CIM: Technische Serviceleistung oder Integrationskonzept?

12.06.1987

In den USA hat ein Unternehmensberater die These aufgestellt, daß DV-Leiter der Forderung nach Integration nicht nachkommen, weil sie sich zu sehr in Detailfragen ihres Fachgebietes verzetteln. In stärkerem Maße als bisher beeinflussen Anwender in den Fachabteilungen die Entscheidung für Systeme und Lösungen in der Datenverarbeitung. Aufgrund der in den vergangenen Jahren gewachsenen Kompetenz ist der Anwender für die Erarbeitung eines tragfähigen CIM-Konzeptes ein wichtiger Gesprächspartner geworden, der versucht, eigene Interessen durchzusetzen. Der Einfluß der Fachabteilungen kann jedoch so stark werden, daß Lösungen favorisiert werden, die für das Gesamtkonzept Probleme bringen. Liegt dann das Informationsmanagement ausschließlich in den Händen der Unternehmensleitung, wäre der DV-Leiter im Extremfall nur noch für die Lösung technischer Probleme zuständig. Diese Entwicklung wird forciert, wenn sich der DV-Leiter freiwillig aus dem Informationsmanagement zurückzieht.

Manfred König

Leiter Organisation und Informationsverarbeitung, Pierburg Luftfahrtg. GmbH, Neuss

CIM ist nicht die Anschaffung und Installation von Standardsoftware für jeden Unternehmensbereich; CIM ist auch keine REFA-Schulungsmaßnahme für Fertigungsingenieure. CIM ist meiner Meinung nach eine Strategie, die sehr komplex ist und nur langfristig realisiert werden kann. CIM ist die Idee - und hoffentlich auch der ernstgemeinte Wille einer Unternehmensleitung -, den Informationsstrom innerhalb des Unternehmens als Wettbewerbsvorteil zu nutzen.

Diese Chancen, Software und Rechnerleistung als Wettbewerbsvorteil für das eigene Unternehmen zu sehen, haben viele DV-Leiter noch nicht erkannt. Die rein DV-technischen Probleme werden oft in Diskussionen und Besprechungen vom DV-Leiter so hochgespielt, daß es der Unternehmensleitung schwerfällt, ihre obengenannten Vorstellungen weiter zu realisieren.

Wenn es sich später herausstellen sollte, daß solche Entscheidungen gegenüber dem Mitbewerber zu Nachteilen führen, werden diese auch Konsequenzen für das DV-Management haben. Bei der Realisierung von CIM ist es daher völlig egal, ob vor der Installation eines Materialflußsystems erst ein PPS-System vorhanden sein sollte.

Diese Entscheidungen müssen vielmehr vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation und den speziellen Problemen des Betriebes getroffen werden. Solchen Entscheidungen zuzustimmen, fällt vielen DV-Leitern schwer, weil diese Vorgehensweise nicht in ihren Hard- und Softwareplan paßt.

Zukünftig wird meiner Meinung nach der Trend sein, daß der Informationsmanager eine spezifische Architektur zusammen mit den Anwendern erarbeitet, die natürlich auf DV-technischen Grundlagen basieren muß.

Auf der einen Seite dieser Architektur gehört dazu der Freiraum, spezielle Softwarepakete oder Automatisierungssysteme einzubinden; zum anderen muß die Architektur so beschaffen sein, daß eine unternehmensweite Informationsverarbeitung realisiert wird, damit eben diese als Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann.

Klaus Caprano

Manager Hawera Probst GmbH, Regensburg

Die Stellung von DV-Leitern im Unternehmen ändert sich durch Entwicklungen wie CIM. Wenn sie sich auf die reine Serviceleistung beschränken, besteht durchaus die Gefahr, daß DV-Fachleute sich zu sehr in Details der Datenverarbeitung verzetteln und den Blick für Gesamtzusammenhänge verlieren. Um solche Entwicklungen zu verhindern, ist besonders das Management gefordert. Integration fängt auf oberster Ebene im Unternehmen an.

Organisatorisch ist der DV-Leiter in unserem Unternehmen der Geschäftsführung unterstellt. Wie jeder Mitarbeiter muß er in die Zielsetzung des Unternehmens hineinpassen. Zur Zeit haben wir einen Schwerpunkt bei Maßnahmen im logistischen Bereich. Dabei kann die Unternehmensleitung nicht von Verbesserungen reden, ohne den DV-Leiter mit in die Überlegungen einzubeziehen. Wenn sich der DV-Leiter auf die reine Servicefunktion zurückzieht, dann stimmt etwas nicht mit dem Verständnis der Beteiligten in bezug auf die Integration.

Die einzelnen Fachbereiche und der DV-Leiter müssen sich einig sein. Sicherlich ist es so, daß der DV-Leiter alles das allein zu bestimmen hat, was im weitesten Sinne mit DV-Anlagen zu tun hat. Letztendlich muß die Unternehmensführung dann auch an der Entscheidung beteiligt sein. Und dann ist die Frage, wem im Einzelfall Kompetenz eingeräumt wird. Die Aufgaben des DV-Leiters liegen dann mehr im Bereich der Informationsverarbeitung, darin sehe ich einen Trend für die Zukunft.

Ähnlich wie ein Produktmanager oder Projektmanager hat er anderen Abteilungen gegenüber zwar keine Weisungsbefugnis, aber er hat die Pflicht zur Integration und Kooperation. Das heißt, wenn er bestimmte Ziele oder ein Konzept durchsetzen will, muß er die erst einmal nach innen verkaufen.

Da geht es dem DV-Leiter nicht anders als einem Verkaufsleiter oder der Unternehmensführung selber. Und dazu braucht er Ansprechpartner in den einzelnen Abteilungen. Das sollten dann Leute sein, die ihm nicht per Order zuhören, sondern mit ihm zusammenarbeiten, weil sie von seinem Konzept überzeugt sind.

Manfred Lorenz

Leiter der Datenverarbeitung, Bernhard Krone GmbH, Spelle

Das Problem der Integration ist hauptsächlich ein Schnittstellen-Problem zwischen den technischen und den Fachabteilungen. In mittelständischen Unternehmen muß der DV-Leiter mehr als die reine Serviceleistung erbringen. Die Abläufe in den einzelnen Abteilungen sind nicht so durchorganisiert, daß die Mitarbeiter genau definieren können, welche Leistungen sie von der DV brauchen. In unserem Betrieb haben wir deswegen aus jeder Fachabteilung DV-Koordinatoren bestimmt. Das sind Mitarbeiter, die die Abläufe gut kennen und gleichzeitig wissen, was schon über die DV laufen kann und was noch nicht. So verhindern wir, daß Forderungen kommen, die aus der bestehenden Organisation heraus nicht zu erfüllen wären. Übergeordnet haben wir im Unternehmen einen Lenkungsausschuß, in dem die Geschäftsleitung, Abteilungsleiter und ich als DV-Mann sitzen. Größere Hard- und Software-Entscheidungen werden von diesem Gremium getroffen. Das heißt nicht, daß über jeden einzelnen Bildschirm oder jedes Programm ein eigener Beschluß gefaßt wird. Die grobe Linie für die weitere Vorgehensweise auch einzelner Bereiche steht aber damit fest.

Voraussetzung dafür, wenn man das Konzept der Integration in einem Betrieb durchsetzen will, ist das organisatorische Know-how. Ich kann als DV-Verantwortlicher aber nicht nur die technischen Mittel zur Verfügung stellen. Gerade im Mittelstand ist es eine Hauptaufgabe für den DV-Leiter, Arbeitsabläufe und die gesamte Organisation so zu gestalten, daß sie mittels DV abgewickelt werden können. Es geht nicht nur darum, ein Programm zu schreiben. Jede einzelne Fachabteilung denkt vorerst nur daran, daß die eigenen Probleme gelöst werden müssen. Wenn dann das Gesamtkonzept fordert, daß die einen zum Beispiel ein bißchen mehr eingeben müssen, damit viele andere entlastet werden, ist es schwierig, Einsicht zu schaffen.

Je weiter die Integration fortgeschritten ist, desto mehr müssen die einzelnen Abteilungen Rücksicht aufeinander nehmen. Schwierig ist, daß Fehler, die einzelne Abteilungen oder Personen machen, dann Auswirkungen auf alle Bereiche haben können. Die Transparenz der Arbeitsabläufe, die wir durch die DV haben, ist für manche Mitarbeiter ebenfalls ein Problem, denn die Leute müssen erst einmal lernen, sich in die Karten schauen zu lassen. Aber Sinn der Integration ist nun einmal, daß man jederzeit weiß, an welcher Stelle man im Fertigungsprozeß steht. Nur so lassen sich Fehler schon im Vorfeld vermeiden.

Franz Czap

Leiter der ORD/Datenverarbeitung, Osram GmbH, München

Ein DV-Leiter, der sich auf die reine Serviceleistung zurückzieht, hat in einem Unternehmen keine Chancen für die Zukunft. Meiner Meinung nach neigen vielleicht Leiter von Rechenzentren dazu, sich auf die reine Serviceleistung und technische Machbarkeit bei der Datenverarbeitung zurückzuziehen. Der Einfluß der einzelnen Unternehmensbereiche wird stärker, weil sie heute in Entscheidungen, die die DV betreffen stärker eingebunden sind. Die Aufgaben des DV-Leiters liegen in Zukunft mehr denn je im Bereich des Informationsmanagements. Das heißt, er ist sowohl für die Serviceleistung als auch das Informationsmanagement zuständig.