Nach Ausschreibungsniederlage gegen NEC:

Cray: Japaner verletzen das Superrechner-Abkommen

24.07.1992

WASHINGTON (IDG) - John Rollwagen, Chairman und CEO des Superrechner-Herstellers Cray Research Inc., befindet sich derzeit auf Beschwerde-Tournee; gerade von einem Hearing in Washington zurück, startet er schon nach Japan - zu Gesprächen mit dem Handels- und Industrieministerium Miti.

Der Grund von Rollwagens hektischer Betriebsamkeit: Er wittert eine Verletzung des amerikanisch-japanischen Superrechner-Abkommens durch Nippon auf Kosten von US-Herstellern. Nach der 1990 geschlossenen Vereinbarung hofften die auf eine Marktöffnung in Japan. Direkt nach dem Abkommen konnte Cray laut Rollwagen tatsächlich drei von neun Ausschreibungen in Japan gewinnen, mußte danach aber mitansehen, wie der dortige Absatz wieder auf den Stand von vor der Vereinbarung absank: null.

Das Faß zum Überlaufen brachte dann eine Ausschreibung des japanischen Nationalinstituts für Fusionswissenschaft (NIFS), bei der die NEC Corp. den Vorzug vor Cray erhielt. Laut Auftraggeber sollte größeres Gewicht auf die technische Rechnerleistung als auf den Preis gelegt werden. Obwohl, so Rollwagen, die von Cray ins Rennen gebrachte Achtprozessor-Maschine C-90 deutlich leistungsfähiger sei als NECs SX-3-Vierprozessor-System, blieb der Auftrag im Lande. Rollwagen verwies darauf, daß das NEC-Angebot mit gut 20 Millionen Dollar nur geringfügig billiger gewesen sei als Crays Offerte. Normalerweise verlangen die Amerikaner für eine C-90 um die 30 Millionen Dollar, müssen die Ausschreibung also mit einem hohen Discount versehen haben.

Daß der US-Hersteller den NIFS-Auftrag dennoch nicht verbuchen konnte, ist nach Rollwagens Einschätzung nicht unbedingt auf eine feindliche Haltung gegenüber seinem Unternehmen zurückzuführen. Vielmehr wird vermutet, die Japaner versuchten, "ihren Superrechner-Herstellern unter die Arme zu greifen, damit diese wettbewerbsfähig werden".