Messe AG befürchtet keine Kettenreaktion

CeBIT-Frust: Für Novell wird Messeziel verfehlt

13.11.1992

MÜNCHEN (pg) - Die Novell GmbH streicht die CeBIT aus ihrem Messeplan. Knapp fünf Monate vor Beginn der Mega-Show in Hannover zog der Marktführer in Sachen Netzwerk-Betriebssysteme seine Meldung bei der Deutschen Messe AG zurück. Begründung: Die CeBIT sei nur noch eine kostspielige Corporate Image Show, bei der nicht mehr effizient mit der Zielgruppe kommuniziert werden könne.

"Die CeBIT deckt sich nicht mehr mit den von uns gesteckten Messezielen", begründet Jürgen Müller, Marketing Communications Manager bei Novell Deutschland, den Beschluß der Zentrale in Düsseldorf, der Ausstellung in Hannover künftig fernzubleiben.

Die Erfahrung habe gezeigt, so Müller, daß der Anwender auf Fachausstellungen mit begleitenden Kongressen wesentlich dedizierter und effektiver anzusprechen sei. Die diffuse Masse der CeBIT-Besucher mache es Novell unmöglich, dem interessierten und möglicherweise in einem Entscheidungsprozeß stehenden Kunden ausreichend gerecht zu werden. "Der wird auf der CeBIT doch nur frustriert", sagte der Novell-Manager gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Überrascht von diesem Argument, Novells zeigte sich Hubert

Lange, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG und Geschäftsführer des Bereiches CeBIT.

Die Kritik von Novell an der Besucherstruktur der CeBIT sei für die Messe AG neu und decke sich nicht mit den Aussagen der anderen Netzaussteller, meinte Lange. Der Grad der Zufriedenheit seiner Klientel, so der Vorstand, liege bei weit über 90 Prozent.

"Wir möchten Novell wieder zurückgewinnen", artikuliert Lange denn auch offen seine Absicht, das abtrünnige Unternehmen wieder in die Reihen der CeBIT-Aussteller zurückzuholen. "Wenn ein Marktführer wie Novell abspringt, ist das für die Messe AG bedauerlich", macht der Geschäftsführer aus dem Prestigeverlust für den Messeveranstalter kein Hehl. Solche Fälle habe es in der Vergangenheit, so Lange, schon öfter gegeben, wobei die meisten Hersteller wieder zur CeBIT zurückgekehrt seien. Sonderkonditionen würden für Novell keinesfalls eingeräumt.

Der Entschluß der Düsseldorfer scheint zunächst jedoch unumstößlich, zumal die Novell-Verantwortlichen in den geänderten Innovationszyklen der Branche ein weiteres Argument gegen die CeBIT sehen. Die Produktentwicklung ist, so Müller, heute nicht mehr auf ein Großereignis wie die CeBIT zugeschnitten.

Novells Ausstieg könnte eine Signalwirkung haben

Permanente Innovation erfordere permanente Information, die am besten durch kleinere auf das Jahr verteilte Veranstaltungen gewährleistet würde. 1993 Jahr werde sich Novell in Deutschland deshalb auf die Networld, die GUUG, die Exponet sowie die Systems konzentrieren, wo nach Ansicht Müllers mehr Fach- als Massenpublikum verkehrt.

"Es muß endlich einmal einer den Mut haben, aus der CeBIT auszusteigen", spekuliert Müller auf eine mögliche Signalwirkung, die der Rückzug Novells haben könnte. Zahlreiche Aussteller, so der Marketing-Experte, hätten ein ungutes Gefühl, für eine reine Corporate Image Show soviel Geld auszugeben, würden sich aber nicht trauen, die CeBIT zu streichen. Immerhin kostete Novell das Engagement auf der diesjährigen CeBIT mehr als eine Million Mark - eine Summe, die nur wegen des Images aus Sicht Novells nicht mehr gerechtfertigt ist.

Befürchtungen, die Aktion Novells könnte in einer Kettenreaktion den Ausstieg anderer Aussteller nach sich ziehen, hegt die Messe AG nicht. "Die CeBIT gilt bei den Herstellern als unbestrittene und wichtigste Veranstaltung des Jahres", gibt sich Geschäftsführer Lange selbstbewußt. Die kommende CeBIT sei längst ausgebucht, die Warteliste weiterhin voll, und selbst die Erwartung, einige große Hersteller würden an der Standfläche sparen, hätte sich bei den Buchungen nicht bestätigt.

Für Novell kommt eine kleinerer Stand jedenfalls nicht Frage: "Es lohnt sich nicht, ein Frittenbude aufzumachen. Dem interessierten Anwender ist damit auch nicht gedient", unterstreicht Müller das klare Nein Novells zur CeBIT.