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Computer-Profis planen ihre DV-Karriere nicht sorgfältig genug

25.10.1991

Viele Jahre hindurch war das Stichwort Karriere im DV-Bereich keine Frage: Die große Nachfrage nach Spezialisten regelte das von selbst. Heute jedoch ist Karriereplanung nach Auffassung von Michael Abel* auch für Mitarbeiter und Führungskräfte in diesem Bereich notwendig geworden.

Auch im DV-Bereich ist die Abneigung gegen das Wort Karriere weit verbreitet. Warum? Wahrscheinlich liegt es daran, daß Karriere meist als rücksichtsloses Sich-nach-oben-Kämpfen eines eher unsympathischen Mitmenschen interpretiert wird. Karriere bedeutet also in der Regel Aufstieg um jeden Preis.

Der Duden definiert Karriere als (meist erfolgreiche) Laufbahn. Über die Art und Weise, wie sich der einzelne auf dieser Laufbahn verhält, wird keine Aussage getroffen. Es sollte also einen Versuch wert sein, den Begriff Karriere in Zukunft neutraler zu verwenden.

Von der Laufbahn läßt sich leicht zum Weg überleiten, zum persönlichen Weg durch das Leben, meist aufgeteilt in den privaten und in den beruflichen Teil. Vor allem der berufliche Teil kann durch Planung gestaltet werden, eben durch Karriereplanung.

Drei elementare Schritte bei der Planung

Aber warum ist Planung allgemein und die Karriereplanung speziell so wichtig, daß es für jeden lohnt sich damit zu beschäftigen? Um dies aufzuzeigen, zerlegt man die Planung in drei elementare Schritte: die Zielsetzung, die Bestimmung der Ausgangsposition und die Wegfindung zwischen Ausgangspunkt und Ziel.

Zielsetzung hilft, die Kräfte auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren. Ziele dienen zur Orientierung und erlauben am Ende auch eine Kontrolle, ob man am Ziel angelangt ist.

Zudem ist das Erreichen eines Ziels ein wichtiger Schritt der Selbstmotivation, des Auftankens für neue Aufgaben. Viele moderne Führungsstile (Management by Objectives oder der Minutenmanager) basieren auf einer solchen Zielsetzung. Für Mitarbeiter im Bereich Datenverarbeitung ist zielorientiertes Arbeiten durch die weit verbreitete projektmäßige Vorgehensweise kein Fremdwort.

Neben den beruflich konkret fixierten Aufgaben sollte man jedoch - meist in Absprache mit dem Management - auch langfristige Entwicklungs- und Ausbildungsziele setzen und dabei Trends zu neuen Methoden, Sprachen, Betriebssystemen etc. beachten, um nicht in absehbarer Zeit technologisch zum alten Eisen zu gehören.

Auch das Bestimmen der Ausgangsposition kann bedeutend sein: Sich darüber klar zu werden, wo der eigene Platz im Leben ist, was bislang erreicht, welche Erfolge und Niederlagen erlebt wurden, ist die Grundlage einer Analyse der eigenen Stärken und Schwächen.

Die Analyse kann zum Beispiel in Form einer Aufstellung erfolgen, die die Projekte benennt, in denen man maßgeblich mitgearbeitet hat. Dabei sollte der DV-Spezialist unter anderem die eingesetzten Werkzeuge und Sprachen notieren. Dadurch ist es jederzeit möglich, seinen beruflichen Werdegang nachzuverfolgen, Erfolge und Erfahrungen vorzustellen.

Der letzte Schritt, die Wegfindung, versucht, die Lücke zwischen den gesetzten Zielen und der Ausgangsposition zu schließen: Wie komme ich von A nach B? Diesen Weg muß jeder, der aufsteigen will, genau untersuchen und vorbereiten.

Ein Karriereplaner sollte sich zum Beispiel fragen, ob für ein angestrebtes Berufsziel bestimmte Ausbildungsgänge und Prüfungen notwendig sind.

Anhand solcher "Schritte zum großen Ziel" sollte man Teilziele beziehungsweise Etappen definieren. Gerade im DV-Bereich ist es sinnvoll, neue Elemente schrittweise zu erlernen und durch praktischen Einsatz zu festigen.

Kleinere Ausbildungseinheiten durchsetzt mit praktischen Phasen zeigen in der Regel mehr Erfolg als Crashkurse, die eher frustrieren als den Weg zum Ziel erleichtern.

Wie geht man bei der persönlichen Karriereplanung nun am zweckmäßigsten vor? Man beginnt zunächst mit der Bestimmung der Ziele.

Soll diese Zielfindung berufsbezogen sein, muß man die aktuellen Entwicklungen in der Branche genau beobachten: Ist es zum Beispiel sinnvoll, sich mit Expertensystemen zu beschäftigen, oder handelt es sich hierbei um eine kurzfristige Modeerscheinung? Möchte ich weiterhin in Entwicklungsprojekten mitarbeiten oder zum Beispiel in den Bereich Ausbildung oder Vertrieb wechseln?

Der zweite Schritt ist die Standortbestimmung: Stellen Sie fest, wo Sie sich befinden, indem Sie zum Beispiel notieren welche Ausbildung Sie haben, welche weiteren Kenntnisse Sie erworben haben und welche Begabungen Sie besitzen.

Erstellen Sie ein persönliches Leistungsprofil, notieren Sie, welche Systeme Sie kennen, in welchen Bereichen Sie über Spezialwissen verfügen, und machen Sie sich auch über Ihren "Marktwert" Gedanken.

Im nächsten Schritt findet nun ein Abgleich zwischen Soll (Ziel) und Ist (Situation jetzt) statt, woraus sich konkrete Zielsetzungen ergeben.

In erster Linie werden sich in diesem Schritt "Mängel" aufzeigen, die durch Ausbildungsmaßnahmen zu beheben sind: Behalten Sie den Anschluß an moderne Entwicklungen und vergessen Sie als Fachfrau oder Fachmann nicht, das meist sehr einseitige informationstechnische Wissen durch zusätzliches Know-how etwa aus Betriebswirtschaft und Ingenieurwesen oder durch allgemein einsetzbare Schlüsselqualifikationen, zum Beispiel Arbeitsmethodik, zu ergänzen.

Kurz-, mittel- und langfristige Ziele

Bei dieser Vorgehensweise ist der eine oder andere Hinweis nützlich: Wie bei jeder Planung sollte die Zielsetzung zeitlich gestaffelt sein, das heißt es sollten kurzfristige Ziele für das laufende Jahr definiert werden, mittelfristige für Zeiträume von zirka fünf Jahren und langfristige für das verbleibende Leben. Zudem sind Alternativen aufzuzeigen.

Läßt sich ein Ziel auf einem geplanten Weg nicht erreichen, wendet man sich ohne Verzögerung dem zweiten Weg zu. Außerdem sind persönliche und berufliche Ziele normalerweise sehr dynamisch. Diesen Änderungen muß jeder Karrierewillige Rechnung tragen, indem er seine Pläne regelmäßig überprüft und aktualisiert.

Daneben ist es sehr nützlich aufzuzeichnen, was sich bislang in der eigenen Karriere ergeben hat. Neben einschneidenden Erfolgen und Mißerfolgen sollte man aber vor allem "handfeste" Ereignisse der Karriere aufführen, etwa die Leitung von Gruppen oder Projekten, Positionen im Unternehmen, Arbeitgeber etc. bis hin zu den diversen Weiterbildungsveranstaltungen. So läßt sich jederzeit ein - für den neuen Arbeitgeber wichtiger - lückenloser Lebenslauf erstellen und die eigene Qualifikation nachweisen.

Alle Aktivitäten schriftlich festhalten

Zum Schluß noch der Hinweis, daß alle Planungsaktivitäten schriftlich aufgezeichnet werden müssen. Nur so ist zu einem späteren Zeitpunkt eine Erfolgskontrolle möglich, denn dann kann man jederzeit überprüfen, ob man im Moment zielgerecht handelt.

Nur so kann sich nach Erreichen eines Ziels der gewünschte motivatorische Effekt einstellen. Dazu bieten sich die bekannten Ziel- und Zeitplanbücher genauso an wie ein einfaches Ringbuch.

Wichtig ist nicht, womit man Karriereplanung betreibt, sondern daß man sich damit beschäftigt.