CeBIT-Orden fuer den tierischen Ernst

03.03.1995

Dieter Eckbauer

Sicher darf auch eine Messegesellschaft Monopoly spielen, aber doch nicht so: Die CeBIT wird ab 1996 um einen Tag verkuerzt - gegen jede wirtschaftliche Vernunft wurde der Messebeginn nach hinten auf den Donnerstag verlegt. Was das fuer Geschaeftsreisende bedeutet, kann sich jeder ausmalen. Die Hannoveraner und diejenigen Aussteller, die dem neuen Terminplan zugestimmt haben, sind womoeglich auch noch stolz darauf. Das heisst aber doch, dass die Messe AG die Sache fuer ausgestanden haelt. Wenn sie sich da nicht taeuscht. Wie die CeBIT-Bosse das Ding geschaukelt haben, ist bislang nicht bekannt. Doch immer mehr Industrievertreter fragen: Was soll das?

Mit unserem "Faschingscartoon" in der letzten Ausgabe lagen wir also gar nicht so falsch. Sich ueber das Gefeilsche um Messetage aufzuregen hiesse freilich die Bedeutung der CeBIT zu ueberschaetzen. Dass sie beispielsweise die "Internationale Gruene Woche" in Berlin nach der Besucherzahl weit hinter sich gelassen hat, mag fuer einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde eine Empfehlung sein, neutrale Beobachter werden sich einen tierischen Vergleich nicht verkneifen koennen: Vielen Berliner Goeren bietet die "Gruene Woche" ein Live-Erlebnis. Wo sonst koennen sie in einer Grossstadt noch Kuehe, Schweine und Schafe sehen? Auf der Importmesse CeBIT sind eben auswaertige PCs mit allem Drum und Dran (CD-ROM, Sound- und Videokarten, Faxanschluss etc.) zu besichtigen.

Stimmte das Bild, wuerde das den Erfolg der CeBIT in ihrer heutigen Form erklaeren: mehr PC-Multimedia-Messe fuer Consumer als IT- Fachveranstaltung, fuer die sie sich einmal ausgab. Die Messestrategen muessen wohl von dieser Ausrichtung ausgehen. Bestaerkt werden sie von auslaendischen PC-Herstellern und Produzenten aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik, denen die CeBIT mit ihrem bunten Multimedia-Mix als ideale Plattform fuer schnelle Soho-Geschaefte (Small office, home office) erscheint.

Traeumen ist erlaubt. Ein bisschen Vision moecht 38;acute; schon sein. Aber es ist nicht bekannt, dass PC-Messen in den USA annaehernd 700000 Besucher auf die Beine bringen. Die Messe-Manager wissen ganz genau, dass eine separate, zeitlich getrennte Consumer-CeBIT am Standort Hannover bei den Ausstellern momentan nicht durchzusetzen ist. An einer Regionalschau kann ihnen nicht gelegen sein. Nein, Hannover braucht die Unterstuetzung derjenigen Anbieter, die die CeBIT grossgemacht haben, die jedoch in der Frage "Fach- und/oder Consumer-Messe" gespalten sind. Das trifft auf Branchengroessen wie IBM, SNI, Digital, HP oder AT 38;T GIS zu - um nur einige zu nennen -, aber auch auf die meisten Softwareproduzenten.

Dass eine schamlose Vermarktung von Messeflaechen wie in Hannover ueberhaupt moeglich ist, muss nachdenklich stimmen. Die Forderung liegt auf dem Tisch: Konsolidierung der CeBIT als Fachveranstaltung fuer Professionals. Damit wird auch die Messedauer wieder ein Thema. Die fuer 1996 verabschiedete Zwischenloesung befriedigt niemanden, am wenigsten die Fachbesucher. Aber die werden ja nicht gefragt.