studium ist nur die eintrittskarte

"Das Fachwissen lernt man erst im Beruf"

20.10.1999
Von Zeitarbeit oder Schwierigkeiten beim Berufseinstieg war keine Rede, als Eiko Selck 1987 sein Studium der Elektrotechnik, damals noch mit dem Schwerpunkt Regelungstechnik, an der FH Hamburg abschloß. "Ingenieure waren gesucht - auf fünf Bewerbungen bekam ich drei Zusagen", erinnert er sich.

heute ist er bei einer internationalen Ingenieurgesellschaft mit der Planung von Schaltanlagen sowie der Steuerungs- und Regelungstechnik von Kraftwerken und Müllverbrennungsanlagen beschäftigt. Selck, nach einer Lehre als Elektro-Maschinenbauer auf dem zweiten Bildungsweg zum Ingenieurberuf gekommen, hat seine Wahl bisher nicht bereut: "Die ständig neuen Aufgaben und Herausforderungen, der Kontakt mit Kunden und Kollegen, die freie Zeiteinteilung, ein bißchen reisen - das ist schon der Job, den ich mir vorgestellt habe." Allerdings steht dem Familienvater mit der zunehmend internationalen Ausrichtung seines Unternehmens möglicherweise ein neunmonatiger Auslandsaufenthalt in Asien bevor - für ihn keine attraktive Vorstellung.

Zur Zeit schätzt er an seinem Job vor allem die Abwechslung. Bei seinen Projekten ist er meist für alle Arbeitsschritte verantwortlich: Von Studie und Konzept, über Planung, Ausschreibung und Beauftragung bis zur Bauaufsicht und Inbetriebnahme der Anlage. Bei einer vertraglich vereinbarten 40-Stunden-Woche kommt er im Jahr auf etwa 250 Überstunden, im Durchschnitt ist er zwei Tage die Woche auf Geschäftsreise und von seiner vierköpfigen Familie getrennt.

Natürlich arbeitet er in größeren Projekten mit seinen Kollegen der anderen Gewerke in einem Team zusammen, aber "im Laufe der Jahre haben sich Nahtstellen etabliert. In dem Bereich, für den ich verantwortlich bin, kann ich mir meine Arbeit im vereinbarten Zeit- und Kostenrahmen und in Absprache mit den Kunden völlig frei einteilen". Mit Teamarbeit und Kundenkontakt hat er keine Schwierigkeiten. "Ich habe auch an einem Führungskräfte-Training teilgenommen, bin aberohnehin ein kommunikativer Mensch, der Spaß am Umgang mit Menschen hat."

Sein Kapital ist sein Fachwissen, das er durch entsprechende Literatur und Seminare ständig aktuell halten muß. Gerade in der Kraftwerktechnik und der innovativen Leittechnik finden permanente Veränderungen statt, so daß er jährlich fünf bis zehn Tage für Schulungen veranschlagt.

Seine Projekte reichen von der Schaltanlage für einen mittelständischen Betrieb, wo er für die Auftragssumme von etwa einer halben Million allein verantwortlich zeichnet, bis zur Leittechnik eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerks, die bei einem Gesamtbudget von 140 Millionen Mark mit etwa sieben Millionen zu Buche schlägt, für die Selck die Verantwortung trägt.

Über seine Ausbildung sagt er rückblickend: "Im Studium wird nur das Grundlagenpaket gepackt, das Examen ist die Eintrittskarte für interessante Jobs, wirklich verwertbares Fachwissen lernt man aber erst im Beruf." Als guten Rat gibt er den Ingenieurstudenten zwei Dinge mit auf den Weg: Zum einen sollten sie schon während des Studiums weitere Schwerpunkte setzen wie DV, BWL und eine zweite Fremdsprache. Zum anderen sollten sie "sich vor dem ersten Bewerbungsgespräch klarmachen, was sie wollen und was auf keinen Fall in Frage kommt." Damit spricht der Elektroingenieur den Personalchefs aus der Seele, die genau das von ihren Bewerbern erwarten.

*Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.