Capisce soll Informationsluecke schliessen Prozessfertiger mit R/3-Basis erhalten integrierte DV-Loesung

17.06.1994

FRANKFURT/M. (ue) - Mit "Capisce" hat ein Anbieterkonsortium auf der Frankfurter Achema erstmals den Entwicklungsstand eines neuen Prozessplanungs- und Steuerungssystems vorgestellt. Ziel des von der EU zu 50 Prozent gefoerderten Projekts ist es, die betriebswirtschaftliche R/3-Ebene sowie die Produktions- und Prozessleitebenen datendurchgaengiger zu gestalten.

Das Projekt, an dem SAP, DEC, IDS Prof. Scheer und das Institut fuer Wirtschaftsinformatik (IWI) der Universitaet des Saarlandes beteiligt sind, wurde im April 1992 gestartet und auf insgesamt drei Jahre angesetzt. Zielmarkt sind die Industriezweige Chemie, Pharmazie sowie Lebens- und Genussmittel, bei denen ueberwiegend diskontinuierlich gefertigt wird.

Mit Capisce soll in diesen Branchen eine integrierte Planung und Automatisierung aller Produktions-, Entsorgungs- und Transportablaeufe angestrebt werden, sowohl innerhalb eines Werks als auch im Werksverbund entlang einer logistischen Fertigungskette. Capisce steht fuer "Computer Architecture for Production Information Systems in a Competitive Environment".

In der Gesamtkonzeption sieht die Architektur sowohl eine vertikale als auch eine horizontale Integration auf Basis einer Client-Server-Plattform vor. SAP und IDS entwickelten dazu softwareseitig das "Strategic Production Information Environment" (Spine). Spine ist der Arbeitstitel fuer ein auf die Batch- Fertigung ausgerichtetes Prozessplanungssystem und soll unter der Bezeichnung "PP-PI" als funktionale Erweiterung an das PPS-Modul von SAP (R/3-PP) angehaengt werden. Zum Funktionsumfang gehoert die Ressourcen- und Rezeptverwaltung, ein Batch-Management sowie die Prozessdokumentation und -auswertung. PP-PI enthaelt ausserdem Schnittstellen, mit denen sich eine Verbindung zu Prozessleitsystemen und Laborinformationssystemen herstellen laesst. An dieser Schnittstelle greift der Capisce-Beitrag von Digital Equipment: Das "Process Data Acquisition System" (PDAS) soll die transaktionsorientierte SAP-Welt mit den echtzeitorientierten Prozessleit- und -steuerebenen verbinden. Bereitgestellt werden damit auch Betriebsleitfunktionen wie Prozessvisualisierung, Trendanalyse, statistische Prozesskontrolle, Dokumentation und Archivierung. Es werden Steuerrezepturen in Anlehnung an die entsprechenden Normen verarbeitet, verdichtete Informationen, zum Beispiel ueber Verbraeuche, werden an das R/3-System uebergeben.

Toolset zur schnellen Einfuehrung beim Kunden

Um die Capisce-Software schneller beim Kunden einfuehren zu koennen, bedient sich das Konsortium des Aris-Toolsets von IDS und des R/3- Analyzers von SAP. Aris (Architektur integrierter Informationssysteme) stellt letztlich eine Datenbank dar, die zwischen bereits vorhandenen und benoetigten Modellen vermittelt. Der R/3-Analyzer soll den Anwender bei der Auswahl der benoetigten R/3-Funktionalitaet unterstuetzen. Auf diese Weise will man eine schnellere Anpassung der Standardsoftware an betriebliche Belange erreichen.

Das Saarbruecker IWI ist fuer die Methodenberatung bei der Einfuehrung von Capisce zustaendig. Dazu gehoeren die Bereiche Modellierung, Prozessplanung und -dokumentation sowie Auswertung. Bei der Implementierung von PP-PI beziehungsweise PDAS ist sowohl der Top-down- als auch der Bottom-up-Ansatz vorgesehen. Das heisst, man kann entweder zunaechst die R/3-Applikationen installieren und dann die Produktion einbeziehen oder umgekehrt.

Als ersten Pilotanwender stellten die Capisce-Partner in Frankfurt das britische Chemie- und Pharmazieunternehmen Zeneca vor. Um die verschiedenen Zeneca-Betriebe in Capisce abzubilden, wurde ein Anforderungsprofil erstellt. Es umfasst Synthese- und Formulierungsprobleme, Einstrang- und Mehrstranganlagen sowie Ein- und Mehrproduktprozesse. Einige Betriebe sind weitgehend automatisiert, andere werden ueberwiegend im Handbetrieb gefahren. Alle stehen in einer Zuliefer- und Abnehmerbeziehung zueinander, so dass auch die zwischenbetriebliche Abstimmung in die Planung einbezogen werden musste. Eine erste Version von Capisce ist derzeit in den Zeneca-Werken Grangemouth bei Edinburgh und Huddersfield in West Yorkshire im Einsatz.

Bis April naechsten Jahres, wenn das Capisce-Projekt auslaeuft, will SAP zwoelf Installationen fuer Spine/PP-PI vorweisen koennen. Das Modul soll im zweiten Quartal 1995 Bestandteil des dann erwarteten R/3-Upgrades 3.0 werden.