Closed Shop

16.01.1981

Bei uns hat sie noch gar nicht angefangen, in Kalifornien, dem Ursprungsland des Mikrocomputers für den persönlichen Gebrauch, ist sie allem Anschein nach schon wieder vorbei: die Blütezeit der Computerläden. "Den nehm' ich" dieser erlösende Satz aus Kundenmund fällt eben allzu selten. Und der Verkauf loser Chips allein läßt die Kassen nicht laut genug klingeln. So haben viele Shops wieder dichtgemacht.

Dabei hatte es vor fünf, sechs Jahren so verheißungsvoll begonnen. Das meist jugendliche Bastlerpublikum sprach auf die Idee an, mit dem Computer zu spielen. Fan-Clubs etablierten sich, spezielle Messen für Amateur-Elektroniker wurden organisiert - der Rubel rollte.

Das machte Appetit. Die Mikrocomputer-Industrie erhöhte die Produktion, immer neue Anbieter traten auf den Plan. Folge: Unter steigendem Wettbewerbsdruck gingen die Preise in den Keller. Noch ließ sich ein Einnahmerückgang durch erhöhten Mengenabsatz kompensieren.

Jetzt zeichnet sich bereits eine Sättigung auf dem Heim- und Hobby-Sektor ab - zumindest werden für das H&H-Marktsegment im Vergleich zu den Bereichen "kommerzielle Datenverarbeitung", "Ausbildung" sowie "Wissenschaft und Technik" die geringsten Wachstumsraten prognostiziert.

Das größte Potential für Mikrocomputer-/Personal Computer-Anbieter stellen Einmannbetriebe und Kleinunternehmen dar, die ein "Werkzeug" zur direkten Datenverarbeitung einsetzen wollen. Nur: Der Freiberufler, der selbständige Kaufmann - sie wurden lange Zeit von der "Personal Computer" -Werbung links liegengelassen. So blieb der Breitenmarkt für "Very-Small-Business-Systems" unerschlossen.

Daß der jungfräuliche Markt für kommerzielle Kleinstcomputer auf Mikroprozessor-Basis erst wachgeküßt werden muß, diese Einsicht ist der Mikrocomputer-Branche erst spät gekommen.

Heute kann kein Mikro-Vertreiber mehr sein Auftragssoll erfüllen, der nicht im "Personal Business Computer" -Geschäft mitmischt. Hier genügt es freilich nicht, Elektronik-Komponenten im Computerladen um die Ecke auszulegen und auf Laufkundschaft zu warten. Der gewöhnliche Nichttechniker und EDV-Laie geht bekanntlich nicht in ein Geschäft, um sich einen Computer zu kaufen.

Er wird durch das Technik-Kauderwelsch der Computerleute abgeschreckt. Hinzu kommt eine Akzeptanzhürde, die aus Vorurteilen aufgebaut ist (Orwell, Watson, Weizenbaum).

Nun kommt keine Spezialistengruppe ohne Symbole, eine eigene Fachsprache und Abkürzungen aus. Doch sollte sich daraus keine "Club-Mentalität" entwickeln, die Elitebewußtsein fördert.

Ob Voodoo-Zauberei in der "großen" Datenverarbeitung ganz vermieden werden kann, steht dahin. In der Kleincomputerei erweist sie sich als Einführungsbremse. Sie trägt erwiesenermaßen dazu bei, daß die Entmystifizierung des Computers in weiten Kreisen der Bevölkerung noch längst nicht abgeschlossen ist, wie immer behauptet wird.

Was die Sache so brisant macht, ist der Umstand, daß kleinere und mittlere Betriebe die ihnen mit der Mikro-Elektronik gebotenen Rationalisierungs-Chancen aus Unkenntnis nicht nutzen - und zwar sowohl im technischen als auch im kaufmännischen Bereich.

Der kleine Betrieb steht heute vor einem Berg von Aufgaben, die nur mit Hilfe des Computers zu lösen sind. Hersteller, Berater, Softwarehäuser und Ausbildungsinstitute dürfen als Insider nicht aus der Verantwortung entlassen werden, durch objektive Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen der EDV das Computerbewußtsein

"draußen" zu stärken.