Verhaltene Reaktionen der Branche auf Salesforce.com und Siebel

CRM-Software zur Miete bleibt umstritten

28.11.2003
KÖLN (as) - Mit dem Erfolg von Salesforce.com und Siebels Ankündigung, gemeinsam mit IBM in den Markt für Mietsoftware einzusteigen, scheint das Modell eines Application-Service-Providing Auftrieb zu bekommen. Auf der Kongressmesse "CRM Expo" in Köln gaben sich Wettbewerber aber noch zurückhaltend.

Vertreter des ASP-Modells bezweifeln, ob Kunden eigene Produkte und die dazugehörige Infrastruktur bei entsprechenden Kosten installieren müssen. "Wir haben CRM viel zu kompliziert gemacht, weil alle daran verdienen wollten", kritisierte Ariel Lueti, Senior Vice President Sales für Europa, Afrika und Asien bei Salesforce.com, in Köln die Branche. Seiner Ansicht nach und der von offiziell rund 8200 Firmenkunden (100 in Deutschland) können die Implementierung, Anpassung, das Update sowie die Wartung von CRM-Software auch über einen Mietvertrag laufen. Dabei sei das ASP-Modell seines Unternehmens nicht mehr mit dem früherer, allesamt gescheiterter ASP-Anbieter zu vergleichen. Während jene aufwändig einen eigenen Software-Stack für jeden Kunden aufbauen und unterhalten mussten, biete Salesforce.com nur eine gemeinsame, regelmäßig aktualisierte Infrastruktur mit generischen CRM-Komponenten an. Diese erlaube es Kunden, ihre eigenen Datenmodelle und Sichten aufzubauen und eine CRM-Lösung in durchschnittlich 30 Tagen zu implementieren.

Salesforce.com ist in vier Editionen erhältlich und bietet mittlerweile Module für Verkauf, Marketing, Kundendienst und Support. Über eine modifizierbare Oberfläche lassen sich Leads, Accounts, Kontakte, Opportunities (auch offline) erfassen und bearbeiten sowie Funktionen für Forecasting und zur Berichtsgenerierung nutzen. Eine Synchronisation mit MS-Outlook und Palm ist möglich, und Daten können laut Lueti in Echtzeit gespiegelt oder im Wochentakt aktualisiert werden.

Zudem hofft der Anbieter, Softwarehäuser und Kunden für die Client-Server-Entwicklungsumgebung "Sforce" erwärmen zu können, mit der sich die Mietsoftware über ihre APIs oder Web-Services in Unternehmensanwendungen einbinden lässt. Sforce ist laut Anbieter mit Entwicklungsumgebungen wie dem "Jbuilder X" von Borland oder "Visual Studio .NET" von Microsoft kombinierbar und wurde jetzt in Köln in Version 2.0 vorgestellt. Diese bietet zusätzliche Optionen für die Entwicklung eigener Benutzeroberflächen und Workflows sowie ein aktualisiertes Web-Services-API, das unter anderem die SQL-ähnliche Datenbankabfragesprache "Object Query Language" unterstützt.

Trotz der vermeintlichen Einsparungen von Zeit und Geld stößt das ASP-Modell bisher auf wenig Resonanz beim Wettbewerb. Einzige Ausnahme ist Siebel, das im großen Stil zusammen mit IBM eine abgepeckte Mietversion seiner CRM-Suite als "CRM on Demand" anbieten will (siehe www.computerwoche.de/go/80113915). Laut Lueti sei das ASP-Modell des Marktführers jedoch problematisch, da er seine bestehende CRM-Suite lediglich mit einer Schnittstelle versehen habe, dahinter aber die komplexe Softwarearchitektur von "Siebel Enterprise" fortbestehe.

Davon einmal abgesehen bezweifelte Christian Schmidt, Vertriebsleiter CRM bei SAP Deutschland, überhaupt dass das ASP-Modell für CRM in Deutschland ein Markt ist. Zwar würden sich immer Firmen finden, die ihre Daten herausgäben und CRM-Aktivitäten derart organisieren würden, "Kundenaufträge sollten aber intern verwaltet werden, wozu die CRM-Software in die IT integriert werden muss". SAP habe zwar einige Kunden, die "Mysap CRM" bei Partnern wie Avarto gehostet haben, eine ASP-Strategie exisitiere aber nicht. Zudem sei Siebels Hoffnung, dass Kunden mit steigenden Bedürfnissen letztlich von der Mietsoftware auf die Vollversion umsteigen werden, kaufmännisch ein "Riesenfehler", da "Zwischenlösungen in der Praxis selten abgelöst werden".

Mehr Hosting als ASP

Obwohl einige Anbieter auf der CRM Expo dennoch erklärten, sich mit ASP zu beschäftigen, können die meisten nur Hosting-Abkommen vorzeigen. Erste Mietangebote finden sich aber bei Onyx oder bei Pivotal, das in Köln gemeinsam mit T-Systems die Lösung "Marketfirst" zur Marketing-Automatisierung präsentierte. Ferner sagte Anton Kreuzer, Managing Director bei Frontrange, dass man derzeit mit deutschen ASP-Anbietern verhandle, um die CRM-Software "Goldmine" günstiger vertreiben zu können. Der Hersteller Dendrite International stellte zudem die Web-basierende CRM-Mietlösung für Unternehmen aus den Bereichen Pharma und Medizintechnik "Webforce. update" vor, die er zusammen mit dem Anbieter Update entwickelt hat.