Überversorgung und Preisverfall - kein Aufschwung vor 1986:

Chip-Hersteller drosseln 64-KB-Produktion

22.11.1985

TOKIO (vwd) - Die japanischen Halbleiter-Hersteller konnten auch im ersten Halbjahr 1985 gegenüber dem Vorjahreszeitraum Zuwachsraten verzeichnen. Die Ausfuhren aber stagnieren, während die Lagerbestände deutlich anschwollen. Mit einem erneuten Aufschwung wird jetzt erst für die zweite Jahreshälfte 1986 gerechnet, berichten die Nachrichten für den Außenhandel, Köln.

Ursächlich für die Nachfrageschwäche ist nach Ansicht der Electronics Industry Association of Japan (EIAJ) eine "gewisse Überversorgung vor allem mit 64-KB-Chips. Diese habe zu einem allgemeinen Preisverfall geführt, so daß eine ganze Reihe von vor allem "neu in den Markt eingetretenen" Herstellern derzeit in diesem Sektor, aber auch bei manchen 256-KB-Halbleitern Verluste hinnehmen müssen. Nach Erhebungen der Vereinigung ist beispielsweise der Preis für 256-KB-RAM-Chips zwischen September 1984 und Ende August 1985 von 4100 Yen pro Chip auf rund 540 Yen gefallen. Es gebe auch Käufer aus den USA, die weniger als 450 Yen bezahlen wollen. Großhändler hätten Mitte September für 256-KB-EPROMs nur noch etwa 950 Yen geboten, gegenüber 3350 Yen im Januar. Nach neuesten Berechnungen der Vereinigung liegt der "Cuteven"-Punkt bei 64 KB DRAM mit Stand vom Ende September bei etwa 200 Yen. Auf dem Markt wurden für solche Chips aber nur noch durchschnittlich 124 Yen geboten.

Die Hersteller von 64-KB-Halbleitern haben sich daher beinahe ausnahmslos zu Produktdrosselungen entschlossen. Statt dessen wollen sie sich in Zukunft mehr auf den 256-KB-Bereich konzentrieren und rüsten so rasch wie möglich um. Marktführer NEC Corp. hatte beschlossen, ab September nur noch fünf Millionen 64-KB-Chips pro Monat (zuvor bis zu zwölf Millionen Stück) zu erzeugen. Tatsächlich wurden dann aber nur etwas mehr als vier Millionen Stück hergestellt. Bis Jahresende sollen es nun lediglich zwei Millionen und bis Ende Januar 1986 ein bis zwei Millionen werden.

Hitachi erzeugte im Juli/August noch sechs bis sieben Millionen 64-KB-Bauelemente; das waren 30 bis 40 Prozent weniger als im August 1984. Im September 1985 wurde die Produktion auf fünf Millionen Stück zurückgefahren. Ebenso verläuft die Entwicklung bei Toshiba Corp., Mitsubishi Electric Corp., Oki Electric Industry und Matsushita Electronics Corp. Gleichzeitig will NEC bis Ende 1985 die Monatsproduktion von 256-KB-Chips auf 12 bis 13 Millionen gegenüber 4 Millionen Stück im August steigern. Matsushita beabsichtigt, noch in diesem Monat ein Halbleiterwerk in Niigata auf die Produktion von monatlich etwa 1,5 Millionen 256-KB-Chips umzustellen.

Trotz der Umrüstungsprojekte will die Halbleiterindustrie in naher Zukunft wesentlich weniger in diesem Bereich investieren, als noch zu Beginn, teilweise noch zur Jahresmitte, geplant wurde. NEC, Hitachi, Toshiba und Fujitsu haben ihre Investitionsvorhaben mehrfach nach unten revidiert. Nach dem Stand von Ende September wollen sie zusammen nur noch 370 Milliarden Yen bis Ende 1985/86 (1. 4. bis 31. 1.) aufwenden, während zunächst noch 490 Milliarden Yen geplant waren.