Auf dem Prüfstand: Update.com Software AG

CRM-Anbieter macht wenig erfreulichen Kassensturz

16.03.2001
FRANKFURT/M. - Drastische Gewinn- und Umsatzwarnungen, über 90 Prozent Kursverlust, Einbruch im deutschen Markt, Vertriebs- und Produktschwierigkeiten - die Update.com Software AG schlitterte im letzten Jahr in eine schwere Unternehmenskrise. Dass der Wiener Softwareanbieter schon am Ende des vierten Quartals den Breakeven erreichen wird, ist deshalb eine sehr optimistische Prognose. Von Andrea Goder*

Gabriele Rittinghaus, seit 1999 Vorstandsvorsitzende von Update.com, dürfte mittlerweile das Lachen vergangen sein. Die ehemalige Chefin von Computer Associates (CA) Deutschland, die zur Bilanzpressekonferenz in Frankfurt am Main aufgrund eines angeblich sehr wichtigen anderen Termins nicht erschien, hat sich kräftig vergaloppiert. Wie ein Kartenhaus ist der Business-Plan des Wiener Unternehmens in den Monaten nach dem IPO im April 2000 in sich zusammengebrochen.

Wurde noch zum Börsengang von einem Verlust von 12,4 Millionen Euro ausgegangen, ist der Fehlbetrag bis zum Ende des letzten Geschäftsjahres auf 22,3 Millionen Euro angewachsen (Vorjahr: minus 7,2 Millionen Euro). Durch den Verlust mehrerer Großaufträge verfehlte die Company mit Erlösen in Höhe von 20,4 Millionen Euro auch die ursprüngliche Umsatzplanung deutlich (Vorjahr: 18,3 Millionen Euro). Insgesamt liegt der Verlust damit erstmals höher als der Umsatz. Nach Geschäftsbereichen unterteilt, steuerten Lizenzverkäufe und Wartung 73 Prozent zu den Einnahmen bei (plus 25 Prozent), der Service die restlichen 27 Prozent (minus 14 Prozent).

Börsengang band Management-KapazitätenIm Rückblick sind eine Reihe von Faktoren für den katastrophalen Geschäftsverlauf verantwortlich. Zunächst war die Wiener Softwareschmiede offenbar mit dem Börsengang, der über Monate "einen wesentlichen Teil der Management-Kapazitäten" beanspruchte, überfordert. "Notwendige strukturelle Veränderungen der Unternehmensorganisation konnten daher erst am Ende des Geschäftsjahres umgesetzt werden", heißt es im Geschäftsbericht 2000.

Mit fatalen Folgen. So blieb beispielsweise die Stelle des "Vice President Sales" geraume Zeit unbesetzt. Vor allem dürfte sich für die Wiener auch die Tatsache negativ bemerkbar gemacht haben, dass die deutsche Vertriebsniederlassung seit Sommer 2000 führerlos dahintrieb und erst vor kurzem ein neuer Geschäftsführer gefunden werden konnte. "Wir waren in Deutschland sicher nicht effektiv", räumte Finanzvorstand Michael Foy in Frankfurt ein. Schwächen, die sich die Wiener CRM-Spezialisten in ihrem bis dato wichtigsten Absatzmarkt leisteten, wurden denn auch mit einem Umsatzeinbruch von 17 Prozent quittiert. Nur mehr knapp über sieben Millionen Euro erzielte Update.com im letzten Geschäftsjahr in Deutschland. Ausgebremst wurden die österreichischen Softwareanbieter vor allem von den großen US-Playern, die laut Foy seit Mitte letzten Jahres massiv in den deutschen Markt drängen. Allen voran Siebel Systems Inc., der weltweit führende CRM-Spezialist, der allein im vierten Quartal 2000 weltweit 582 Millionen Dollar umsetzte.

Qualitätsprobleme beim Release-WechselZwar betonten die anwesenden Update.com-Manager in Frankfurt, produktseitig "durchaus wettbewerbsfähig" zu sein. Neben Marketing-Aufwendungen haben aber vor allem die hohen Entwicklungskosten die Verluste in die Höhe getrieben. Allein im letzten Jahr kamen zwei neue Versionen des Kernprodukts "Marketing-Manager" auf den Markt, ergänzt um Spracherkennungs-, Web- und WAP-Module. Gleichzeitig wurden damit aber neue Baustellen eröffnet. "Bedingt durch die schnellen Versionswechsel traten Qualitätsprobleme auf, die zwischenzeitlich behoben werden konnten", ist im Geschäftsbericht zu lesen.

Wie in Frankfurt außerdem unterstrichen wurde, sehen sich die Wiener heute nicht mehr als One-Product-Company. Von dem US-Softwareunternehmen Intarka Inc. kaufte Update.com im letzten Jahr das Produkt "Prospect Miner", eine Suchmaschine für Vertrieb und Marketing, die in die eigene CRM-Lösung integriert wurde und zudem als eigenständiges Tool vermarktet wird. Erworben wurden außerdem Rechte an dem OEM-Produkt "Request Center" der kalifornischen Celosis Inc. Mit dieser Software, die Web-basierte Techniken und WAP nutzt, lässt sich die Steuerung von Dienstleistungen verbessern.

Perspektiven des CRM-Marktes umstrittenTrotz einer mittlerweile differenzierteren Produktpalette schätzten die Wiener das Potenzial des CRM-Marktes vermutlich falsch ein. Zumindest blieb der Rückenwind, den man sich noch vor einem Jahr von den optimistischen Prognosen der Marktforscher erhoffte, aus. Finanzvorstand Foy zufolge haben bereits im Sommer 2000 führende Marktforschungsinstitute wie Forrester Research ihre Erwartungen für dieses IT-Segment deutlich nach unten korrigiert. Nicht mehr über 70 Prozent Wachstum, sondern nur mehr ein Plus von 35 Prozent wird seitdem für den europäischen CRM-Markt erwartet.

Vor diesem Hintergrund stehen die Zeichen in der Wiener Zentrale schon seit Monaten auf Umstrukturierung. In Zukunft soll der Fokus stärker auf den Business Units liegen, die als Profit-Center geführt werden. Knapp 50 von ursprünglich 286 Stellen wurden bis zum Jahresende gestrichen. Um Kosten zu sparen, will sich das Unternehmen jetzt auf die bestehenden Märkte konzentrieren. Noch im November gab Update.com allerdings den Markteintritt in Schweden bekannt und eröffnete Ende Februar eine Niederlassung in Polen.

40 Prozent des Emissionserlöses sind wegDen starken Abfluss an Liquidität zu stoppen, dürfte auf Vorstandsebene in den nächsten Monaten oberste Priorität haben. Update.com, seit zwölf Jahren im Markt, verbrauchte mit den geschilderten Aktivitäten von April bis zum Jahresende 18 Millionen Euro und damit rund 40 Prozent des Emissionserlöses. Alarmierend in der Bilanz ist außerdem, dass den Wienern im letzten Jahr Zinserträge weggebrochen, dafür aber in erheblichem Maße neue Forderungsausfälle entstanden sind.

Angesichts der Vehemenz, mit der Update.com auch bereits die Prognosen für 2001 und 2002 nach unten korrigierte, sind auch die revidierten Zahlen mit Vorsicht zu genießen. Finanzchef Foy rechnet am Ende des vierten Quartals 2001 mit dem Breakeven. Bereits 2002 will Update.com - das Unternehmen schrieb in den letzten Jahren nur rote Zahlen - einen Nettogewinn von 14,8 Millionen Euro einfahren. Am Kapitalmarkt dürfte der Softwarehersteller, dessen Aktienkurs seit Monaten zwischen zwei und drei Euro pendelt, jedenfalls bis auf Weiteres das Vertrauen verspielt haben.

*Andrea Goder ist freie Journalistin in München

Abb: Update-Geschäftsentwicklung

Im Jahr 2002 will Update.com wieder deutlich profitabel sein. Quelle: Update.com