Datenbankhersteller unter Zugzwang Nach Talfahrt der Sybase-Kurse deuten US-Analysten die Krise

21.04.1995

MUENCHEN (IDG) - Jede Menge Aerger im Hause Sybase: Allein die Ankuendigung, das Quartalsergebnis werde unter den Erwartungen bleiben, fuehrte zu einem Kurssturz. Nun versuchen vor allem amerikanische Analysten, dessen Ursachen und moeglichen Auswirkungen nachzugehen. Die ausstehende Portierung der Sybase- Datenbank auf das Sunsoft-Betriebssystem "Solaris 2.4" sorgt zusaetzlich fuer Spannungen.

"Meiner Ansicht nach hat die Finanzgemeinde ueberreagiert", bewertet Linda Peterson, Analystin bei der Meta Group in Burlingham, Kalifornien, den gefallenen Kurs der Sybase-Aktien. Fuer das Fiskaljahr 1994, das am 31. Dezember endete, wies das Unternehmen noch ein Umsatzplus von 63 Prozent und eine Gewinnsteigerung von 68 Prozent gegenueber dem Vorjahr aus.

Nachdem das Unternehmen bekanntgegeben hatte, es erwarte ein Quartalsergebnis von etwa 20 Millionen Dollar weniger als angenommen, verkauften die Investoren am naechsten Tag mehr als 32 Millionen Aktien. Die Folge: Der Index fiel um 41 Prozent von 39,13 Dollar auf 23 Dollar.

Unter Beschuss gelangte Sybase im vergangenen Sommer, als bekannt wurde, dass der "SQL Server 10" fuer symmetrische Multiprozessor- Maschinen mit mehr als vier CPUs untauglich sei. Ausserdem wurde der Sybase-Datenbank generell eine schwache Performance nachgesagt. Mit System 11 werde sich das alles aendern, kuendigte Sybase damals an. Die Betaversion sollte in diesem Sommer bereit sein, und die Freigabe war fuer Winter 1995 geplant.

Beim naechsten Release wird alles anders

Curt Monash vom "Monash Software Letter", New York, rechnet schon nicht mehr mit der rechtzeitigen Fertigstellung: "Die Frage ist nur, ob es sich ueber Monate oder ueber Quartale hinziehen wird. Fuer Wirbel sorgte auch, zumindest im Internet, die angekuendigte, jedoch nicht ausgelieferte Portierung der Datenbank auf Solaris 2.4 fuer Intel-PCs. Anwender, die ihre Rechner mit dem um 40 Prozent schnelleren Upgrade ausstatteten, mussten feststellen, dass ihre Sybase-Datensysteme darauf nicht lauffaehig waren. Die Konkurrenten Informix und Oracle liefern entsprechende Versionen aus, seit Solaris 2.4 im Dezember auf den Markt kam.

Viele Analysten glauben, eine verzoegerte Auslieferung von System 11 koennte im Desaster enden. Schon jetzt habe das Unternehmen Kunden an die Konkurrenz abgeben muessen.

Doch Meta-Group-Frau Peterson hebt einen anderen Aspekt hervor: "Wenn ich Kunde waere, wuerde ich mir mehr Sorgen darueber machen, dass Sybase seine Tools auf die Reihe bekommt; denn immerhin wurde hier bereits eine Menge Geld verschleudert." Die Entwicklung der ambitionierten Werkzeugfamilien "Build"- und "Enterprise Momentum" wurde gestoppt. 875 Millionen Dollar zahlte Sybase fuer die Akquisition des Tools-Spezialisten Powersoft. Nun beabsichtigt Sybase nach Informationen unternehmensnaher Quellen, die SDP Technologies Inc., Hersteller von CASE-Tools aus Westchester, Illinois, zu kaufen. Sybase hofft, mit dem "S-Designer" der geplanten Erwerbung seine fragmentierte Tools-Linie wettbewerbsfaehiger gestalten zu koennen.