Vereinbartes Lizenzmodell sorgt für Unruhe

Cognos will mit neuen Produkten wachsen

09.04.2004
MÜNCHEN (as) - Der kanadische Anbieter von Analyse- und Berichtswerkzeugen Cognos mit Sitz in Ottawa sieht sich nach starken Umsatzzuwächsen und Nettogewinnen auf dem Weg, auch im neuen Geschäftsjahr weiter zulegen zu können. Doch die künftige Produktstrategie könnte Kunden Probleme bereiten.

Während in vielen Segmenten des Softwaremarktes kein Anstieg der Nachfrage zu verzeichnen ist, meldet der Markt für Business-Intelligence-(BI-)Software seit Quartalen hohe Zuwächse. Anbietern wie Cognos, SAP, Business Objects, SAS Institute, Hyperion Solutions oder Microstrategy kommt dabei zugute, dass immer mehr Vorstände und Fachabteilungen in Analyse-, Planungs- und Berichtswerkzeugen strategische Steuerungsinstrumente sehen. Diese sollen ihnen gerade in Zeiten starken Wettbewerbs die dringend benötigten Informationen und Kennzahlen über den wirtschaftlichen Zustand ihres Unternehmens verschaffen helfen.

Hersteller unter Druck

Einige Hersteller sind allerdings noch damit beschäftigt, ihre Produkte auf moderne Standards wie eine offene, durchgängige und Web-basierende Architektur zu migrieren sowie den vielfältigen funktionalen Anforderungen der Kunden nachzukommen. Begleitet werden diese Anstrengungen von einer wachsenden Konsolidierung im BI-Markt, die im letzten Jahr vor allem durch größere Übernahmen wie den Kauf von Crystal Decisions durch Business Objects oder den Merger zwischen Brio Software und Hyperion Solutions für Aufsehen sorgte. Diese Zukäufe hatten neben der Vergrößerung der Kundenbasis vor allem das Ziel, Software für das Massenberichtswesen hinzuzugewinnen - einem Anwendungsgebiet, dem Marktkenner die größten Wachstumschancen in den kommenden Jahren zuschreiben.

Vor diesem Hintergrund sind die Aktivitäten von Cognos zu sehen, das sich mit 681 Millionen Dollar Umsatz und 101 Millionen Dollar Nettogewinn im letzten Geschäftsjahr (Ende: 29. Februar 2004) neuerlich steigern konnte und nach Einnahmen hinter SAS Institute und Business Objects im Markt auf Platz drei rangiert (siehe Kasten "Gute Zahlen"). Die Zuwächse gegenüber dem Vorjahr sind dabei neben dem allgemein gut gelaufenen Lizenz- und Wartungsgeschäft auch auf eine Verbesserung der Steuerrate für das Fiskaljahr 2004 von 25 auf 16 Prozent, positive Währungseffekte sowie allein 37 Abschlüsse im Millionenbereich zurückzuführen. In einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE bezeichnete Chief Executive Officer (CEO) Ron Zambonini die neuen Produkte für Planung und Budgetierung "Cognos Enterprise Planning" sowie die Berichtslösung "Reportnet" als weitere wichtige Einnahmequellen. Dem Manager zufolge habe Ersteres über das Jahr gesehen rund 80 Millionen Dollar eingebracht, und das im Herbst 2003 ausgelieferte Reportnet steuerte im vierten Quartal bereits 30 Millionen Dollar an Lizenzeinnahmen bei.

Beide Angebote sind zentrale Bausteine der künftigen Produktstrategie des Herstellers. Enterprise Planning stammt ursprünglich vom Anbieter Adaytum, den Cognos Ende 2002 in seiner bis dato größten Akquisition für 160 Millionen Dollar übernommen hatte. Die Software soll Cognos vor allem die Tür zu den Finanzabteilungen großer Konzerne öffnen, die sich angesichts steigender Anforderungen bezüglich der Bilanzierung und Messung der Unternehmensleistung zusehends auf dem Markt nach entsprechenden Lösungen umschauen. Zugleich sieht Zambonini das Produkt als Teil eines Corporate-Performance-Managements (CPM). Dahinter verbirgt sich ein in der Wissenschaft schon seit Jahren diskutiertes Konzept, das darauf abzielt, die Steuerung und Weiterentwicklung eines Unternehmens dadurch zu verbessern, dass die gesamte Wertschöpfungskette mit Hilfe von Regelkreisen beobachtet und die dabei gewonnenen Informationen ausgewertet werden, um mehr über die erbrachte Leistung zu erfahren.

Hersteller wie Cognos, Hyperion Solutions oder MIS haben dieses Thema nun aufgegriffen und positionieren ihr bisheriges Portfolio schlichtweg als die technische Basis von CPM, die sich laut Europa-Chef Ad Voogt bei Cognos aus Berichts- und Analysewerkzeugen, Enterprise Planning und Scorecard-Technik aufbaut. "Performance-Management hatte bisher keinen Erfolg, weil es keine strategische Bedeutung für Unternehmen hatte. Dies ändert sich jetzt", argumentiert Stephen Arnold, zuständig für CPM und strategische Allianzen bei Cognos. Der Manager, der zuvor Geschäftsführer des kürzlich von den Kanadiern gekauften CPM-Spezialisten Softa war, kündigte an, dass Cognos zum Jahresende eine Planungslösung auf den Markt bringen werde, die sich speziell mit der Definition und Umsetzung von CPM-Prozessen beschäftige.

Kunden helfen Strategie umsetzen

Außerdem versucht der Anbieter, das CPM-Konzept mit Hilfe von rund 30 ausgewählten Kunden besser im Markt zu vermitteln. Europa-Chef Voogt beeilte sich jedoch, dem Eindruck zu widersprechen, dass alle übrigen der offziell 22000 Cognos-Kunden mit CPM nichts am Hut hätten. Vielmehr seien sie "auf dem Weg zu CPM", da sie ja bereits einzelne Produkte des Herstellers im Einsatz hätten. In diesem Zusammenhang erhofft sich Cognos insbesondere von Reportnet wachsende Umsätze, da viele Anwender in einem integrierten und leistungsfähigen Berichtswesen die Grundlage für eine verbesserte Unternehmenssteuerung sehen. Zambonini erwartet, dass Reportnet, das allein im letzten Quartal 1000 Mal verkauft wurde, einen dreistelligen Millionenbetrag zum Jahresergebnis beisteuern kann.

Mit dem Produkt und dessen Web-basierender Architektur sowie den zahlreichen Funktionen zur Berichtserstellung und -generierung ist Cognos nach Meinung von Marktbeobachtern technisch ein großer Wurf gelungen. Reportnet bildet zugleich den Auftakt für den Umbau des Portfolios, das schon im kommenden Jahr weitere Veränderungen als Teil der Suite "Series 8" erfahren soll. Erst Ende 2001 hatte der Hersteller viele Kunden zu einem Umstieg auf die Suite "Series 7" bewegen können, die eine engere Integration und einheitliche Release-Zyklen für alle Produkte versprach und mehr Ordnung in überlappende Angebote bringen sollte. Nun zeichnet sich ein neuerlicher Umstieg ab. Laut Christopher Dziekan, Vice President Market Development, läuft der Support für Series 7 aber noch bis 2008.

Kunden stehen mit dem Umbau der Cognos-Produkte somit möglicherweise neue Kosten und technische Herausforderungen ins Haus. So bringt Reportnet nicht nur eine zusätzliche Portalsoftware ins Portfolio, sondern soll letztlich das bisherige PC-basierende Berichtswerkzeug "Impromptu" ablösen, das viele Anwender nutzen. Zambonini versicherte aber, dass Impromptu weiterentwickelt werde. Laut Manager Dziekan sei zudem eine Migration auf Reportnet jetzt schon teilweise möglich, indem sich die Metadaten aus Impromptu importieren ließen. Das Layout vorhandener Berichte werde sich in kommenden Versionen von Reportnet weiterverwenden lassen. Hinzu kommt, dass mit Reportnet ein neues Lizenzmodell Einzug hält, das künftig die Benutzerkosten nach derzeit etwa sieben Rollen berechnet (Registrierte Kunden finden nähere Informationen unter http://support.cognos.com/reportnet/index.html.) Marktkennern zufolge beharrt Cognos darauf, dass Reportnet ein neues Produkt sei und daher auch neu in Lizenz genommen werden müsse. Kunden argumentierten, dass ein Upgrade Teil des Wartungsvertrags sein müsse, zumal sie für Impromptu hohe Wartungsgebühren von jährlich 25 Prozent gezahlt haben.

Sind Lizenzpreise verhandelbar?

Auf die Frage, welche Kosten den Kunden entstehen und woher sie wissen sollen, welche Rollen sie benötigen, gab sich das Cognos-Management jedoch zugeknöpft. "Wir haben Erfahrung. Wir wissen, wie man das macht", sagte Zambonini. Wenn Kunden künftig genau dieselben Funktionen in Reportnet nutzten wie bisher in Impromptu, entstünden keine Mehrkosten. Ansonsten werde ein Aufpreis fällig. Insidern zufolge liegen die offiziellen Preise der Rollen zwischen jeweils 200 und 2400 Dollar pro User, wobei es offenbar im Verhandlungsgeschick des Kunden liegen wird, wie der Endpreis aussieht.

Gute Zahlen

Der Business-Intelligence-(BI-) Spezialist hat auch im Ende Februar abgeschlossenen Geschäftsjahr 2004 die wichtigsten Kennzahlen zweistellig gesteigert:

- Der Umsatz wuchs gegenüber dem Vorjahr um 24 Prozent von 551 Millionen auf 683,1 Millionen Dollar.

- Der Nettogewinn stieg um 38 Prozent von 73,1 Millionen auf 101 Millionen Dollar.

- Das Unternehmen konnte die eigenen Vorgaben und die Erwartungen der Analysten übertreffen.

- Eine Verbesserung der Steuerrate für das Fiskaljahr von 25 auf 16 Prozent hat das Jahresnettoergebnis positiv beeinflusst.

- Das Ergebnis des vierten Quartals sank infolge eines Patent-Rechtsstreits um eine einmalige Zahlung, was vor Steuern 1,75 Millionen Dollar ausmachte.

- Cognos besitzt über 388 Millionen Dollar in kurzfristig verfügbaren Mitteln und strebt im Fiskaljahr 2005 weitere Zukäufe (im kleineren Maßstab) an.

- Für das laufende Geschäftsjahr hat die Company einen Umsatz von 770 Millionen Dollar in Aussicht gestellt.

- Der Gewinn soll von 1,10 Dollar pro Aktie im vergangenen Jahr auf etwa 1,18 Dollar pro Aktie steigen, was prozentual nur mehr ein einstelliges Wachstum wäre.

Abb: Geschäfte im Aufwind

Nach einem Gewinneinbruch vor zwei Jahren kann Cognos an seine positive Geschäftsentwicklung wieder anknüpfen. Neue Produkte sollen den Lizenzabsatz weiter ankurbeln. Quelle: CW