Instabiler Browser von Netscape macht Europe Online Probleme

Burda begleitet Start neuer Internet-Dienste mit Skepsis

02.02.1996

Die Euphorie in Sachen Online-Diensten ist beim Burda-Verlag einer eher nuechternen Einschaetzung gewichen. "Printmedien sind und bleiben unser Stammgeschaeft", sagte Gerd Bolls, Geschaeftsfuehrer der Burda Holding anlaesslich der Vorstellung von vier neuen Internet-Diensten. Danach flossen im abgelaufenen Geschaeftsjahr nur zehn Prozent der Investitionen (30 Millionen Mark) in den Bereich "New Media". "Elektronische Medien werden auch in Zukunft nur eine Ergaenzung unserer Printaktivitaeten darstellen", erlaeuterte Bolls die Strategie des Muenchner Medienunternehmens.

"Bitterer Schlag" durch die neuen Telekom-Tarife

Entsprechend zurueckhaltend hoerten sich denn auch die Prognosen zur weiteren Entwicklung des Geschaeftes mit TV, CD-ROMs und Online- Diensten an. Man erwarte hier in zwei Jahren einen Anteil am Gesamtumsatz von rund zehn Prozent, erklaerte Bolls. Wie hoch dabei der Anteil eigener Online-Dienste und von Europa Online (Burda Medien ist dort mit seinem 25-Prozent-Anteil Mehrheitsgesellschafter) kalkuliert ist, wollte der Burda-Manager nicht beziffern. Bolls sprach hier von zahlreichen Unwaegbarkeiten und nannte als Beispiel den "bitteren Schlag" der neuen Telekom- Tarife.

Trotzdem sollen die neuen Internet-Dienste "Focus Online" (Nachrichten, Service und Entertainment), "Uni Online" (Informationen fuer Studenten), "TraXXX" (Reise und Freizeit) sowie der sich an Mediziner wendende "Health Online Service" (Start Ende Februar) schon in zwei Jahren schwarze Zahlen schreiben - eine Prognose uebrigens, die Bolls fuer das sich primaer aus Abo-Gebuehren finanzierende Europe Online explizit nicht gelten lassen wollte. Dort nehmen zwar die "Hits", also die registrierten Zugriffe, staendig zu, gleiches scheint aber auch fuer die Anlaufschwierigkeiten zu gelten.

Nachdem leere Angebotsseiten und lange Ladezeiten beim Start das Image stark ramponierten, droht nun weiteres Ungemach. Erst kurz vor Betriebsaufnahme hatte man sich fuer eine Internet-basierte Browser-Software entschieden. Im Zuge einer Kooperation mit Netscape fiel die Wahl auf die Betaversion des "Navigator 2.0", mit der sich nun das Angebot von Europe Online abrufen laesst.

Eben diese Netscape-Software sorgt nun aber fuer weiteren Unmut unter der Kundschaft. Anwendungen und Dienste wie E-Mail, Diskussionsforen oder Informations-Services lassen sich nicht nutzen. Die Betaversion des Navigator 2.0 laeuft derzeit nicht stabil, bestaetigte denn auch Amacon Kolampar, Projekt-Manager in der Luxemburger Europe-Online-Zentrale. Als das Unternehmen sich fuer den Navigator 2.0 entschied, habe man nicht erwartet, dass die Software so lange unsicher laufen werde.

Europe-Online-Chefredakteur Michael Konitzer dementierte indes saemtliche Probleme mit dem Netscape-Browser: "Die betroffenen Dienste sind noch nicht fertig. Schwierigkeiten haben nichts mit dem Browser zu tun." Der E-Mail-Dienst sei bereits in Betrieb, andere Kommunikationsservices wie Chat-Gruppen und Foren werden eingerichtet. Zudem erwarte man noch fuer Ende Januar die Auslieferung der endgueltigen Version 2.0 des Browsers.