CeBIT- Absage: Mutige Entscheidung von Tl

04.10.1985

"Zur Information (und Erbauung, Anmerkung des Kolumnisten) der Redakteure aus dem Bereich EDV/Mikrocomputer" konnte Texas Instruments jetzt einige ketzerische Gedanken über Ausstellungsstrategien im allgemeinen und die CeBIT-Messe im besonderen loswerden. O-Ton TI-Presse-Release: "Der Geschäftsbereich Datensysteme von Texas Instruments zieht sich aus dem Bereich der >>Messen für die Masse", der horizontalen Messen zurück, um die so freiwerdenden Mittel zielgruppenspezifischer einzusetzen. "Das bedeutet: Die TI-Daten-technik wird ab 1986 nicht mehr auf der CeBIT in Hannover vertreten sein (siehe Seite 1).

Eine mutige Entscheidung: Wenn die Verantwortlichen der Hannover-Messe AG mit Aussteller-Absagen nach Bekanntgabe der Teilung rechneten, so doch nicht mit Absagen aus dem CeBIT-Bereich. Eine einsame Entscheidung auch, denn noch sind die CeBIT-Reihen fest geschlossen.

Es ist die geradezu kindliche Angst der DV-Hersteller vor der Marketingknute "Bekanntheitsgrad", der sie so großen Wert auf die Institution "Messe der Messen" legen läßt. "Sehen und (von der Konkurrenz) gesehen werden" heißt das Motto, das die Branche alljährlich in Hannover zusammenführt. Der Anwender scheint in den messestrategischen Überlegungen der Computer-Anbieter nicht mehr vorzukommen - wie wäre es sonst zu erklären, daß "alle, alle" ausstellen wollen, wenn CeBIT im März 1986 erstmals als Solo-Nummer vorgeführt wird.

Die Besucherstatistik gibt nämlich nichts her für Planspielereien - die Voraussetzungen haben sich bekanntlich geändert. Gut, Fachredakteure sind keine Propheten. Die Rechnung der Hannoveraner - mehr Fläche, mehr Besucher - könnte aufgehen. Wir halten es, wie an dieser Stelle bereits mehrfach ausgeführt, für nicht wahrscheinlich. Das kann, nochmal betont, als völlig unmaßgebliche Meinung gewertet werden, sogar als "subjektiv und unsachlich" (siehe nebenstehenden Leserbrief von Heinrich Stehmann). Eine Frage muß gleichwohl erlaubt sein: Wie wollen die Messe-Manager garantieren, daß die CeBIT-Aussteller im kommenden Frühjahr, was Anwenderkontakte betrifft, auf ihre Kosten kommen?

Eine rein rhetorische Frage: Sie können selbstverständlich nicht. Auch Messestrategen sind keine Propheten. Tatsache ist jedoch, daß die Hermes-Herren keine Mühe hatten, ihr vergrößertes Haus vollzubekommen. Berechtigter Einwand: Die Aussteller müssen das neue Konzept stützen, weil sie einen CeBIT-Flop nicht wollen können. Nur werden wenige wirtschaftlich rechtfertigen können, daß sie sich erneut auf vier Jahre festlegen müssen.

Es befremdet, daß die Hannover-Messe-AG den mittleren und kleineren Ausstellern praktisch keine andere Wahl läßt, als sich langfristig an CeBIT zu binden, obwohl es nur geschätzte Besucherdaten für die Entscheidungsfindung gibt. Daß sich die Messe-AG der Unterstützung durch die marktbeherrschenden DV-Hersteller sicher sein kann, die um jeden Quadratmeter Standfläche fighten, heiligt die Mittel nicht (siehe Vierjahresverträge).

Das hätten die Veranstalter gern: daß nicht nach draußen dringt, was einige Aussteller gegen das neue Messekonzept vorbringen. Texas Instruments hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Soviel ist sicher: Die TI-Manager wissen, wieviel sie sparen.