Satire

CW-Wert

29.09.2000

Was die SED nicht geschafft hat, das traut der amerikanische Publizist Jeremy Rifkin in seinem neuen Buch "The Age of Access" jetzt der international vernetzten Wirtschaft zu: die Expropriation der meisten Privateigentümer. Gängiger sind ja andere Beschwerden: Demokratische Regierungen in aller Herren Länder beklagen ihren Machtverlust angesichts global aktiver Firmen, deren Leiter weder gewählt werden noch innerbetriebliche Demokratie dulden. Auch muss sich die World Trade Organization immer wieder gegen den Verdacht wehren, dass sie einer kapitalistischen Internationale beim Griff nach der Weltmacht helfe. Aber all das ist nicht Rifkins Thema. Er glaubt, dass die Wirtschaft im E-Business eine Möglichkeit entdeckt hat, sich unser Hab und Gut komplett unter den Nagel zu reißen. Autos, Versicherungen, Möbel, Wohnungen und Essen sollen uns nicht mehr gehören, sondern wir sollen sie, möglichst langfristig und per aufwandsarmem Dauerauftrag, mieten.

Hat nicht einst Karl Marx ein ganz ähnliches Szenario gezeichnet? Verkauft wird diese Sozialisierung unserer Siebensachen in den Händen des Großkapitals als Dienstleistung, wo doch bereits ohne solch ausgreifende Pläne die allgemeine Lebenserfahrung lehrt, die Flucht zu ergreifen, sobald irgendwo das Wort Service erklingt. Aber noch ist Hoffnung, noch ist DV. Für unsere E-Business-förmige Enteignung müssten wir nämlich zunächst einmal stabile Netze und verständliche Software herstellen. Das schaffen wir nie.