Change-Management

Das Middle-Management muss den Wandel mittragen

25.10.2012
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Warum fällt vielen Unternehmen das Change-Management so schwer? Ursache ist häufig die mangelnde Akzeptanz in der mittleren Führungsebene. So eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Ardour Consulting.
Vorsicht Veränderung! Nicht alle Mitarbeiter begrüßen sie.
Vorsicht Veränderung! Nicht alle Mitarbeiter begrüßen sie.
Foto: Fotolia/3d brained

Wenn notwendige Veränderungen nicht oder nur verzögert realisiert werden, gibt es dafür unterschiedliche Gründe: Oft liegt es am mittleren Management - vor allem dann, wenn dieses schon schlechte Erfahrungen mit Change-Projekten gemacht hat. Weitere Hürden sind mangelhafte organisatorischen Bedingungen, wenig Akzeptanz für die Change-Manager sowie das Fehlen einer offenen Feedback-Kultur. Zu diesen Erkenntnissen kommt eine Studie von Ardour Consulting.

Wie sich dabei herausstellte, schätzen das obere, mittlere und untere Management wesentliche Aspekte des Change-Managements unterschiedlich ein. Beispielsweise widersprechen die beiden oberen Führungsebenen der Vermutung, dass sie im Falle, dass die Veränderungsdynamik zu wünschen übrig lässt, die Sinnhaftigkeit der Change-Maßnahmen nicht ausreichend kommuniziert haben. Dagegen konstatieren zwei Drittel der Befragten im unteren Management eine "unzureichende Akzeptanzbildung" bei den Mitarbeitern. Im Klartext: Die Betroffenen wissen selten, wozu der ganze Aufwand gut ist und reagieren mit Ablehnung. Dazu Ardour-Geschäftsführer Michael Maicher: "Wird in der Breite des Unternehmens eine geplante Veränderung nicht verstanden, darf man sich auch nicht wundern, wenn die Ziele nicht erreicht werden."

Selbstkritische Reflektion

Schlechte Erfahrungen mit früheren Change-Projekten lassen nur wenige Top-Manager als Entschuldigung für eine defensive Veränderungskultur gelten. Eine ähnliche Position nimmt die mittlere Hierarchieebene ein. Ganz anders die Sichtweise der Team- und Gruppenleiter. Zwei Drittel von ihnen haben festgestellt, dass negative Change-Erfahrungen die Veränderungsmaßnahmen behindern.

Bemerkenswert ist die selbstkritische Reflektion des mittleren Managements: 57 Prozent der Abteilungsleiter räumen ein, dass beschlossene Veränderungen aus ihren Reihen heraus blockiert werden. Als häufig Ursache für stagnierende Change-Projekte werden auf allen Hierarchieebenen die Machtkämpfe zwischen den Verantwortlichen der Fachbereiche gesehen.

Diskrepanz zwischen Soll und Ist

Dass das Change-Management in der Praxis häufig nicht zufriedenstellend funktioniert, hat jedoch andere Ursachen, so Ardour Consulting. Großen Anteil daran habe die teilweise große Diskrepanz zwischen den vom Unternehmen dargestellten Erfordernissen und dem tatsächlich beobachtbaren Status.

Nach Ansicht von drei Vierteln der Befragten benötigen Veränderungsprojekte unbedingt klare Verantwortlichkeiten und Rollen. Doch nur in 37 Prozent der Fälle, werden die Unternehmen diesem Erfordernis gerecht. Zudem fehlt es häufig an transparenten Abläufen mit gut funktionierendem Prozess-Management und einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Darüber hat die Effizienz des mittleren Managements große Defizite. Last, but not least sind informelle Netzwerke häufig Mangelware.

Echte Change-Manager sind selten

68 Prozent der Befragten sehen professionelle und intern anerkannte Change-Manager als eine Conditio sine qua non für Veränderungsprojekte. Aber nur 38 Prozent der Unternehmen erfüllt diese Anforderung. Der Einsatz externer Change-Manager bewirkt offenbar nur in Ausnahmefällen positive Effekte.

"Wird darauf verzichtet, die Veränderungsmaßnahmen in die Hände spezieller Verantwortlicher zu geben, geht eine zentrale Steuerung des Vorhabens verloren", kommentiert Maicher die Ergebnisse: "Stattdessen nehmen viele individuelle Interessen Einfluss. Dies geht letztlich zu Lasten der ursprünglichen Zielsetzung."

Geringe Ansprüche an die Kultur

In Sachen Feedback-Kultur sind die Ansprüche augenscheinlich sehr niedrig. Lediglich 57 Prozent der Befragten fordern, dass in Change-Projekten offene Diskussionsverhältnisse herrschen sollten, so dass sich die Mitarbeiter aktiv einbringen können. Aus Maichers Sicht verbirgt sich dahinter eine grundsätzliche Schwäche der Change-Strategien: "Die Mitarbeiter sollten unbedingt mitgenommen werden, weil sie wichtige Mitgestalter von Veränderungen sind. Dazu bedarf es jedoch einer Kommunikations- und Führungskultur, in der sich die Mitarbeiter mit ihren persönlichen Sichtweisen und Erfahrung aktiv einbringen können."

Ratschläge für das Change-Management

Aus seinen Beratungserfahrungen heraus gibt der Ardour-Geschäftsführer den Unternehmen folgende Ratschläge:

  1. Tiefgreifende Veränderungen gilt es schnellstmöglich über die Bühne zu bringen. Dadurch läst sich die Phase der Unsicherheit bei den Betroffenen kurz halten.

  2. Bei bereichsübergreifenden Veränderungen ist ein Steuerungsgremium mit hochrangiger Besetzung notwendig, um Entscheidungen zu treffen.

  3. Einschneidende Entscheidungen dürften nicht delegiert oder sozialisiert werden (Frösche legen nun mal ihren Teich nur widerwillig trocken)!

  4. Eine ehrliche Stakeholder-Analyse ist notwendig. Sie darf unbequeme, aber wichtige Stakeholder nicht ausgrenzen.

  5. Für die Kommunikation müssen genug Zeit, Ressourcen und Budget eingeplant werden.

  6. Aktive Beteiligung des Top-Managements ist einzufordern und sicherzustellen. Dazu gehören beispielsweise auch die Vor-Ort-Kommunikation und Diskussion mit anderen Mitarbeitern beziehungsweise Führungskräften.

  7. Klare und messbare Ziele sollten formuliert und abgestimmt werden. Dabei ist auf Zielkonflikte zu achten.

  8. Führungskräfte sind Vorbilder für die Mitarbeiter. Ihnen muss klargemacht werden, dass sie die Veränderungen vorleben sollten.

  9. Nicht zu viele Initiativen und Vorhaben gleichzeitig starten! Das würde die Mitarbeiter und die Organisation überfordern.

  10. Die Auswirkungen der Veränderungen sind aus Sicht der Mitarbeiter zu analysieren und zu kommunizieren. Nichts im Unklaren lassen!

  11. Nach tiefgreifenden Veränderungen muss das Unternehmen sich immer wieder stabilisieren.

  12. Bestehende Machtstrukturen dürfen niemals tabu sein.

  13. Toleranz gegenüber Widerständen ist notwendig. Es gilt, professionell darauf zu reagieren und ausgeprägte oder nachhaltige Boykott-Haltungen zu sanktionieren.