Kooperation mit internationalem Netzbetreiber Hermes

Colt legt stärkeres Gewicht auf die Sprachkommunikation

20.03.1998

Sichtlich zufrieden stellte sich das Colt-Management in Frankfurt der Presse, um die Ergebnisse des Geschäftsjahres 1997 zu präsentieren. Immerhin konnte Paul Chisholm, President und CEO der Colt Telecom Group, einen Gesamtumsatz von 244,5 Millionen Mark melden. Im Vergleich zum Vorjahr mit 105 Millionen Mark wurden die Einnahmen damit mehr als verdoppelt. Das Bruttoergebnis vom Umsatz verdreifachte sich fast von 15,5 Millionen Mark (1996) auf 45 Millionen Mark. Trotz der positiven Zahlen ist Colt nach den hohen Anfangsinvestitionen vom Break-even noch ein gutes Stück entfernt.

Den genannten Umsatz erwirtschaftete Colt mit Stadtnetzen in den sechs europäischen Großstädten London, Paris, Berlin, Frankfurt am Main, München und Hamburg. Laut Horst Enzelmüller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Colt Telecom GmbH, Frankfurt, entfielen rund 20 Millionen Mark des gesamten Umsatzes auf Deutschland. Den Löwenanteil verbuchte dabei Frankfurt, da alle anderen Netze erst kürzlich an den Start gingen. Die Cash-cow in Europa ist derzeit noch das Londoner Colt-Netz, das bereits seit 1994 in Betrieb ist und die meisten angeschlossen Kunden aufweist. Mittelfristig rechnet Enzelmüller aufgrund der zahlreichen Netze hierzulande mit einem starken deutschen Anteil am Colt-Ergebnis.

In Deutschland ist für September 1998 die Freigabe des Düsseldorfer Colt-Netzes geplant; über den Aufbau eines Netzes in Stuttgart wird derzeit nachgedacht. In Europa soll dieses Jahr außerdem der Startschuß für Netze in Brüssel, Madrid, Mailand und Zürich erfolgen. Insgesamt hat das Leitungsnetz aller momentan laufenden Colt-Networks eine Länge von über 500 Kilometern mit über 1100 angeschlossenen Kunden.

Neben nationalen und internationalen Interconnection-Verträgen mit verschiedenen Carriern sucht Colt nun verstärkt die Kooperation mit dem globalen Netzbetreiber Hermes. Hermes ist eine Dachorganisation zahlreicher Eisenbahngesellschaften, die deren Netzkapazitäten vermarktet. Colt wird im Rahmen der Zusammenarbeit 155Mbit/s-SDH-Strecken von Hermes zur Übertragung nutzen.

Obwohl von der Freigabe des TK-Marktes Anfang 1998 auch Privatkunden profitieren sollen, wird Colt diese Klientel auch in Zukunft nicht bedienen. "Für uns sind Kunden erst oberhalb eines Telefongebührenvolumens von 1500 Mark pro Monat interessant", sagte Enzelmüller in Frankfurt. Im Durchschnitt, so der Manager, erzielt Colt mit einem Kunden einen monatlichen Umsatz von 50 000 Mark.

Ab sofort begrenzt sich das Colt-Angebot im Telefon-, Fax- und Modemverkehr jedoch nicht mehr nur auf die Städte mit eigenen Netzen. Unternehmen können nun bundesweit den Service "Colt Voice Connect" in Anspruch nehmen, unabhängig von ihrem Standort. Dabei entscheiden die Kunden nach der Registrierung, ob sie den Sprachdienst im Preselection- oder Call-by-call-Verfahren nutzen. Unternehmen, die direkt an eines der Colt-Stadtnetze angeschlossen sind, können den Dienst "Colt Voice Line" nutzen. In diesem Fall tritt Colt gleichzeitig als Verbindungs- und Teilnehmernetzbetreiber auf.

1,4 Milliarden Minuten Sprach- und Datenverkehr

Der Provider verspricht dabei gegenüber den Telekom-Tarifen im nationalen Bereich bis zu 20 Prozent Einsparungen, im internationalen Sprachverkehr bis zu 65 Prozent. Auf diese Weise will Colt die Zahl seiner Kunden und deren Gesprächsvolumen deutlich erhöhen. Für 1998 rechnet Enzelmüller deshalb mit einer Steigerung des Umsatzes von 20 Millionen Mark auf 150 bis 200 Millionen Mark. Insgesamt hat die Colt Telecom Group 1997 rund 1,4 Milliarden Minuten Sprach- und Datenverkehr vermittelt. 20 Prozent des Umsatzes macht Colt mit Festverbindungen, 80 Prozent mit nach Bedarf geschalteten Leitungen.