Datenschützer kritisieren Sammelwut der US-Behörden

10.10.2006
Der Zugriff von US-Behörden auf europäische Finanztransaktionen ist für Peter Schaar, den obersten Datenschützer Deutschlands, nicht tragbar.

Von den EU-Mitgliedsstaaten erwarte ich, dass sie sich für eine Lösung einsetzen, die den Datenschutz der Bankkunden wahrt", fordert der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Schaar spielt mit dieser Äußerung auf den Skandal rund um die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) vom Sommer dieses Jahres an. Ende Juni wurde bekannt, dass die US-amerikanische Regierung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 systematisch den weltweiten Geldverkehr ausspionierte. Dazu hatten sich US-Behörden mit Einverständnis der Belgier Zugang zu deren Datenbank verschafft. Das genossenschaftlich organisierte Institut zeichnet täglich rund elf Millionen Finanztransaktionen von rund 8000 Geldhäusern auf.

In der Folge haben sich die europäischen Datenschützer eingehend mit dem Schnüffelskandal beschäftigt - ohne jedoch ein abschließendes Ergebnis vorlegen zu können. Zwar seien in den zurückliegenden Wochen zahlreiche Gespräche mit Vertretern von Swift, den Regierungen und Zentralbanken geführt worden, für eine endgültige Entschließung gebe es jedoch noch weiteren Klärungsbedarf, heißt es in einer Mitteilung der deutschen Datenschutzbehörden.

Da Swift seinen Hauptsitz in Belgien hat, gelten Schaar zufolge die europäischen Datenschutzrichtlinien. Daher müsse auch die parallele Speicherung der Daten in Europa und den USA diesen Regeln entsprechen. Es habe keine Rechtsgrundlage dafür existiert, Informationen über Transaktionen zwischen europäischen Bankkunden an US-Behörden weiterzugeben, moniert der Datenschutzbeauftragte. "Die durch die EU-Datenschutzrichtlinie definierten Garantien für einen Datentransfer in einen Drittstaat sind nicht gewährleistet gewesen", heißt es in der Erklärung. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nur unzureichend beachtet worden, eine Kontrolle durch eine unabhängige Stelle habe ganz gefehlt, das Recht der Betroffenen auf Information über die Verwendung ihrer Daten sei ignoriert worden und der Zugriff auf die Daten durch die US-Behörden habe nicht einmal unter einem Richtervorbehalt gestanden.

"Die Bürgerinnen und Bürger müssen sicher sein, dass ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist", fordert Schaar. "Dies war hier nicht der Fall." Deshalb sei es dringend erforderlich, international verbindliche Lösungen zu finden. Der Datenschützer fordert mehr Transparenz und eine stärkere Kontrolle des Verfahrens. (ba)