Anklage wegen Kinderpornografie sorgt für Aufsehen

Compuserve-Ermittlungen bringen Menschenrechtler in Rage

02.05.1997

In ihrem Schreiben an den Bundeskanzler heben die 23 Unterzeichnerorganisationen insbesondere hervor, das Vorgehen der Münchner Staatsanwaltschaft gefährde das Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet. Die Bittschrift entstand auf Initiative der Global Internet Liberty Campaign (Gilc).

Namen der Foren lassen Rückschlüsse zu

Die Interessengruppe wurde im letzten Jahr gegründet, um den Bestrebungen, die Internet-Kommunikation zu reglementieren, weltweit entgegenzuwirken. Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören unter anderem die American Civil Liberties Union, Privacy International und Human Right Watch. Als einzige deutsche Organisation ist der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft, der in München sein Büro hat, bei der Initiative mit von der Partie.

David Banisar, Mitglied bei der Gilc in Washington, vertritt die Ansicht, daß die Anklage gegen Compuserve einem Verfahren gleichkäme, in dem Telefongesellschaften für den Inhalt der Gespräche auf ihren Leitungen verantwortlich gemacht würden.

Ein Vergleich, der für manchen Branchenkenner hinkt, da die Münchner Staatsanwaltschaft Compuserve nicht wegen des allgemeinen Zugangs zum Internet verklagt, sondern wegen des Inhalts der Newsgroups, wie im Internet das Forum zum Meinungsaustausch heißt. Diese Inhalte speichern die Online-Anbieter in der Regel auf ihren eigenen Rechnern, um ihren Mitgliedern den Zugriff zu ermöglichen. Sicherlich kann ein Provider dabei nicht jeden Meinungsbeitrag scannen, doch Nachrichtenforen-Titel wie "alt.sex.bestialities" sollten eigentlich jeden Service-Provider - auch Compuserse - aufhorchen lassen.