Satire

CW-Wert

22.12.2000

Ein absolutistischer Adliger hatte eine Gattin für die Dynastie, eine Geliebte für die Liebe, mehrere Damen für Salon und Oper sowie ein paar Schlampen für Sonstiges. Die Frauen waren nicht benachteiligt, denn sie hielten es genauso. Jeder gab dem anderen, was er konnte, mehr wurde nicht verlangt. Das Gewinnende, Erfolgsträchtige solcher Arrangements lag in ihrem Realismus.

Dann wurde das Leben länger und bequemer, die Leute hatten endlich Kraft und Muße, sich mit unerfüllbaren Ansprüchen verrückt zu machen. Wofür sich Adlige einen Hof gehalten, weniger Glückliche eine Verwandtschaft erduldet hatten, also für das gesamte Panoptikum menschlicher Wege und Abwege, das erwarten wir ganz normalen Langweiler nun alles von nur noch einem Partner. Ein einziger Wundermann soll einen Haufen Geld heranschaffen und Zeit haben für die Kinder, eine einzige Wunderfrau soll sexy sein wie 20 Filmstars. Sie/er soll intelligent diskutieren, uns aber nur widersprechen, wenn wir Lust darauf haben. Natürlich klappt das nicht.

Wo etwas vor lauter Fortschritt überhaupt nicht mehr funktioniert, da ist die DV nicht weit. Ausgerechnet vor den ehe- und familienkritischen Feiertagen hat Sony die neue Version seines Roboterhundes "Aibo" von der Leine gelassen. Aibo bedeutet auf Japanisch "Gefährte", und das mutet vor allem uns Männer wie Hohn an, wenn wir lesen, dass das Untier "seine Ohren bewegen und mit Hilfe zusätzlicher Leuchtdioden an Kopf und Schwanz sowie Berührungssensoren seinen Emotionen besser Ausdruck verleihen" kann. Ein sauberer Gefährte, der so den Druck erhöht.