Spezifikation MPTN für offenes Networking

Das Echo auf Software Layer von Big Blue fällt sehr verhalten aus

11.12.1992

FRAMINGHAM (IDG) - Nach APPN versucht IBM, mit der Multiprotocol Transport Network Specification (MPTN) eine weitere Norm zur Öffnung der blauen Welt durchzusetzen. Bislang fiel die Resonanz auf den Software Layer zur Unterstützung von Transportprotokollen allerdings verhalten aus.

Heimlich, still und leise hat Big Blue nach dem Rummel um APPN nun damit begonnen, einen weiteren Schritt seiner im März 1992 angekündigten "Networking Blueprint" zu realisieren.

Zur Zeit bemüht sich der Armonker Konzern jedenfalls, Drittanbietern, Standardorganisationen und Anwendern MPTN als die beste Lösung für die Erstellung von Multivendor-Applikationen zum Zwecke der Nutzung unterschiedlicher Transportprotokolle in

Netzen zu verkaufen.

MPTN ist ein Software Layer, der zwischen Transport- und Session-Schicht angesiedelt ist. Er beinhaltet Application Program Interfaces, deren Funktion die Unterstützung der Transportprotokolle ist. Laut IBM setzen die APIs SNA, OSI, TCP/IP, Appletalk, IPX und das Network Basic I/O System um. Hintergrund der Spezifikation ist, den Einsatz von SNA- und anderen Applikationen nicht von einem systemspezifischen Netzprotokoll abhängig zu machen, sondern jede Anwendung über jedes Protokoll fahren zu können.

IBM zufolge wird MPTN in den Betriebssystemen OS/2, OS/400, VM und MVS implementiert. Auf die Spezifikation zugeschnittene Applikationen würden auf diese Betriebssysteme aufgesetzt und könnten dann Clients in verschiedenen Netzwerken unterstützen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, MPTN-Applikationen in SNA- und anderen Netzen über den Router 6611 von IBM zu verbinden oder Multiprotocol Server mit der Spezifikation zu entwickeln.

Obwohl IBM und Marktbeobachter schon Anfang nächsten Jahres mit ersten MPTN-Produkten rechnen, die zunächst auf dem Mainframe residieren sollen, üben Standardgremien und Drittanbieter bisher eher Zurückhaltung.

Während das OSI Technical Committee derzeit noch die Tauglichkeit von MPTN als offenen Standard prüft, ist die IBM-Norm im technischen Forum des X/Open-Konsortiums schon durchgefallen, mit der Begründung, sie sei zuwenig OSI-konform.

Wenig Engagement haben bislang auch die Drittanbieter erkennen lassen, überwiegend mit der Argumentation, die Implementierung der Spezifikation sei gegenwärtig noch mit zuviel Aufwand verbunden.

Bei IBM erwarten die Strategen jedoch, daß die Entwickler nach der Freigabe weiterer MPTN-Details ihre Skepsis gegenüber dem Software Layer aufgeben werden.

Wie viele Messen braucht das Land?

Zugegeben, so mancher Leser wird sich fragen, warum die CW einem zwar nicht unwichtigen, aber auch nicht übermäßig bedeutsamen Ereignis wie der Exponet einen relativ breiten Raum einräumt. Hat doch die Tatsache, daß sich - wie hier geschehen - Aussteller und Veranstalter gegenseitig am Zeug flicken, zunächst lediglich Unterhaltungswert.

Allerdings lohnt es sich vielleicht gerade deshalb, ein Marktsegment näher unter die Lupe zu nehmen, von dem sich offensichtlich diejenigen, die darin agieren, einen Reibach versprechen. Anders ausgedrückt: Während in der Branche generell immer mehr von einer Messemüdigkeit gesprochen und geschrieben wird, gilt dies für den Netzwerkmarkt so ohne weiteres nicht. Dort, so scheint es, weisen nicht nur die Umsatzkurven der Hersteller nach oben, auch beim Messe- und Kongreßbusineß raucht der Kamin.

Nun ist ja - um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen - die Absicht, mit Veranstaltungen Geld zu verdienen, völlig legitim und erst recht nicht unmoralisch. Probleme hat der Chronist allerdings mit dem Hauen und Stechen, das hier seit gut einem Jahr hinter den Kulissen stattfindet. Da wird nicht nur mit dem üblichen Marketing-Instrumentarium gearbeitet, sondern bisweilen auch kräftig und zielgerichtet in der Gerüchteküche hantiert bis hin zu dem gewiß nicht alltäglichen Fall, wo die Berichterstattung der CW als Kronzeuge für das eigene Messekonzept herhalten muß.

Wenn zwei Netzwerk-Messen kurz hintereinander in Deutschland ihre Premiere feierten, gleichzeitig eine Reihe von Veranstaltern amerikanischer Networking Events auf dem Sprung nach Europa ist, kann man sich leicht ausmalen, daß am Schluß einige der "Messemacher" auf der Strecke bleiben werden - harte Bandagen sind also von vorne herein angesagt. Den kürzeren ziehen wird allerdings auch, so ist zu befürchten, das Konzept, mit dem die Kombattanten jetzt so gerne hausieren gehen und durch das sie sich von Großveranstaltungen wie der CeBIT unterscheiden wollen.

Spätestens hier wird die Angelegenheit auch wieder für die Anwender relevant. Die haben, wen wundert's, das überschaubare Fachmessekonzept zu schätzen gelernt; müssen aber mit ihrer Zeit und ihren Kosten scharf kalkulieren und wollen entsprechende Qualität sehen und hören. Bei den Veranstaltern - nicht nur in Starnberg - scheint diese Botschaf jedoch noch nicht angekommen zu sein. Dort sitzt man bereits auf dem hohen Roß und handelt nach dem Motto: Jedes Jahr mehr Aussteller und Besucher! Was der Markt, insbesondere die Netzwerkszene, indes mit Sicherheit nicht benötigt, ist ein billiger Abklatsch dessen, was bei der CeBIT zu Recht kritisiert wird.