Portale/Trend zur Vertikalisierung von Portalen

Business-to-Business-Portale können Browser zum Laptop machen

25.02.2000
Portale bieten derzeit vor allem Informationen aller Art. Personalisiert, interessenspezifisch und an Branchenthemen orientiert, sind sie eines der zentralen Themen auf der CeBIT. Wolfgang Steinert* und Frank Westermann* untersuchen, wie sich durch Verschmelzung von Informationen mit Applikationen und Arbeitsabläufen in B-to-B-Portalen darüber hinaus neue Produktivitätsreserven erschließen lassen.

Der weitere Erfolg des Internet ist ohne immer bessere, einfachere Zugriffsmöglichkeiten auf die gespeicherte Informationsflut undenkbar. Angefangen bei Web-Browsern über Suchmaschinen wie Altavista haben sich Portale wie Yahoo.com und Lycos.com als Einsprungspunkte ins Web durchgesetzt.

Portale wurden mit dem Gedanken geboren "One-Stop-Shopping" für alle Inhalte des Internet zu bieten. Der Benutzer sollte möglichst leicht und schnell schon an der "virtuellen Eingangstür" alle benötigten Informationen erhalten.

Mit dem exponentiellen Wachstum der verfügbaren Information ist aber auch die Komplexität dieser so genannten horizontalen Portale immer weiter gewachsen. Am vorläufigen Ende der Entwicklung stehen Meta-Suchmaschinen wie Metacrawler.com, die eine Vielzahl von Suchmaschinen auswerten und die Ergebnisse aggregiert darstellen. Der aktuelle Trend zur Bändigung der Informationsflut ist jedoch die "Vertikalisierung" von Portalanwendungen. Diese Entwicklung geht in drei Richtungen.

- Personalisierung: Horizontale Portale wie Lycos wurden weiterentwickelt und geben dem Benutzer die Möglichkeit, seine Oberfläche selbst zu gestalten und so nur die Informationen zu selektieren, die für ihn persönlich von Nutzen sind ("My Lycos").

-Interessenspezialisierung: Interessenspezifische Portale wie Pointcast.com und Entrypoint.com sind Beispiele für Portale, die sich ausschließlich mit Finanz- und Wirtschaftsinformationen befassen.

-Branchenorientierung: Portale wie Verticalnet.com bezeichnen sich als führende Anbieter von "Vertical Trade Communities" und bieten branchenorientierte Spezialportale mit Nachrichten, Produktinformationen, Jobbörsen bis hin zu elektronischen Handelsplätzen für die jeweils fokussierten Industriezweige.

Die branchenorientierten Portale sind der erste Hinweis auf eine Entwicklung, die man in der Internet-Welt regelmäßig beobachtet: Mit einer leichten Zeitverzögerung werden neue Entwicklungen für den Konsumentenmarkt an die Erfordernisse der Industrie angepasst und schaffen so oft entscheidende Produktivitätssteigerungen für die Wirtschaft. Ein solches Beispiel der "Industrialisierung" von Internet-Anwendungen ist die Adaption der E-Commerce-Prozesse (Business to Consumer) hin zur Prozessabwicklung zwischen Unternehmen als E-Business-Applikation (Business to Business).

Wenn wir den Portal-Gedanken jetzt in der gleichen Weise konsequent vom Internet auf das Intranet übertragen, heißt das, dass in Zukunft alle Mitarbeiter eines Unternehmens über ein Enterprise-Information-Portal von jedem Ort der Welt über ihr Unternehmensnetz auf alle benötigten Informationen zugreifen können. Schon jetzt haben US-Startups wie Glyphica.com , 2bridge. com oder Knowledgetrack.com Produkte entwickelt, die alle unternehmensrelevanten Informationen unabhängig von ihrem Speicherplatz unter einer einheitlichen Oberfläche zusammenfassen und den Mitarbeitern so weltweit den Zugriff auf Informationen und Abläufe zur Erledigung ihrer täglichen Arbeit geben. Diese Produkte standardisieren Intranet-Eigenentwicklungen, die allen Mitarbeitern Zugriff auf Services, Referenzkunden-Informationen und Veranstaltungen bieten.

B-to-B-Portale integrieren nicht nur Informationen aus den verschiedenen internen (Intranet) und externen (Internet) Quellen, sondern ermöglichen auch den Zugriff auf den persönlichen und/oder den Corporate-Kalender.

Weiterhin sind ein elektronisches Adressbuch und E-Mail-Funktionalität integriert. Und die Einbindung von "echten" Internet-Applikationen wie Suns "Starportal" macht schließlich aus dem Portal einen Desktop in einem Büro, das quasi nur noch einen Telefonanruf weit entfernt liegt.

Wie sieht es mit der Realisierbarkeit solcher Services aus? Diverse E-Mail-Service-Provider wie GMX oder Critical Path stellen einen weltweiten Zugriff auf die elektronische Post im Web schon heute sicher. Ähnliche, aber interne Messaging-Infrastrukturen können beispielsweise auf "Lotus Notes Domino" und "Microsoft Exchange" basieren und Hunderttausende von Mitarbeitern an Hunderten von Standorten in Sachen E-Mail und Fax unterstützen. Kalenderfunktionen und ein weltweites Adressbuch bieten ebenfalls derartige Kommunikationsplattformen.

Auch Sun hat mit Starportal im vergangenen Jahr eine Entwicklung hin zu unternehmensweit verfügbaren Office-Applikationen auf den Weg gebracht. Im Gegensatz zum frei verfügbaren "Staroffice" handelt es sich dabei nicht um eine PC-Applikation, die im Web als kostenloser Download zur Verfügung steht. Vielmehr ist Starportal eine Online-Anwendung, die - betrieben von einem Application-Service-Provider (ASP) - die gängigen Office-Applikationen im Intra- oder Internet bereitstellt. Unternehmen sparen so die Aufwendungen für Lizenzkauf, Installation, Wartung und Sicherung - Starportal wird einfach "gemietet". So können die Mitarbeiter via Web-Browser und bald auch via WAP-Handy oder PDA auf Bürosoftware für Textverarbeitung, Grafikpräsentationen, Tabellenkalkulation etc. zugreifen. Dabei könnten sie dann auch stets die neueste Version nutzen.

Nach Ablauf einer ersten Probephase startet im Frühjahr auch in Deutschland mit ausgesuchten Testkunden ein derartiges Pilotprojekt. Dabei soll dann auf Basis des von Debis für globale Kunden wie Bahlsen, Schöller, ZF Friedrichshafen oder Babcock-Borsig betriebenen Intranets die oben beschriebene Messaging-Plattform mit den Office-Anwendungen zu einem B-to-B-Portal verschmolzen werden. Damit dürfte es sich dann um ein so genanntes integriertes Unternehmensportal handeln, das neben Messaging auch Office-Applikationen für alle angeschlossenen Anwender rund um die Welt sicherstellt.

Mit einem B-to-B-Portal sind Unternehmen in der Lage, ihren Mitarbeiten einen strukturierten, einfachen Zugriff auf weit verstreute Informationen und Werkzeuge zu bieten. Das zeitaufwändige Suchen nach Informationen, die an verschiedenen Stellen der Unternehmens-DV gelagert sind, entfällt. Das Portal stellt den einheitlichen, sicheren Zugriff auf diese Informationen unabhängig vom physikalischen Speicherplatz her.

Darüber hinaus lassen sich Abläufe im Unternehmen zentral steuern und optimieren. Wenn das Portal zum Desktop wird, haben Unternehmen eine direkte Verbindung zum Arbeitsplatz ihrer Mitarbeiter - unabhängig davon, wo dieser Mitarbeiter sich gerade befindet. Dieser Zugang ist die Voraussetzung für die Optimierung und Steuerung von Arbeitsabläufen.

Ein weiterer Vorteil: Mobile Anwender können rund um die Uhr auf alle wichtigen Applikationen und Daten im Netzwerk zugreifen. Das Internet ist in der Regel schon heute so ausgelegt, dass es den sicheren Zugriff auf die Inhalte des Unternehmensnetzes erlaubt. Dieser Zugang wird jetzt um wichtige Applikationen wie Mail- und Office-Anwendungen bereichert.

Das Internet nach Contents durchforsten

Auch der Internet-Content kann nach den Bedürfnissen des Unternehmens aufbereitet und verteilt werden. Heute beschäftigt sich eine Vielzahl von IT-Spezialisten damit, das Internet nach Contents zu durchforsten, und verteilt anschließend die URLs per Mail oder Intranet. B-to-B-Portal erweitern diesen Dienst um die Möglichkeit, diese Links an zentraler Stelle - zum Beispiel auf der Portal-Startseite - tagesaktuell allen Mitarbeitern zugänglich zu machen.

Mit einem B-to-B-Portal müssen Unternehmen sich nicht mehr um zeit- und kostenintensive Aufgaben wie den Kauf, die Wartung und den Backup von Computersystemen und die Systemadministration kümmern. Hier können sie auf Dienstleister zurückgreifen. Das ist insbesondere für kleine Unternehmensstandorte interessant, die sich darüber hinaus womöglich noch in Ländern mit nur rudimentär ausgebauter Infrastruktur befinden. Statt sicherstellen zu müssen, dass selbst in den entferntesten Kleinfilialen die jeweils aktuelle Softwareversion von Mail oder Textverarbeitung installiert wurde, reicht hier ein Update des B-to-B-Portals über Nacht.

Schon heute zeichnet sich speziell für E-Mail ein deutlicher Trend hin zum Auslagern ab. Nach Prognosen des Marktforschungsunternehmens Gartner Group werden bis 2001 gut die Hälfte aller US-Unternehmen ihre E-Mail-Systeme ganz oder teilweise von Dienstleistern betreiben lassen. Beim Corporate Network sorgt der rasante technologische Fortschritt schon seit längerem für diesen Trend. Dabei muss der Betreiber der B-to-B-Portale neben Kompetenzen im Netzwerk- und Security-Bereich über Applikations- und Internet-Know-how verfügen. Ein Web-Hosting-Center mit einem breitbrandigen Zugang zum Internet versteht sich für den Betrieb einer Web-basierten Lösung von selbst.

Nach der jetzt anstehenden Pilotphase für die neue Technologie werden schon bald die nächsten Entwicklungen den Wert von B-to-B-Portalen erhöhen.

Und wie geht es weiter? Rollenbasierte Portale werden ganze Arbeitsabläufe in Unternehmen automatisieren. Dies erfordert die enge Integration von Anwendungen wie ERP und neben Lese- auch Schreibzugriffe auf Unternehmensinformationen.

Darüber hinaus werden B-to-B-Portale in Richtung Extranet geöffnet, sodass beispielsweise auch Zulieferer über dieses Portal direkt mit dem Unternehmen auf Applikationsebene kommunizieren können. Hierdurch werden die heute schon bestehenden Business-to-Business-Anwendungen eine weitere Integrationstiefe erreichen.

Angeklickt

Die reine Distribution von statischen Informationen über Portale schöpft in einem unternehmensinternen Netz nur einen kleinen Teil der Produktivitätsreserven aus, die ein B-to-B-Portal aktivieren kann. Erst die Verschmelzung von Informationen mit Applikationen und Arbeitsabläufen schafft in diesem Bereich einen wirklichen "Killer-Service".

*Wolfgang Steinert ist Leiter Debis Systemhaus Telecommunications Services und Frank Westermann Leiter Marketing ebenfalls des Debis Systemhaus Telecommunications Services in Stuttgart.

Abb.: One Stop Shopping

In business-to-business-Portalen können Informationen aus internen, externen und persönlichen Quellen integriert werden. Quelle: Debis