Während der Firmengründer Chef eines Spinout wird:

Cray verbündet sich mit Ex-Konkurrenten CDC

26.05.1989

MINNEAPOLIS/MÜNCHEN (IDG/ujf) - Die Supercomputerfirma Cray Research, selbst in einer Ertragskrise, soll der Control Data Corp. (CDC) wieder auf die Beine helfen. Am Markt wollen beide Firmen mit einem gemeinsamen Konzept auftreten. Allerdings ohne Seymour Cray: Seine "Cray-3"-Forschungsabteilung arbeitet künftig auf eigenes Risiko.

Kaum hat Control Data den Versuch aufgegeben, dem Supercomputer-Marktführer Cray Research mit der Eta-Produktlinie Konkurrenz zu machen, schließt der DV-Konzern aus Minneapolis einen Pakt mit dem bisherigen Rivalen. Statt der eigenentwickelten Eta, die für das ohnehin finanzschwache Unternehmen zum Faß ohne Boden geworden war, wird CDC seinen Kunden künftig die Systeme Cray 2, X-MP/EA und Y-MP offerieren.

Bestehen heute bereits Brücken zwischen CDCs Cyber-Rechnern und Imprimis-Massenspeichern einerseits und Cray-Geräten andererseits, so soll künftig eine aufeinander abgestimmte Produktpalette von der Control-Data-Workstation (aus dem Hause Silicon Graphics) bis zum großen Cray-Numbercruncher angeboten werden. Als Vorstufe zu einer Fusion sei das "joint marketing agreement" aber nicht zu verstehen, hieß es in Minneapolis.

Was für CDC ein Weg ist, die bisherigen Eta-Kunden bei der Stange zu halten (und somit japanischer Konkurrenz Paroli zu bieten), stellt sich für Cray als dringend nötige Gelegenheit dar, den Kundenstamm zu erweitern. Denn aus der bisherigen Anwenderbasis kommen seit einiger Zeit nicht so viele Aufträge wie erwartet. Manche Bestellungen wurden sogar verschoben - mit allen negativen Auswirkungen auf die Rendite: Im ersten Quartal ging der Profit von 26,4 auf gerade noch 1,5 Millionen Dollar zurück. Der Umsatz lag

mit 116 Millionen Dollar um 20 Prozent unter dem bereits enttäuschenden Vorjahresniveau, Noch krasser der Vergleich zu 1987: Im ersten Vierteljahr hatte Cray damals noch bei 214 Millionen Dollar Umsatz 57 Millionen Dollar Gewinn erzielt.

Für Seymour Cray, der einst die Entwicklungsabteilung von Control Data verlassen hatte, um sich mit einer eigenen Firma selbständig zu machen, wird sich der Bogen durch diesen Deal nicht schließen. Als Boß einer von Cray Research abgespaltenen "Cray Computer Corp." will er die Cray-2-Nachfolgemaschine Cray-3 auf eigenes Risiko zu Ende entwickeln. Weitab von der Zentrale, in der Rocky-Mountains-Stadt Colorado Springs, brütet er mit seinem Team seit längerem an dem neuen High-end-System in Gallium-Arsenid-Technik. Die Kosten sind enorm: Allein im vergangenen Jahr verbrauchte sein Team 30 Millionen Dollar, ohne daß absehbar wäre, wann der Think-Tank ein marktreifes Produkt wird vorstellen können.

Weil parallel dazu in Crays zweitem Labor in Chippewa Falls an einem anderen Projekt - der Y-MP-Ablösung "C-90" - gearbeitet wird, entschied sich der Vorstand dafür, nur einen Rechner innerhalb des Stammhauses zu entwickeln. Führt Seymour Crays Projekt zu dem erhofften Erfolg, hat aber die Cray Research Inc. einem Bericht der "Financial Times" zufolge das Recht, eine Lizenz an der neuen Technologie zu erwerben. Wenn nicht, muß die Zentrale möglicherweise 150 Millionen Dollar abschreiben. Soviel nämlich ist - Betriebseinrichtungen und Kapital zusammengenommen - als Starthilfe für des Unternehmensgründers neues Kind budgetiert.

Die finanzielle Beteiligung am Stammkapital der Cray Computer Corp. will das Mutterhaus recht klein halten. Der Plan sieht vor, 90 Prozent der Aktien den bisherigen Aktionären von Cray Research anzubieten.