Satire

CW-Wert

03.09.2004

Eigentlich könnte immer Olympia sein. Am Ende eines anstrengenden Tages lässt sich bei Pistolenschießen, Synchronschwimmen, Gewichtheben oder Dressurreiten hervorragend entspannen.

Leider eignen sich die so genannten olympischen Kernsportarten wie Leichtatlethik oder Schwimmen aufgrund der ihnen innewohnenden Spannung weniger als Beruhigungsmittel. Aber, da ab und zu Trendsportarten olympische Weihen erhalten (ich sage nur Softball der Damen), könnte uns das internationale olympische Komitee - vielleicht gegen eine kleine Spende - unbürokratisch dabei helfen, eine wirklich ungewöhnliche Sportart zu adeln. Sie bringt Entspannung ohne wirklich einschläfernd zu wirken und ist garantiert breitensportgeeignet. Wir wollen eine olympische Lanze für den Handy-Weitwurf brechen. Im finnischen Städtchen Savonlinna hat kürzlich die erste Weltmeisterschaft in diesem Wettbewerb stattgefunden. Die Rekordweite liegt jetzt bei 82,55 Metern - geworfen von einem Finnen. Stellen Sie sich die Fernsehbilder dazu vor: Gut aussehende Athleten werfen zierliche Mobiltelefone in den Abendhimmel, wo diese glitzernd ihre Bahnen ziehen und am Ende zerschellen - phantastisch. Etabliert sich der Handy-Weitwurf weltweit als Breitensport - das ist angesichts seiner enormen Attraktivität nur eine Frage der Zeit - dann brauchen die Nokias dieser Welt die Zukunft nicht mehr zu fürchten. Der Drang zum Zweit- und Dritthandy verstärkt sich. Marketiers können ganz neue Verkaufsargumente ins Feld führen: Nicht mehr das Design oder die Menge kaum nutzbarer technischer Funktionen werden ausschlaggebend sein, sondern allein die Flug- und Gleiteigenschaften dürften entscheiden, ob ein Gerät zum Verkaufsschlager wird. Der Handy-Weitwurf wäre auf Anhieb die modernste olympische Disziplin - nicht nur wegen der Wahl des Sportgeräts, sondern auch wegen der unlösbaren Verbindung zwischen Sport und Kommerz.