Kolumne

Caldera steht im Minenfeld

11.08.2000
Ludger Schmitz, Leitender Redakteur CW

SCO, die Erfinderin der ersten PC-Version von Unix, hat sich von ihren Betriebssystemen getrennt. Die einst von Bill Gates geförderte Firma, von deren Aktien Microsoft übrigens immer noch 11,9 Prozent besitzt, war zu schmächtig, der Konkurrenz von Microsoft auf der einen Seite und der von Linux auf der anderen zu widerstehen. Am Ende tröpfelten die Einnahmen so spärlich, dass die unverzichtbare Weiterentwicklung der Systeme nicht zu bezahlen war. SCO musste verkaufen.

Gegenüber einem drohenden völligen Stillstand ist es für die Anwender ebenso wie für die Software- und Vertriebspartner von SCO immer noch besser, es nun mit Caldera zu tun zu haben. Die junge und ehrgeizige Linux-Firma verheißt frischen Wind. Mehr als ein Versprechen, das Hoffnungen macht, ist das allerdings nicht. Caldera steht nach Ansicht eigener Manager seit der SCO-Teilübernahme in einem "Minenfeld" - und die bisherigen Erklärungen lassen nicht erkennen, dass die neuen Bosse einen Ausweg gefunden hätten.

Nicht nur, wie Caldera mit vier Betriebssystemen weiterkommen will, ist unklar. Erstmals hat eine Open-Source-Firma proprietäre Systeme gekauft. An deren interessantesten Teilen haben unter anderem AT&T, Novell, Tandem, Compaq und SCO Urheberrechte. Welche genau, weiß nach eigenem Eingeständnis nicht einmal Caldera. Deshalb ist eine Zusammenführung und gleichzeitige Offenlegung des Quellcodes allenfalls schrittweise zu erwarten. Eine Roadmap auf diesem Weg ist nicht einmal in groben Skizzen zu erhalten. Dabei ist dies eine der wichtigsten Aufgaben. Die Linux-Firma Caldera verliert ihre Glaubwürdigkeit und Entwicklergemeinschaft, wenn sie die Open-Source-Orientierung verlässt.

Die nächste entscheidende Frage ist, ob die großen Softwarepartner von SCO nun auch mit Caldera an einem Strang ziehen werden. Ohne positive Signale von Oracle, Informix, der Software AG etc. kann Caldera sich nicht sicher sein, das riesige weltweite Händler-, Entwickler- und Supportnetz von SCO für sich nutzen zu können. Üblicherweise präsentiert man bei Übernahmen die Zustimmung strategisch wichtiger Partner. Hier Fehlanzeige. Auch IBM, Partner beim perspektivisch wichtigsten Projekt, dem 64-Bit-Unix "Monterey", hält sich bedeckt. Etwas mehr "good news" wären schon recht.