CSC - Abkehr von der Ploenzke-Ära

28.05.2008
Seit gut 18 Monaten leitet Gerhard Fercho die Geschicke der hiesigen CSC-Niederlassung.

Wenige Wochen nach seinem Wechsel von Atos Origin an die Spitze von CSC Deutschland im November 2006 kündigte Gerhard Fercho in einem Interview mit der computerwoche den Turnaround des damals kriselnden IT-Dienstleisters an. Der Vergleich seiner damaligen Aussagen mit denen von heute zeigt: Fercho war erfolgreich, auch wenn nicht alles so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.

Vor seinem Amtsantritt hatte sich Fercho dreimal mit Klaus Plönzke getroffen. Plönzke hatte den gleichnamigen IT-Dienstleister bereits 1969 gegründet und im Jahr 2000 vollständig an CSC verkauft. Seine unter Mitarbeitern geschätzte Führungskultur überdauerte auch sein Ausscheiden aus dem Unternehmen. "Ich glaube, dass ich ein Bindeglied zwischen der Ploenzke- und der CSC-Kultur sein kann", hatte Fercho 2006 gegenüber der computerwoche gesagt und Hoffnungen unter den CSC-Angestellten auf eine Wiederbelebung des Ploenzke-Geistes geweckt. Das entpuppte sich jedoch als Missverständnis. Der neue Chef wollte zum Start vor allem verstehen, wie das Unternehmen tickt. "Das Ergebnis dieses Prozesses war der Entschluss, die Organisation nachhaltig zu verändern", klärt er nun auf (siehe Interview unten). Nicht alle wollten oder konnten diesen Wandel mittragen. Viele Mitarbeiter kehrten dem Unternehmen den Rücken. Insbesondere die Führungsetage verzeichnete eine beeindruckende Fluktuationsrate von 80 Prozent. "Als Verantwortlicher der deutschen CSC-Organisation muss ich den Mut dazu haben, alte Zöpfe abzuschneiden und die Gelegenheit zum Neuanfang zu nutzen", begründet Fercho den Bruch mit altgedienten Managern. Auch unternehmensnahe Quellen berichten von einer enormen Abwanderungswelle. Die offiziellen Daten sprechen indes eine andere Sprache. Die Fluktuation in Deutschland sei von gut 20 auf unter zehn Prozent gesunken, berichtet Fercho. Das ist im IT-Servicegeschäft ein guter Wert.

Der Turnaround ist geschafft. Schneller als angekündigt hat Fercho CSC in Deutschland auf den Erfolgspfad zurückgeführt. Begünstigt wurde die Entwicklung sicher durch die starke Nachfrage im Projektgeschäft, doch auch im schwierigen Outsourcing-Markt haben sich dem Deutschland-Chef zufolge Erfolge eingestellt, obwohl die angekündigten großen Deals auf sich warten lassen. "Meine persönliche Erwartung ist, dass sich im Lauf der kommenden 18 Monate hochvolumige Aufträge sowohl im Betriebs- als auch im Projektgeschäft einstellen werden", sagte Fercho vor rund anderthalb Jahren. Sehr wohl gab es mittelgroße Abschlüsse im Projekt- und Outsourcing-Geschäft. "Auch bei Atos Origin sind damals zwei Jahre bis zum ersten großen Abschluss vergangen", betont Fercho heute. Auch hinsichtlich des Gewinns hat CSC in die Erfolgsspur zurückgefunden und mehr als die zu Anfang des Fiskaljahres in Aussicht gestellten Überschüsse eingefahren.

Einfachen Netz- und Desktop-Betriebsdiensten erteilte Fercho im Jahr 2006 eine Absage. Allenfalls als Mitnahmegeschäft in strategischen Kundenprojekten werde man Commodity-Aufgaben übernehmen. "Ich möchte CSC im höherwertigen Segment positionieren und nicht mit reinen Commodity-Anbietern um den günstigsten Preis konkurrieren", stellte Fercho damals klar. Zumindest die Abkehr von einfachen Vor-Ort-Betriebsdiensten war offensichtlich ein Missverständnis, zumal er im ersten Gespräch später auch einräumte: "Es werden sich auch große Outsourcing-Projekte im Bereich Applikations- und Infrastruktur-Management ergeben." Trotz dieser unklaren Positionierung haben sich Erfolge eingestellt. Das im April 2008 bekannt gegebene und beworbene Abkommen mit Zurich Financial Services sieht den Desktop-Betrieb für die kommenden sechs Jahre vor. Der Auftrag wurde allerdings nicht von der deutschen, sondern von der internationalen Organisation gewonnen. "CSC ist stark im Commodity-Geschäft aufgestellt. Dank der großen Volumina sind wir in diesem Segment sehr wettbewerbsfähig", sagt Fercho heute. Parallel dazu stärkt CSC das in Deutschland wichtige Projektgeschäft. Ziel einer neuen Organisationsstruktur ist, die Ausrichtung an Branchen zu verbessern und Kunden Services aus einer Hand zu liefern.

Mit großem Elan hat Fercho die Ausrichtung an Branchen vorangetrieben. Auch die weltweite CSC-Zentrale schwenkte inzwischen auf eine an vertikalen Märkten angelehnte Organisation um. "In organisatorischer Hinsicht habe ich Veränderungen gewissermaßen antizipiert und das Modell eingeführt, das später im Rahmen des weltweiten ,Accelerate‚Äò-Projekts gewählt wurde", freut sich Fercho nun. "Wir sind eine Musterorganisation." Gescheitert ist der Versuch, die verschiedenen GmbHs unter einem gesellschaftsrechtlichen Dach zu verschmelzen. Voller Hoffnung hatte Fercho im Dezember 2006 mit dem Start der einheitlichen Gesellschaft zum 1. April 2007 geliebäugelt. Die gibt es bis heute nicht. "Wir haben die Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmerseite. Gewisse Vorhaben waren nicht ohne weiteres umzusetzen", begründet er das Scheitern.

Zum angestrebten Zeitpunkt gingen jedoch die so genannten Verticals, also die branchenorientierten Serviceeinheiten, an den Start. Den zuständigen Leitern obliegt die gesamte Gewinn- und Verlust-Verantwortung, durchgehend sowohl von der Beratung bis zum Betrieb als auch vom Vertrieb bis zur Serviceerbringung. "Bei der Trennung von Verkauf und Lieferorganisation war häufig zu beobachten, dass beide Einheiten gegeneinander gearbeitet haben", schildert Fercho seinen Eindruck. Trotzdem arbeiten bei CSC die Lieferorganisationen wie Fabriken mit eigener Gewinn- und Verlustverantwortung, um branchenübergreifende Skaleneffekte zu erzielen. Dieses schwer verständliche Konstrukt muss die Anwender nicht interessieren, solange die Qualität der Services stimmt, ist aber in der IT-Servicebranche unüblich, sagt Branchenkenner Peter Kreutter von der WHU in Vallendar: "Bei zunehmend global aufgestellten Wertschöpfungsstrukturen können große Spieler nur dann erfolgreich agieren, wenn sie - vom Grundsatz her - Vertrieb und Fertigung organisatorisch eher trennen."

Fazit: Hauptsache Erfolg

CSC Deutschland wächst profitabel, die Fluktuation wurde gebremst, die Neuausrichtung auf den Weg gebracht. Das sind die Erfolge von Fercho nach gut 18 Monaten. Die gesellschaftsrechtliche Zusammenführung verschiedener Einheiten ist dagegen gescheitert. Zudem blieben einige verdiente Mitarbeiter auf der Strecke, und die internen Verantwortungsprozesse sind offenbar zu komplex, um sie einfach und transparent darzustellen. Solange die in die US-Zentrale gemeldeten Zahlen stimmen, wird es dennoch keinen Zweifel an der Richtigkeit von Ferchos Entscheidungen geben. Doch ist die bislang gezeigte Leistung nur eine Momentaufnahme, denn auch in der Vergangenheit gab es gute CSC-Jahre. Wichtig für CSC Deutschland ist nachhaltiger Erfolg. Der Beweis steht noch aus.

CSC auf Erfolgskurs

Der US-amerikanische IT-Dienstleister hat sein Geschäftsjahr am 31. März 2008 mit einem Gesamtumsatz von 16,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Das bedeutet eine deutliche Steigerung von elf Prozent. Der Gewinn summierte sich auf 544 Millionen Euro. Der Auftragseingang schrumpfte um 3,6 Milliarden Dollar auf 13,3 Milliarden Dollar. Fast 85 Prozent davon kommen von Behörden. Die große Abhängigkeit von der öffentlichen Hand ist "ohne Zweifel eine Schwäche von CSC", monieren die Analysten von Ovum.

In Europa nahm der Konzern im Gesamtjahr gut 4,8 Milliarden Dollar ein. Das deutliche Plus von zwölf Prozent wurde durch Wechselkursschwankungen begünstigt. Die Leistungen der einzelnen Länderorganisationen veröffentlicht CSC nicht. Analystenerhebungen zufolge steigerte die deutsche Niederlassung ihre Einnahmen binnen Jahresfrist von 365 Millionen Euro auf 391 Millionen Euro. Das ist ein Zuwachs von mehr als sieben Prozent. Den weltweiten internen Erneuerungsprozess heißen die Analysten gut. "Nun ist es Zeit, zu beweisen, dass CSC beschleunigen kann", fordert Ovum in Anspielung auf das interne Reorganisationsprojekt "Accelerate".