Supercomputer-Firma hat Probleme mit Technik und Börse:

Cray gerät unter hohen Erfolgsdruck

11.11.1988

MINNEAPOLIS (CW) - Schwere Zeiten sind für den "klassischen" Supercomputer-Hersteller, die Cray Research Inc., angebrochen. Beim Umsatz hinkt das Unternehmen hinter den Vorjahreszahlen her, und in der Technik hapert es gleich doppelt - Im Labor und beim Renommierkunden NASA.

Erst im September hatten die Cray-Manager den Mund recht voll genommen: Damals prognostizierten sie für den diesjährigen Umsatz und Gewinn eine Wachstumsrate von je zehn Prozent. Mittlerweile gehen sie davon aus, daß es höchstens sieben, vielleicht auch nur fünf Prozent mehr Profit sein werden. Und um das angestrebte Umsatzplus noch zu schaffen, muß Cray im laufenden vierten Quartal mindestens 27 Maschinen bei den Kunden zum Laufen bringen - denn erst, wenn der Anwender seinen Numbercruncher 30 Tage getestet hat, bekommt er die Rechnung. Mit anderen Worten: Was nach der ersten Dezemberwoche installiert wird, erscheint nicht mehr im 1988er Geschäftsergebnis.

Nach dem dritten Quartal, in dem Rechner im Wert von 145 Millionen Dollar (minus 21 Prozent) abgerechnet wurden, liegt Cray Research um fast 100 Millionen Dollar hinter dem Vorjahresumsatz zurück. Der Gewinn der ersten neun Monate fiel von 113 auf 68 Millionen Dollar bei Verkaufserlösen von 425 Millionen Dollar. An der Börse blieb diese Entwicklung nicht ohne Folgen: Der Gesamtwert der Cray-Aktien ist an der Börse inzwischen um eine Viertelmilliarde Dollar gesunken.

Zum Unbehagen der Aktionäre hatten aber nicht nur die rückläufigen Installationszahlen beigetragen, sondern auch kostspielige technische Probleme. So mußte das Unternehmen unter anderem 10 Millionen Dollar aufwenden, um das Kühlsystem der Cray-3 zu verbessern, des künftigen Topmodells in Gallium-Arsenid-Technik.

Zusätzlichen Ärger bescherten Cray defekte Chips im ersten installierten Rechner der neuen Y-MP-Modellreihe. Ein Firmensprecher bemühte sich indessen, die Probleme mit dem Computer, der im Ames Research Laboratory der NASA in Kalifornien steht, herunterzuspielen. Bei einer Erstinstallation sei so etwas nicht ungewöhnlich. Derzeit sei eine vierte Revision der Schaltungen des Rechners im Gange. Dies sei zwar eine teure Angelegenheit, hänge aber nicht - wie bei der "3" - mit der Kühlung zusammen.

Chairman John A. Rollwagen gibt sich trotz allem zuversichtlich, daß zusätzlich zu den seit Jahresbeginn abgerechneten 36 Crays weitere 27 verbucht werden können: "Aufgrund von Lieferfristen neuer Systeme und Zeitplänen unserer Kunden entfällt ein unverhältnismäßig großer Anteil der Installationen auf das letzte Quartal."