Ausbildung Umschulung Neue Berufsbilder

Das Arbeitsamt bezahlt die Rechnung

12.09.1975

DÜSSELDORF - Heidi Becker (24) hat einen neuen Beruf: sie ist Datentypistin. Ende Juli 1975 erhielt sie nach dreimonatiger Ausbildung bei der Mandat Mannesmann Datenverarbeitung GmbH, Lintorf, ihr Zertifikat. Vorher war Heidi Becker zwar gelernte Einzelhandelsverkäuferin, - aber arbeitslos. Zusammen mit 39 Kolleginnen zwischen 17 und 50 gab ihr das Arbeitsamt Düsseldorf eine Chance. Lebensunterhalt für die Ausbildungszeit und Lehrgangskosten trug Vater Staat. Mit anderen Worten: Heidi Becker verwirklichte Ihren Rechtsanspruch - auf Grund des Berufsförderungsgesetzes - bei persönlicher Eignung und bei zweckmäßiger Ausbildung für einen neuen Beruf fit gemacht zu werden.

24 220 Personen gefördert

Wenn es die Hilfskasse der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, zur Weiterbildung und Umschulung von DV-Personal nicht gäbe, müßte sie geradezu erfunden werden, um den Bedarf der Branche zu decken. Seit 1971 (Tabelle) wurden im Rahmen der Berufsförderung insgesamt 24 220 Personen in DV-Tätigkeiten eingewiesen, aus anderen Berufen umgeschult, oder - das ist mit 22 795 Fällen die überwiegende Mehrheit - fortgebildet. Die Voraussetzung dazu waren aber lediglich DV-Grundkenntnisse oder Ausbildung in "kaufmännische und technische Berufe", auf denen aufgebaut werden konnte.

Walter Korn (44), Gruppensachbearbeiter im Referat "Individuelle Berufsförderung" der BfA: "Wenn uns die Maßnahme sinnvoll und die Person geeignet erscheint, fördern wir. Ganz bestimmt in DV-Berufen".

Denn im BfA hat man offenbar klar erkannt, daß in Zukunft eigentlich alle kaufmännischen Berufe mit DV-Wissen "aufpoliert" werden sollten. Zur Zeit sind kaufmännische Angestellte

überproportional häufig arbeitslos. Vom Arbeitsamt geförderte Ergänzungskurse versuchen die Qualifikation der Arbeitslosen zu verbessern. "EDV-Kenntnisse sind da ganz wichtig", weiß Korn zu berichten.

Richtig stolz aber sind die Mitarbeiter seines Fachreferates darauf, daß sie praktisch Pionierarbeit zur "Normung" von DV-Berufsbildern geleistet haben. Insbesondere gilt das für die Abschlüsse als "Kaufmännischer Programmierer" und "DV-Organisator".

Begriffs-Chaos

Die Sorge um die Konkretisierung von DV-Berufsbildern hat das BfA inzwischen delegiert: an das Referat F 4/2 des Bundesinstituts für Berufsbildungsforschung, Berlin. Diplomkaufmann Dieter Blume, (34), ist hier "Projektleiter für Aus- und Weiterbildung DV".

Er vermag den Berufs-Normungsstolz der Nürnberger Kollegen nicht ganz zu teilen. "Bei den Hochschul-Informatikern und ganz unten, beim DV-Kaufmann (Lehrberuf) ist alles klar", stellt Blume fest. "Aber dazwischen herrscht das Begriffs-Chaos." Immerhin hofft er, Licht in den Wirrwarr der Berufsbezeichnungen bringen zu können. Zielvorstellungen: "Org-Programmierer" und "DV-Organisator". "Die Inhalte solcher Berufsbezeichnungen müssen einheitlich und verbindlich werden".

Elastische Berufsbilder

Alle Beteiligten sind sich aber auch darüber einig, daß Festschreibungen von DV-Berufsbildern zugleich elastisch sein müssen. "In einer so dynamischen Branche müssen die Grundausbildungen die Basis für vielfältige, auch noch gar nicht absehbare Tätigkeiten sein", hat das Referat F 4/2 erkannt.

Irgendwann in der nahen Zukunft gilt dann nicht mehr der spitzfindige Satz: "Wir arbeiten mit Computern der dritten, Organisationsformen der zweiten und Personal der ersten Generation."