Die Herstellerunterlagen und die Fachliteratur informieren über die technischen Details.

Datenübertragungseinrichtungen

Die Übertragung von Daten auf Fernmeldeleitungen erfordert besondere Übertragungseinrichtungen. Am Fernmeldenetz der Deutschen Bundespost kommen bei den Datenstationen folgende Geräte zum Einsatz:

Der Leitungsauswahl wird in der Fachliteratur und Projektplanung große Aufmerksamkeit gewidmet, obwohl Untersuchungen ergeben haben, daß bei Service-Rechenzentren mit Time-sharing-Kunden nur 5 Prozent der gesamten TP-Systemkosten auf das Datenübertragungsnetz entfallen, bei vergleichsweise 40 Prozent Personalkosten und zirka 30 Prozent Verwaltungsgemeinkosten. Die gleiche Untersuchung zeigt, daß ein TP-Kommunikationsnetz

- mit drei Zentralrechnern zirka 33 Prozent Kommunikationsnetzkosten

- mit vier Zentralrechnern zirka 20 Prozent Kommunikationsnetzkosten

aufweist bei entsprechend 180 oder 240 Anschlußpunkten. Dies bedeutet,

daß sich bei wachsender Teilnehmerzahl der Kommunikationsverbund kostensenkend auswirkt. Mehr Teilnehmer und eine bessere Auslastung der Zentralrechner steigern die Wirtschaftlichkeit des Verbundnetzes.

Wegen der hohen Leistungskosten erfolgt vielfach der Datenabruf zu kostengünstigen Nachtzeiten mit anschließender Stapelverarbeitung. Die Datenfernverarbeitung mit Online-Dialog und Rückantworten von Ergebnissen ist allgemein nicht so verbreitet wie die Datenfernübertragung (DÜ).

Für die Leitungsplanung und -auswahl müssen zahlreiche Entscheidungskriterien beachtet werden, wie:

- Entfernung zum Rechenzentrum

- Dringlichkeit der Verarbeitung

- Datenvolumen und -verteilung

- Datensicherung

- bestehende Netze

- Wartezeiten

- alternative Datenwege für Rückantworten

- Kostenstruktur der Datennetze (Nachttarife und so weiter)

- Datenschutz.

Eine Beratung über die optimale Leitungsauswahl durch das Fernmeldetechnische Zentralamt oder die entsprechenden Abteilungen der Fernmeldeämter, der Bundespost erfolgt nicht und ist gesetzlich nicht zulässig. Hier hilft Herstellerliteratur weiter.

Datenübertragung- Steuereinheit

Für die Leitungskontrolle und Nachrichtenkontrolle im Datennetz ist EDV-seitig eine Steuereinheit erforderlich, wie die:

- Siemens DUST 4666

- Siemens DUET 9685

- IBM 3704/05 etc.

Wichtige Aufgaben sind für diese Anlagen:

- Terminalsteuerung

- Puffersteuerung

- Prüfaufgaben.

Die Arbeitsspeicher dieser Anlagen können zwischen 16 und 128 KB ausgebaut werden (Siemens), das heißt, es sind eigene Rechner. Dieser Spezialrechner soll die zentrale EDV von den Aufgaben der Datenübertragung entlasten.

Klein- und Mittelbetriebe werden in den seltensten Fällen eigene TP-Steuereinheiten installieren, sondern vielmehr auf diese im Service-Rechenzentrum zurückgreifen. In der Mehrzahl der Fälle sind Modem und Leitungen die Kostenfaktoren für Klein- und Mittelbetriebe, nicht die TP-Steuerung.

Dialogaufgaben im Haus können kostengünstig durch MDT-Anlagen durchgeführt werden; die mit der Groß-EDV kommunizieren können. Für die Datenfernübertragung stellen die Hersteller zumeist Standardsoftware bereit, etwa das Datenübertragungs- und Netzsteuerungsprogramm DNSP von Siemens oder CICS von IBM.

In Sonderfällen sind Steuereinheiten als programmierbare Vorschaltrechner (Datenkonzentratoren, Kommunikationsrechner) ausgelegt.

Neben den normalen Funktionen einer Steuereinheit übernehmen diese Geräte noch zusätzliche Aufgaben.

Dies hat zur Folge, daß

- der Zentralrechner von Verwaltungsarbeiten entlastet wird und damit weniger Speicherplatz benötigt

- mehrere Datenübertragungen gleichzeitig und parallel abgewickelt werden können

- die Übertragungsgeschwindigkeit zum Zentralrechner wesentlich erhöht werden kann.

*AWV - Ausschuß für wirtschaftliche Verwaltung in Wirtschaft und öffentlicher Hand e. V., Frankfurter Allee 55 - 59, 6236 Eschborn 1.