Analyse kommunikativer Anforderungen

Das Anwendungsproblem bestimmt die Terminalauswahl

11.11.1977

Bei der Mensch-Maschine-Kooperation sind zwei Benutzungsarten zu unterscheiden:

- Indirekte Benutzungsart: Die Kommunikation zwischen Benutzern und ADVA (Automatischen Datenverarbeitungsanlagen) erfolgt über "zwischengeschaltete" Personen. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Closed-Shop-Betrieb eines Rechenzentrums. Der Benutzer erteilt hierbei einen Verarbeitungsauftrag, die Maschinenbedienung obliegt dem Bedienungspersonal, die Verarbeitungsergebnisse werden dem Benutzer - in der Regel als Druckausgabe - zugestellt.

- Direkte Benutzungsart: Der Benutzer steht mit der ADVA in direkter Verbindung. Datenendstationen des Maschinensystems (Terminals) bilden die Schnittstelle, durch welche die direkte Kommunikation zwischen Benutzern und ADVA ermöglicht wird.

Beide Benutzungsarten sind unter dem Aspekt der Benutzerfreundlichkeit zu untersuchen. Die Entscheidung für die eine oder andere Benutzungsart wird aber nicht zuletzt auch durch ökonomische und sachbezogene Kriterien bestimmt. So wird eine direkte Benutzungsart zu wählen sein, wenn die Verarbeitungsergebnisse möglichst verzögerungsfrei zur Verfügung gestellt werden sollen, wenn zeitnahe und aktuelle Daten benötigt werden.

Problemorientierte Sprachen für direkte Kommunikation weniger geeignet.

Ausgehend von diesen rein sachlich bedingten Grundsatzentscheidungen, sind im Rahmen der benutzerorientierten Anwendungsanalyse die für die jeweilige Benutzungsart charakteristischen Bedingungen der Mensch-Maschine-Kommunikation herauszuarbeiten. Dabei ist zunächst zu prüfen, welche Anforderungen die Benutzer an die zur Mensch-Maschine-Kommunikation benötigten Sprachen sowie an die Gestaltung der maschinell lesbaren Eingabe und der personell lesbaren Ausgabe stellen. Diese benutzerspezifischen Anforderungen sind den technologisch determinierten Gegebenheiten der ADVA gegenüberzustellen. Bei indirekter Benutzungsart treten Sprachprobleme in den Hintergrund. Dagegen sind sprachliche Probleme bei der direkten Benutzungsart von weitaus größerer Bedeutung. Die Sprachen zur direkten Kommunikation zwischen Mensch und Maschine können einerseits der natürlichen Sprache des Menschen, andererseits aber auch dem Maschinencode angepaßt sein. Die natürlichen Sprachen sind zwar sehr benutzerfreundlich, ihre Anwendung verursacht aber meist hohe Kosten.

Die meisten der gegenwärtig angebotenen problemorientierten Sprachen sind für eine indirekte Kommunikation zwischen Benutzer und ADVA geeignet. Weniger geeignet sind sie jedoch für die direkte Kommunikation. Denn obwohl sie einigen formalen Anforderungen der Direktkommunikation genügen, werden zur direkten Kooperation zwischen Benutzer und ADVA spezielle Programmiersprachen benötigt, mit deren Hilfe der Benutzer seine Anweisungen situationsabhängig zu formulieren vermag.

Bei der direkten Benutzungsart erfolgt die Kommunikation zwischen Benutzer und ADVA mit Hilfe von Terminals. Sind diese Terminals lediglich mit einer Datenleseeinheit und einem Drucker ausgerüstet, so gelten bezüglich der Gestaltung der Datenträger die gleichen Grundsätze wie bei der indirekten Eingabe. Ferner ergeben sich hier die gleichen Anforderungen an das Format sowie an den Aufbau der Ein- und Ausgabe. Werden die Daten und Anweisungen dagegen über Tastaturen eingegeben und erfolgt die Ausgabe über ein Datensichtgerät (Display), so haben zahlreiche technische Details Einfluß auf die Benutzerfreundlichkeit dieser Sachmittel.

Von der Eingabeseite her sind Größe, Anzahl, Anordnung und Funktionen der Tasten von Bedeutung. Von der Ausgabeseite her wird die Benutzerfreundlichkeit der Displays durch die Größe und das Format des Bildschirms, durch die Lichtstärke und durch die Farbe der Leuchtschrift sowie durch die Art der verwendeten Symbole bestimmt. Dabei ist, wie schon erwähnt, auch der formale Aufbau der Ausgabe von Bedeutung, deren Qualität durch die Verwendung von Masken sowie durch die optische Hervorhebung von Fehleranzeigen erhöht werden kann. Für den ungeübten Benutzer, der die Eingabe über Tastatur nicht blind beherrscht, ist auch der Abstand zwischen Tastatur und Bildschirm von Bedeutung. Läßt sich dieser Abstand variieren, so kann dadurch die Kontrolle der Eingabe erleichtert werden. Darüber hinaus ist beim Einsatz eines Displays zu berücksichtigen, daß häufig das Bedürfnis nach einer schriftlichen Kopie der Bildschirmausgabe besteht, da diese Kopie zur Dokumentation oder zur Weitergabe an Dritte benötigt wird. Schließlich kann es erforderlich sein, die Tastatur und den Bildschirm jeweils gesondert beweglich gestalten.

Oft reicht ein Fernschreibterminal

Die Auswahl eines Terminaltyps ist insbesondere abhängig von der Art der jeweils vorliegenden Problemstellung. Oft genügt schon der Einsatz eines einfachen Fernschreiberterminals, wenn es um die Bereitstellung aktueller Daten im Rahmen eines Abfrage- oder Auskunftsystems geht. Bei Dialogsystemen, in denen eine wesentlich engere Mensch-Maschine-Kooperation besteht, hat sich hingegen der Einsatz von Displayterminals bewährt. Schließlich wurden für unterschiedliche Anwendungen spezielle Geräte entwickelt so z. B. für Platzbuchungssysteme, für Bankschaltersysteme oder für Kassensysteme in Supermärkten.

Im Anschluß an die Analyse des Aufgabensystems und gewisser Aspekte des Benutzersystems bildet die Analyse des Maschinen- und Betriebssystems den Abschluß der Anwendungsanalyse. Maschinen- und Betriebssysteme sind eng aufeinander abgestimmte Komponenten, die meist vom gleichen Hersteller bezogen werden. Im Rahmen der Anwendungsanalyse sind sie daher nicht als gesonderte Komponenten, sondern in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten zu untersuchen.

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um den gekürzten Auszug "Analyse kommunikativer Anforderungen" aus "Datenverarbeitung in der Unternehmung/Gestaltung und Anwendung" von Erwin Grochia und Friedrich Meller, erschienen in der Reihe rororo studium 1480-ISBN 3 499 21061 4.